Presse-Infos zum >1. Mai 2001<

 

 

 

 

Augsburger Allgemeine Politik 1.5.2001 22:15

Krawalle von Linksdemonstranten in Frankfurt

Frankfurt/Main/Berlin (dpa) - In mehreren deutschen Städten haben heute Aufmärsche von Rechtsextremisten und Gegendemonstrationen begonnen.

 

In Frankfurt am Main kam es am Mittag zu Krawallen. Linke und rechte Demonstranten lieferten sich Schlägereien. Die Polizei ging kurzzeitig mit Schlagstöcken gegen linke Demonstranten vor, die Absperrungen durchbrechen wollten. Einige Straßen und U-Bahnen-Linien waren vorübergehend blockiert.

Etwa 100 Personen wurden nach Polizeiangaben in Gewahrsam genommen. Nach Schätzungen der Polizei marschierten in Frankfurt etwa 800 Rechtsextremisten. Zugleich waren 2000 Gegendemonstranten auf den Straßen. 

In Berlin begann die NPD einen Aufmarsch mit etwa 1000 Teilnehmern. Ein starkes Polizeiaufgebot begleitete den Umzug. 

Etwa 9000 Polizisten sollen in der Bundeshauptstadt befürchtete Gewalttätigkeiten von Linksradikalen verhindern. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe erlaubte am Vormittag mit zwei Eil-Entscheidungen NPD-Demonstrationen in Augsburg und Essen am selben Tag.

 Etwa 3000 Menschen folgten in Mannheim einem Aufruf der Gewerkschaften und protestierten gegen eine angekündigte Neonazi- Demonstration in der Stadt. In Dresden brachen am Mittag etwa 750 NPD-Anhänger zu einer Demonstration auf.

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Augsburger Allgemeine Politik 1.5.2001 22:15

Krawalle bei NPD-Aufmärschen

Frankfurt/Main/Berlin (dpa) - Insgesamt rund 3000 Anhänger der rechtsextremen NPD sind am Maifeiertag in Aufmärschen durch mehrere deutsche Städte gezogen. In Frankfurt am Main und Mannheim kam es zu Zusammenstößen mit linken Gegendemonstranten.

Die Polizei griff in beiden Städten ein. Dabei wurden in Frankfurt zwei Beamte schwer verletzt. 26 Demonstranten wurden dort festgenommen, 55 kamen in Polizeigewahrsam.

Zu den befürchteten schweren Ausschreitungen in Berlin kam es zunächst nicht. Im Stadtteil Hohenschönhausen demonstrierten etwa 700 NPD-Anhänger. Die Polizei verhinderte ein Zusammentreffen mit Gegendemonstranten. 9000 Beamte waren in der Hauptstadt im Einsatz. Das Bundesverfassungsgericht erlaubte mit zwei Eil-Entscheidungen kurzfristig NPD-Aufmärsche in Augsburg und Essen.

Rechte und linke Demonstranten lieferten sich in Frankfurt an mehreren Orten immer wieder Schlägereien, obwohl die Polizei Wasserwerfer und Schlagstöcke einsetzte. Eine Gruppe von 200 bis 300 Linken stoppte nach Polizeiangaben eine U-Bahn, in der sich Rechtsradikale befanden. Beide Seiten bewarfen sich mit Steinen.

Die Polizei trennte schließlich die beiden Gruppierungen.

Die beiden Polizisten wurden den Angaben zufolge verletzt, nachdem etwa 200 linksorientierte Türken sich auf die Demonstration der Rechtsextremen zubewegt hätten. Die Polizei sei plötzlich «überfallartig» mit Steinen und Holzlatten angegriffen worden, sagte ein Sprecher. Mehrere Angreifer seien festgenommen worden. Am Nachmittag formierten sich in Frankfurt etwa 800 bis 1000 Rechtsextremisten zu einem Demonstrationszug.

 In Berlin-Friedrichshain hatten Autonome in der Nacht zum 1. Mai Steine auf Polizisten geworfen und brennende Barrikaden errichtet.

 Die Polizei setzte Wasserwerfer ein und nahm rund 40 Menschen fest. Mehrere Beamte wurden verletzt. Am Dienstagnachmittag begann mit etwa 1500 Teilnehmern in Kreuzberg eine unter Auflagen erlaubte «Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration». Zu ihr hatten kommunistische Gruppen aufgerufen.

 Eine andere «Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration», die autonome Gruppen für den Abend geplant hatte, war verboten worden. Bei dieser traditionellen Veranstaltung war es in den Vorjahren immer wieder zu Krawallen gekommen.

 In Hamburg randalierten in der Nacht 60 bis 80 jugendliche Punks und Autonome. Sie zündeten Baumaterial an und feuerten Signalmunition ab. Die Polizei nahm einen Randalierer fest und 31 andere vorübergehend in Gewahrsam.

 NPD-Demonstrationen wurden auch aus Augsburg, Mannheim und Dresden gemeldet. In Mannheim hielten mehreren hundert Demonstranten aus der autonomen Szene den Zug der etwa 300 Rechtsextremen durch eine Sitzblockade auf. Ein Großaufgebot der Polizei trennte beide Seiten voneinander. Die Beamten kesselten die Blockierer ein, mehrere linke Demonstranten wurden festgenommen. 3000 Menschen hatten am Vormittag in Mannheim friedlich gegen Neonazis demonstriert.

 Das Bundesverfassungsgerichts hatte die Demonstration in Augsburg erst am Vormittag genehmigt. Noch am Montag hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München das von der Stadt ausgesprochene Kundgebungsverbot bestätigt und damit eine anders lautende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Augsburg aufgehoben. In einer zweiten Entscheidung hoben die Karlsruher Richter auch für die nordrhein-westfälische Stadt Essen ein NPD-Demonstrationsverbot auf. Hier hatte das Oberverwaltungsgericht Münster das Verbot eines NPD- Aufmarsches am 1. Mai bestätigt.

 

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Augsburger Allgemeine Lokales 1.5.2001 22:14

Dienstag, 01.05.2001

Breiter Widerstand gegen NPD- Demo

Bundesverfassungsgericht ebnet der rechtsextremen Partei in letzter Minute den Weg zum Auftritt in Augsburg [von unseren Redaktionsmitgliedern Klaus Utzni und Michael Hörmann]

 

Gestern Mittag um 13 Uhr: 250 NPD- Anhänger versammeln sich vor der Sporthalle ­ aber knapp 1500 Augsburger bekennen auf dem Rathausplatz Farbe gegen die rechtsextreme Partei. Das juristische Tauziehen um den umstrittenen Aufmarsch der Rechten wurde buchstäblich in letzter Minuten entschieden. Das Bundesverfassungsgericht ebnete der NPD gestern Mittag den Weg. Die befürchteten Krawalle zwischen Rechten und ebenso so vielen Gegendemonstranten aus dem linken Spektrum blieben dank eines massiven Polizeiaufgebotes aus.

 Die juristische Achterbahnfahrt um die von vielen Augsburgern unerwünschte NDP- Demo lässt alle Beteiligten bis zuletzt im Ungewissen. Nachdem am Montag der Bayerische Verwaltunsgerichtshof den Aufmarsch von Rechts verboten hat, entscheidet das Bundesverfassungsgericht am späten Vormittag des 1. Mai genau anders herum: Der Aufmarsch darf stattfinden.

 Zwei Busse mit NPD- Demonstranten werden schon am Vormittag auf der B 17 abgefangen. Rund 100 Rechte warten beim Bärenbergl auf die Nachricht aus Karlsruhe. Genau eine Minuten nach 12f erhält die Polizei die Information, dass der Aufmarsch stattfinden darf. Einige Hundert Polizisten werden daraufhin großräumig um das Kundgebungsgelände der NPD vor der Sporthalle zusammengezogen, auf der Gögginger Brücke Kontrollstellen errichtet. Sogar die Tram muss halten.

 Bereitschaftspolizisten weisen linke NPD-Gegner zurück. Der Platz vor der Sporthalle ist mit Sperrgitter abgeriegelt. Während sich rund 250 NPD- Anhänger, viele glatzköpfig und in schwarzen Hemden, versammeln, formiert sich außerhalb die Front der Gegner. "Nazi-Raus"-Rufe übertönen bald die Kundgebung der Rechten.

 

Wortgefechte Aug in Aug

 

 Um 13.40 Uhr öffnen die Polizisten die Sperrgitter, die Demo der NPD setzt sich in Bewegung. Die Parolen der Gegner wie "Nazifreies Deutschland" sind nicht zu überhören. NPD- Anhänger und linke Demonstranten, aber auch viele andere Bürger, liefern sich beinahe Aug in Aug erbitterte Wortgefechte.

 Die Polizei lässt die Gegendemonstranten weitgehend gewähren, löst aber Sitzblockaden schnell wieder auf. Etwa 15 junge Leute besetzen kurzfristig die Bahnstrecke auf Höhe Alpenstraße, einige auch Tramgleise am Königsplatz. In der Firnhaberstraße im Hochfeld ändert die Polizei überraschend die Zugstrecke: Die Demo wird nicht durch das Hochfeld, sondern über das Industriegebiet Eichleitnerstraße zurück zur Sporthalle geleitet. Der lange Marsch in der heißen Maisonne lässt etliche NPD-Anhänger zurückfallen.

 Vor der Sporthalle kommt es zu kleineren Rangeleien zwischen der Polizei und linken Gegendemonstranten. Einige polizeibekannte Punks werden gewaltsam in Gewahrsam genommen. Am frühen Abend spricht Polizeichef Klaus Waltrich von einem "überwiegend friedlichen" Verlauf. Rund 35 Störer, vor allem aus der linken Szene, sind kurzfristig von der Polizei festgehalten worden, wegen "Kleinigkeiten", wie es Waltrich formuliert. Es handelt sich dabei um Verstöße gegen das Vermummungsverbot, gegen das Waffengesetz, um einen Widerstand um sowie das Zeigen des Hitlergrußes.

 

Menschenkette am Rathaus

 

 Von den Auseinandersetzungen bekommen die friedlichen Demonstanten am Rathausplatz nichts mit. Sie haben sich in der Mittagshitze zum eher stillen Protest formiert. So bleiben auch die Vertreter des DGB, die zur Teilnahme aufgerufen haben, stumm. Die unterschiedlichen Gruppen, die sich an der Veranstaltung beteiligen, beziehen stattdessen auf Plakaten Stellung. "Kein Theater ohne Ausländer" ist da zu lesen:

 Menschen aus 20 Nationen sind in Augsburg am Theater beschäftigt. "Vielfalt der Kulturen in unseren Schulen", heißt es anderer Stelle. In kurzen Beiträgen sprechen sich Redner gegen den Aufmarsch der NDP aus. Gernot Römer, Vorsitzender der Deutsch- Israelischen Gesellschaft, sagt, "dass es wichtig ist, ein Zeichen zu setzen." Anschließend ziehen die 1500 Teilnehmer zum Rathaus, wo eine Menschenkette gebildet wird.

 Hand in Hand stehen die Demonstranten um das Rathaus.

 Heinz Paula, Vorsitzender des Bündnisses für Menschenwürde, ist mit den Signalen, die gegen die NDP in Augsburg gesetzt wurden, sehr zufrieden: "Augsburg kann sich sehen lassen."

 

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Berliner Morgenpost Lokales 1.5.2001 22:40

Reger Zulauf bei Feiern zum Tag der Arbeit

 

 ddp Cottbus - Mehrere tausend Menschen haben am Dienstag in Brandenburg an gewerkschaftlichen Kundgebungen zum diesjährigen Tag der Arbeit teilgenommen. Die Veranstaltungen unter dem Motto «Zukunft braucht alle Köpfe - Mitbestimmung gewinnen» verliefen nach Angaben der Polizei friedlich.

 Die zentrale Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Berlin und Brandenburg fand in Cottbus statt. Weitere Maiveranstaltungen gab es in Neuruppin, Eberswalde, Hennigsdorf, Frankfurt (Oder), Finsterwalde und Guben. In Potsdam organisierten DGB, SPD, PDS und Grüne erstmals eine gemeinsame Maifeier.

 DGB-Landeschef Dieter Scholz forderte in Cottbus eine Reform der betrieblichen Mitbestimmung. Durch Schließungen und Aufspaltungen von Betrieben, Ausgründungen und Fusionen sowie befristete Arbeitsverhältnisse seien Informations-, Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte immer weiter zurückgedrängt worden. Mit Nachdruck setzte sich der Gewerkschafter auch für den Ausbau des Flächentarifvertrages ein. Berlin und Brandenburg sollten daher eine Bundesratsinitiative von Nordrhein-Westfalen für ein so genanntes Vergabegesetz unterstützen. Öffentliche Aufträge müssten künftig «ohne Wenn und Aber» an die Einhaltung von Tarifverträgen gekoppelt werden. Für den wirtschaftlichen Aufbau in den neuen Ländern forderte Scholz ein Infrastrukturprogramm.

 

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Berliner Morgenpost Lokales 1.5.2001 22:39

NPD-Marsch: Polizeitaktik ging auf

 Der 1. Mai in Berlin: Bis zum Abend blieb die Lage ruhig - Friedliche Großdemo des DGB

 

 Mehr als 900 NPD-Mitglieder und Sympathisanten demonstrierten gestern in Hohenschönhausen. Motto: «Arbeit zuerst für Deutsche». Obwohl es knapp 300 linken Gegendemonstranten gelungen war, die Polizeisperren zu umgehen, kam es zu keinen schweren Ausschreitungen.

 Gegen 10.45 Uhr hatten sich die zumeist jungen Rechtsextremisten an der Pablo-Picasso-Straße versammelt. Nur etwa 100 Meter entfernt machten etwa 30 Gegendemonstranten mit «Nazis-raus»-Rufen ihrem Unmut Luft. Sie wurden jedoch von der Polizei zurückgedrängt. Mehrere PDS-Anhänger hatten sich bis zu den NPD-Aufzugsteilnehmern vorgewagt und zeigten Plakate. Alt-Nazis aus den Reihen der NPD sprachen Presse-Fotografen an: «Macht uns mal schöne Portraits von diesen Linken, vor allem von ihren Gesichtern. Die brauchen wir für später.»

 Erst gegen 11.15 Uhr setzte sich der Zug in Bewegung. An ihrer Spitze: NPD-Chef Udo Voigt und der Anwalt der Partei und frühere RAF-Aktivist Horst Mahler. In den vordersten Reihen erkannten Zivilfahnder auch mehrere frühere Mitglieder der inzwischen verbotenen Vereinigung «Blood and Honour». Die Einsatzleitung hatte die angemeldete Strecke von sieben auf drei Kilometer gekürzt. Obwohl die NPD den Marsch durch Hohenschönhausen wegen der angeblichen hohen Sympathisantenzahl als «Heimspiel» bezeichnet hatte, lehnten sich viele Anwohner aus dem Fenster und schlossen sich den Parolen der 300 Linken an.

 Gernot Klemm, PDS-Bezirkschef von Pankow, Prenzlauer Berg und Weißensee: «Wenn ich diese NPD-Demo sehe, wird mir speiübel. Es ist ein Unding, dass dieser Aufmarsch genehmigt wurde.» Peter Trapp (CDU), Vorsitzender des Innenausschusses des Abgeordnetenhauses sagte: «Es ist unverständlich, dass die marschieren dürfen, während es anderen verboten wird. Aber man muss sich eben den Gerichten fügen. Wer allerdings brüllt, dass unsere Polizeibeamten Nazis seien, weil sie solche Aufzüge schützen müssen, der hat von Rechtsstaatlichkeit keine Ahnung.» Trotz der peniblen Absperrungen der Polizei war es NPD-Gegnern gelungen, sich bis zum Vorbeimarsch in Hausfluren entlang der Strecke zu verstecken. Unverhofft waren sie dann plötzlich aus den Türen gestürmt und hatten sich den Neonazis entgegengestellt. Mehrfach setzten sie sich auf die Straßen und blockierten die Aufzugsroute. Beim Auflösen der Blockaden gingen die Beamten zum Teil recht hart vor - Gegendemonstranten und auch Reporter wurden gepackt und in Hecken geschleudert. Ernsthaft verletzt wurde aber niemand.

 Der stellvertretende Polizeipräsident Gerd Neubeck sagte am Rande der Abschlusskundgebung, das Einsatzkonzept der Polizei sei weitgehend aufgegangen. «Leider bleibt uns ja nichts anderes übrig, als solche Aufzüge zu schützen. Allerdings wäre es uns lieber gewesen, wenn diese Veranstaltung überhaupt nicht stattgefunden hätte.»

 Meist inmitten der Neonazis saß Fritz Teppich. Der Überlebende des NS-Regimes hatte sich ein Plakat auf den Rücken geschnallt, er forderte dazu auf, Courage zu zeigen: «Es ist schlimm für mich, wieder solche Menschen in Deutschland marschieren zu sehen.»

 Ingesamt wurden während des Aufzuges 20 Männer und Frauen vorübergehend festgenommen. Zwölf davon werden von der Polizei der rechten Szene zugeordnet, acht der linken. Schon am Morgen waren 350 Personen bei Kontrollen abgewiesen worden. Gegen 13.30 Uhr begleiteten Beamte die NPD-Anhänger zum S-Bahnhof Hohenschönhausen, wo Sonderzüge auf sie warteten.

 

 © Berliner Morgenpost 2001

 

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Berliner Morgenpost Lokales 1.5.2001 22:39

 

 Randale in der Walpurgisnacht

Mittwoch, 02. Mai 2001

 Jugendliche warfen Flaschen und Steine auf Polizisten - Mülltonnen brannten

 Keine Chance auf Gewalt: Ein NPD-Sympathisant wird genau gefilzt.

 

 Es war eine laue Walpurgisnacht. Und eine, die zwar nicht friedlich, aber dennoch ohne die befürchteten Straßenschlachten verlief. Bis auf Ausschreitungen am Boxhagener Platz in Friedrichshain blieb es ruhig in der Stadt. Tausende Menschen hatten am Nachmittag auf dem Kollwitzplatz in Prenzlauer Berg die Sonne genossen und sich bei einem Familien- und Volksfest vergnügt. Dort war die Stimmung auch in der Nacht fröhlich. In den vergangenen Jahren hatte es rund um den Platz noch Straßenschlachten mit der Polizei gegeben. Vor drei Jahren waren bei schweren Krawallen in Prenzlauer Berg ganze Straßenzüge verwüstet worden. Jugendliche hatten Läden geplündert und brennende Barrikaden errichtet.

 Solche Ausschreitungen blieben diesmal aus.

 Lediglich im Mauerpark in Prenzlauer Berg kam es nach 22 Uhr zu kleinen Rangeleien. Die Polizei nannte sie «unfriedliche Aktionen». Eine davon war das Abfackeln einer Holzbaracke auf einem in der Nähe befindlichen Betriebsgelände. Verletzt wurde dabei niemand. Die Feuerwehr löschte schnell. Augenzeugen berichteten auch davon, dass Flaschen auf Polizisten geworfen wurden.

 Weitaus aggressiver war die Stimmung dagegen in Friedrichshain. Etwa 500 Jugendliche errichteten nach Polizeiangaben am Boxhagener Platz Barrikaden und entzündeten ein Walpurgisfeuer. Kurz nach Mitternacht eskalierte die Lage, die zumeist betrunkenen Jugendlichen bewarfen die Polizisten mit Flaschen und Steinen.

 Feuerwerkskörper wurden gezündet. Mülltonnen und Barrikaden in Brand gesetzt. Mehrere Beamte erlitten Verletzungen.

 Um die Krawalle zu beenden, setzte die Polizei Wasserwerfer ein und nahm etwa 40 Randalierer fest. Einsatzleiter Gernot Piestert, Chef der Landesschutzpolizei, erklärte, die Jugendlichen seien nicht politisch motiviert gewesen. Vielmehr seien die Krawalle aus einer Bierlaune heraus entstanden. Sie waren demnach nicht die Antwort auf das von Innensenator Eckart Werthebach (CDU) ausgesprochene Verbot einer Demonstration von Linken und Autonomen. Polizeipräsident Hagen Saberschinsky teilte diese Meinung, nannte die Ausschreitungen einen «Ausfluss der traditionellen Walpurgisnacht».

 

© Berliner Morgenpost 2001

 

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Berliner Zeitung Politik 1.5.2001 22:30

BerlinOnline: Unruhiger 1. Mai in Berlin / Polizei verhindert Ausschreitungen

9 000 Beamte setzen Demonstrationsverbot gegen Autonome durch / Massive Einsätze in Kreuzberg / Krawalle in der Nacht befürchtet (von unseren Korrespondenten)

 

 BERLIN, 1. Mai. Mit ihrer massiven Verbots- und Einsatzstrategie hat die Berliner Innenbehörde die verschiedenen Demonstrationen und Aktionen zum 1. Mai zunächst weit gehend unter Kontrolle halten können. Es gab allerdings Befürchtungen, dass in den Abendstunden Randalierer unter dem Einfluss von Alkohol und im Schutz der Dunkelheit doch noch die befürchteten Ausschreitungen beginnen könnten.

 Bereits am späten Nachmittag gab es in Kreuzberg nach dem Ende der Kundgebung der PDS und der "Revolutionären 1.Mai Demonstration" Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten. Nach der Aufforderung an etwa 3 000 Teilnehmer, die Oranienstraße zu räumen, flogen Steine und Flaschen. Eine Demonstration der rechtsextremen NPD im Berliner Bezirk Hohenschönhausen und zwei Demonstrationen von Linksextremisten in Kreuzberg blieben bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe weit gehend friedlich.

 "Bisher ist unser Konzept voll aufgegangen", sagte Innensenator Eckart Werthebach (CDU) am Nachmittag. Er hatte in diesem Jahr die Demonstration von Linksextremisten von der in der Vergangenheit die Ausschreitungen ausgegangen waren, verboten. Um das Versammlungsverbot durchzusetzen waren 9 000 Polizisten und Anbehörige des Bundesgrenzschutzes in Berlin zusammengezogen worden.

 

 Polizeikonzept ging auf

 

 Ein starkes Polizeiaufgebot verhinderte mittags Zusammenstöße von Rechts- und Linksextremisten in Hohenschönhausen. Nachdem das Oberverwaltungsgericht die Demonstration der NPD in den Außenbezirk verlegt hatte, marschierten dort etwa 1000 NPD-Anhänger und Skinheads auf. Rund 300 Gegendemonstranten versuchten immer wieder den Zug zu stören, was ihnen nicht gelang. "Unser Konzept ist voll aufgegangen", sagte Landesschutzpolizeidirektor Gernot Piester.

 Am Nachmittag zog die Polizei ihre Kräfte in Kreuzberg zusammen. Werthebach hatte eine für den Abend geplante Demonstration von 10 000 Linksextremisten verboten.

 Gegen dieses Verbot, das vom Oberverwaltungsgericht zuvor noch einmal bestätigt worden war, protestierten am Nachmittag etwa 7 000 Menschen. Nach dem Ende der Demonstration warfen etwa 50 Jugendliche mit Pflastersteinen mehrere Scheiben in einem leer stehenden Bürogebäude ein. Auch eine gläserne Haltestelle der Berliner Verkehrsbetriebe ging zu Bruch. Die Polizei griff gegen die Randalierer hart durch und beendete die Ausschreitungen nach kurzer Zeit.

 Schon in der Nacht zum 1. Mai schritten die Beamten gegen 500 zumeist angetrunkene Jugendliche in Friedrichshain ein. Sie hatten Müllcontainer angezündet und Straßenbarrikaden errichtet. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein und nahm 40 Randalierer fest.

 In Frankfurt am Main drangen nach Angaben der Polizei zunächst nur einige hundert von 1 000 NPD-Anhängern zum Versammlungsort durch, der von mehreren tausend Gegendemonstranten blockiert wurde. Bei Auseinandersetzungen mit NPD-Gegnern setzte die Polizeibeamten Wasserwerfer und Schlagstöcke ein. Im Hamburger Schanzenviertel randalierten in der Nacht zum Dienstag 60 bis 80 jugendliche Punks und Autonome.

 

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Berliner Zeitung Politik 1.5.2001 22:30

 BerlinOnline: Kommentar - Tag der Arbeit, Tag der Gewalt – von Martin E. Süskind

 

 Man nennt ihn aus Tradition den "Tag der Arbeit", diesen 1. Mai. Aufmärsche im Osten, Großkundgebungen im Westen prägten den Tag, als Deutschland noch aus zwei Staaten bestand. Es war der Tag der Arbeiterbewegung und ihrer Forderungen, eine Mischung aus Feiertag und Tag machtvoller Demonstrationen.

 Keine Frage war, dass diese Demonstrationen unter der starken Ägide von Gewerkschaften auf der einen und Staatsorganen auf der anderen Seite friedlich verliefen. Nichts daran war damals revolutionär. Nichts daran ist heute revolutionär.

 Der "Tag der Arbeit" ist ein Ritual, dem sich Politik und Gewerkschaften gerne unterziehen, um öffentlich zu postulieren, was sie den Rest des Jahres ebenfalls fordern: Gerechtigkeit, Solidarität, soziale Sicherheit, Arbeit.

 Es liegt über diesem Tag kaum noch ein Hauch von Klassenkampf, eher scheint es, die am Bündnis für Arbeit Beteiligten gingen auf einen gemeinsamen Betriebsausflug ins Land. Wäre nicht die andere Seite des 1. Mai, man könnte sich zurücklehnen in dem beruhigenden Gefühl, Deutschland trage seine sozialen Konflikte auf die denkbar produktivste Weise aus, nämlich im entschiedenen streitbaren Konsens.

 Die andere Seite des 1. Mai ist die Gewalt. Es ist in Berlin Tradition geworden, dass an diesem Tag linksautonome Gruppen ganze Stadtteile terrorisieren und mit Krawallen überziehen. Neuerdings gesellen sich die Neonazis dazu, um ihren Anteil an der öffentlichen Aufmerksamkeit zu ergattern. Aus linker Gewalt und rechter Provokation entsteht diese brisante Mischung, die aus der Hauptstadt Jahr für Jahr einen Kriegsschauplatz werden lässt. Diesmal versuchte ein Rekordaufgebot von 9000 Politzisten durchzusetzen, was Justiz und Politik beschlossen hatten: Gewalt im Keime zu ersticken. Es war vorherzusehen, dass sie scheitern mussten.

 Den Gerichten sind ihre Urteile nicht zum Vorwurf zu machen, nicht die Genehmigung der NPD-Demonstration und auch nicht das Verbot der "Revolutionären 1. Mai-Demonstration". Der Rechtsstaat darf das Demonstrationsrecht nicht nach politischem Gutdünken behandeln. Hingegen hat die Politik Verfahrensspielraum.

Berlins Innensenator setzte für dieses Mal nicht auf die traditionelle Strategie der Deeskalation, sondern ganz auf Abschreckung, auf "Null Toleranz". Diese Haltung ist, nach den Erfahrungen der letzten Jahre, verständlich. Wie dieser Haltung öffentlich drohend Ausdruck gegeben wurde, hat einen Beitrag zur Befriedung allerdings nicht geleistet.

 Deutschland blickt nach dieser Nacht des 1. Mai auf die Hauptstadt und deren Randale, als hätte es die rund tausend Gewerkschaftskundgebungen, an denen sich Hunderttausende von Menschen beteiligten, nicht gegeben. Dennoch sind die politischen Botschaften, die beispielsweise auf der zentralen DGB-Veranstaltung in Rostock verkündet oder bekräftigt wurden, für das Land und seine Zukunft von großer Bedeutung, zumal für die östlichen Bundesländer.

 Gewiss ist es so, dass Gerhard Schröder mit seiner Zusage, den Solidarpakt für die neuen Länder fortzuführen, bereits eine Linie seines Wahlkampfes für die Bundestagswahl 2002 gezogen hat. Aber hier trifft sich das Machtkalkül eines Bundeskanzlers, der dringend mehr Zustimmung für seine Politik im Osten des Landes organisieren muss, mit den objektiven Notwendigkeiten in diesem wirtschaftlich hart gebeutelten Teil der Nation. Die Ankündigung des Kanzlers, insbesondere werde die Förderung des Aufbaus Ost auf kleine und mittlere Betriebe konzentriert werden müssen, ist ein starkes Wort, für dessen Einlösung der Finanzminister erst noch die

 Mittel bereitstellen muss - erhebliche Mittel und, wie Schröder sagte, "noch für lange Zeit".

 Welche Rolle die Gewerkschaften dabei spielen werden, ist nach den Bekundungen vom "Tag der Arbeit" ein wenig unklar. Ausbildung und Qualifizierung müssen im Vordergrund stehen, also das, was in den Reden von Gewerkschaftern und Politikern martialisch die "Bildungsoffensive" genannt wird.

 Die Forderung an die Wirtschaft, diese möge ihre kräftigen Gewinne nun endlich in neue Arbeitsplätze investieren, klingt hingegen etwas eindimensional und in Verbindung mit der Ankündigung einer "knüppelharten" Lohnrunde durch die IG Bau sogar ziemlich althergebracht. Die gesamtwirtschaftliche Lage verträgt keineswegs flotte Verteilungskämpfe, eher eine Fortsetzung des maßvollen Kurses, auf den sich die Tarifparteien in den zurückliegenden beiden Jahren vernünftigerweise geeinigt hatten.

 

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Berliner Zeitung Vermischtes 1.5.2001 22:31

 BerlinOnline: Das Sein im Kampf ist zum Selbstzweck geworden

 Wolfgang Benz sprach über Heldenkonzepte im neueren Rechtsradikalismus [von Katja Lüthge]

 

 Was ist der Stoff, aus dem die Helden sind?", fragt man sich in diesem Semester im Rahmen eines Forschungscolloquiums am "Zentrum für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung" (ZIFG) der Technischen Universität. Gibt es ein einheitliches, überhistorisch wirksames Muster, nach dem Helden konstruiert werden? Mann-Sein, so zeigt ein flüchtiger Blick in das Programm der Vorlesungsreihe, scheint ein nicht unwichtiger Bestandteil des Heldentums zu sein. So sollen unter anderem Herakles und Napoleon, aber auch "der Vater im klassischen Hollywood-Kino" als Helden untersucht werden.

 Am vergangenen Mittwoch wurde das Colloquium aber mit einem vergleichsweise tagesaktuellen Thema eröffnet: Wolfgang Benz, der Leiter des ebenfalls an der TU angesiedelten "Zentrums für Antisemitismusforschung", sprach über "Rechtsextreme Männer - aktuelle Heldenkonzepte?" und ließ dabei keinen Zweifel an seinem Unmut über den politischen Umgang mit dem Phänomen Rechtsextremismus. Die politisch Verantwortlichen seien sträflich unwissend; blinder Aktionismus, wie er sich im geplanten Verbot der NPD äußere, könne bestenfalls das Gewissen beruhigen und gehe an der Realität neonazistischer Gewalt vollkommen vorbei.

 In seinem kurzem Überblick über die Entwicklung nationalistischer und rechter Gruppen seit 1945 widmete Benz sich besonders der Neuordnung und der damit einhergehenden Verjüngung und Radikalisierung der rechtsextremen Szene seit ungefähr 1980.

 Wenngleich "aggressiver Nationalismus, Antisemitismus, Militarismus und Fremdenhass" kennzeichnend für alle Rechtsextremen seien, sei doch eine beschleunigte Diversifikation zu erkennen: einerseits Neonazis, die Benz als "apologetische Verteidigungsszene des NS-Staats" bezeichnete, andererseits Skinheads, die, obwohl unvollständig ideologisiert, durch ihre erhebliche Gewaltbereitschaft Aufsehen erregen. Beide lösten die ehedem dominierende dritte Gruppe der - in der NPD und später auch in der DVU und bei den Republikanern organisierten - "alten Herren" ab, die sich im Unterschied zu den jungen Nazis stets noch um den Anschein der Verfassungskonformität bemüht hatten.

 In deren, wenngleich angejahrten, so doch bis heute existierenden Publikationen haben dann auch die erwartbaren Helden ihren Auftritt: "Große deutsche Soldaten - unsterbliche Helden", so der Titel einer Serie in der "Deutschen Nationalzeitung". Im Stil an Drogeriekundenzeitschriften erinnernd, so Benz, werde dort dem Soldaten als bedingungslosem Verteidiger des Vaterlandes gehuldigt. Tapferkeit, Einzelkämpfertum und immer wieder "Löwenmut" werden bemüht, um die Taten einzelner Wehrmachtssoldaten zu heroisieren.

 Zur Kultfigur der neonazistischen Szene konnte nach seinem Tod der farblose "Stellvertreter Hitlers" Rudolf Hess werden. Seine Inhaftierung und sein Tod seien zum "Opfergang" für den "Erhalt der weißen Rasse" umgedeutet worden: Für den "Märtyrer", der die "Treue bis in den Tod" vorgelebt habe, inszenieren Neonazis alljährlich Aufmärsche.

 Weitaus größere Schwierigkeiten mit der Heldenfindung hatte Benz bei den von ihm vage als "ideologieschwach und locker organisiert, dabei aber äußerst gewalttätig" charakterisierten Skinheads und jungen Rechten. Bei ihnen könne man vor allem eine "Heroisierung der Gewalt" selber feststellen. Mut, Treue, Kompromisslosigkeit und Härte seien die in Musiktexten gebetsmühlenartig wiederholten Werte. Ihr gewalttätiger Rassismus, ihre Grausamkeit gegen (sozial) Schwächere sei die "Kampfansage Unterprivilegierter gegen die bürgerliche Gesellschaft". Ziel sei die Etablierung einer eigenen Ordnung, nämlich das "Recht des Stärkeren".

 Das Selbstverständnis ist freilich ein gänzlich anderes: Die mörderische Gewalt gegen Asylbewerber, Obdachlose, Immigranten und Linke wird als Auftrag der älteren Generation verstanden, "den Kampf zu Ende zu führen". Daraus resultiert ein Lebensgefühl des permanenten Kriegszustands: Sinngebend wird das "Sein im Kampf", die Gewalt ist zum Selbstzweck geworden. In einem Exkurs machte Benz schließlich deutlich, dass das Ausmaß der Aggression bei der Zerstörung von jüdischen Friedhöfen erst zu verstehen ist, wenn man es ins Verhältnis zum obsessiven Totenkult der Neonazis setzt. Die Schändung jüdischer Friedhöfe ist keine provokative Sachbeschädigung irregeleiteter Jugendlicher: Sie ist Symbol der Vernichtung.

 Der von Benz eingangs erhobenen Mahnung, man müsse über rechtsradikale Zusammenhänge "mehr wissen", ist unbedingt zuzustimmen - gerade sein Vortrag machte deutlich, wie viel offene Fragen es noch gibt. Weit stärker als bisher wird man sich etwa dem Rechtsradikalismus als Phänomen der Jugendkultur nähern müssen.

 Neonazi-Skinhead-Konzerte haben sich im letzten Jahrzehnt als hervorragende Rekrutierungsorte für "die Bewegung" erwiesen. Auch die meistverehrten "Helden" der Nazis lassen sich in dieser Szene finden: Man denke an den Kult, der um Ian Stuart Donaldson getrieben wird, den 1993 tödlich verunglückten Sänger der Neonazi-Skinhead-Band Skrewdriver und Gründer des Propagandanetzwerks "Blood & Honour". Beispiele wie seines beweisen immerhin, dass Benz - und das ganze Colloquium - in der richtigen Richtung forscht: Der Stoff, aus dem die Helden sind, schimmert männlich und tot.

 

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B.Z. (Berlin) Vermischtes 1.5.2001 22:48

 Die Schlacht um den Mariannenplatz

Am Nachmittag spielten hier noch Kinder, dann kamen die Chaoten. Verletzte Polizisten, Steinewerfer, Zerstörung

 

Linke Krawall-Chaoten sind nach Kreuzberg durchgesickert. "Jetzt geht's bald los", sagt Eckart Werthebach. Es ist gegen 15 Uhr. Diebegleitete gestern Berlins Innensenator, der sich für diesen 1. Mai so viel vorgenommen hatte: weniger Randale, Verletzte und Festnahmen.

 Die Lage spitzt sich zu. Erste Flaschenwürfe auf Polizisten. Kleine Handgemenge am Rande von Demonstrationen. In der Oranienstraße werden schon Steine ausgegraben, um sie später als Wurfgeschosse zu verwenden. Werthebach zeigt kaum Anspannung. Er hatte Schlimmeres erwartet.

 Der Senator: "Es gab Hinweise, dass Autonome den NPD-Zug angreifen und überall in der Stadt Randale machen wollen."

 Plötzlich klingelt das Handy. Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen lässt sich über die Lage informieren.

 "Sobald was geschieht, lasse ich Sie das wissen", verspricht Werthebach.

 Wir fahren im gepanzerten BMW ins Lagezentrum der Polizei am Platz der Luftbrücke. Schon mal richtig Angst gehabt? "Ja, als ich als Verfassungsschutzpräsident im Visier der Terrorszene stand"

 Das Lagezentrum: Monitore an der Decke zeigen Bilder der Überwachungskameras (fünf fest, zwei mobil), Großbildprojektoren werfen eingehende Meldungen und die Routen verschiedener Aufzüge an die Wand. Auf einmal Unruhe, die den eigenen Kollegen gilt. "Mensch, die sollen nicht auf ihren Autos hocken, sondern laufen."

 Werthebach probiert die Mannschaftsverpflegung - wählt Schnitzel mit Spätzle. Und denkt über linke Steinewerfer nach: "Junge Leute zwischen 16 und 28 Jahren. Häufig mit abgebrochenem Studium oder abgebrochener Schulausbildung. Viele leben von Sozialhilfe. Im Prinzip sind das ganz arme Menschen."

 

 Seite zuletzt bearbeitet: 01.05.2001, 20:53 Uhr

 

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Bonner Rundschau Politik 1.5.2001 19:29

 Bisher ruhige Lage in Berlin

 Krawalle bei NPD-Aufmärschen in Frankfurt und Mannheim

 Ein Großaufgebot an Polizisten trennte Neonnazis und linke Gegendemonstranten in Berlin

 Frankfurt/Main/Berlin - Insgesamt rund 3000 Anhänger der recht ...

 

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 Bonner Rundschau Politik 1.5.2001 19:29

Verletzte und Festnahmen Ausschreitungen zum 1. Mai in Berlin und Hamburg

 

 Berlin (Reuters) - In der Nacht zum Dienstag hat es in Berlin nach meist friedlichen Walpurgisnacht-Feiern Krawalle und Festnahmen gegeben. Randalierer hätten in den Stadtteilen Friedrichshain und Prenzlauer Berg Hindernisse errichtet und zum Teil in Brand gesetzt sowie Flaschen und Steine auf die Straße und gegen Polizisten geworfen, sagte eine Polizeisprecherin.

 Einige Polizisten seien verletzt worden. Die Polizei habe Wasserwerfer eingesetzt und 40 Randalierer festgenommen. Auch in Hamburg errichteten Gewalttäter Barrikaden. In Berlin wollen Linksextremisten nach dem Verbot ihrer Kundgebung den geplanten Aufmarsch der rechtsextremen NPD stören, die auch in weiteren deutschen Städten demonstrieren will.

 Bei den Krawallen in Berlin wurden nach Polizeiangaben auch Feuerwerkskörper abgebrannt. In Prenzlauer Berg habe die Feuerwehr eine brennende Baracke gelöscht.

"Nach einigen kleineren Scharmützeln hat sich die Lage wieder beruhigt." sagte ein Polizeisprecher.

 In den Berliner Stadtvierteln Friedrichshain hätten sich rund 500 Menschen versammelt, in Prenzlauer Berg bis zu 6000, sagte die Polizeisprecherin. Die Polizei zeigte ebenfalls massive Präsenz. Die Krawalle begannen nach überwiegend friedlichen Feiern und Veranstaltungen zur traditionellen Walpurgisnacht, die dem 1. Mai vorausgeht. Die Feiern hatten bei ungewöhnlich warmer Witterung Zehntausende angelockt.

 Mit einem Großeinsatz von mehr als 9000 Polizisten will der Berliner Innensenator Eckart Werthebach (CDU) Ausschreitungen bereits im Keim ersticken. In den vergangenen Jahren war es bei Demonstrationen linker Autonomer am 1. Mai wiederholt zu Krawallen gekommen.

 Aus diesem Grund hatte Werthebach die "Revolutionäre 1. Mai Demonstration" der Autonomen verboten. Das Verbot war letztlich von den Gerichten bestätigt worden. Mehrere legale linke Kundgebungen waren für den Lauf des Tages geplant.

 In Hamburg beschädigten nach Polizeiangaben Gruppen von Gewalttätern in der Nacht zum Dienstag Autos, Verkehrsschilder und Telefonzellen. Punker hätten eine Straße blockiert und Feuerwerkskörper und Signalmunition auf die Fahrbahn abgefeuert.

 Eine Gruppe von 60 bis 80 Randalierern habe sich um eine brennende Barrikade versammelt. Ein Teilnehmer der Krawalle sei festgenommen, 31 in Gewahrsam genommen worden, sagte ein Polizeisprecher.

 In Berlin wollte die rechtsextreme NPD gegen Mittag im Stadtteil Hohenschönhausen demonstrieren, nachdem ihre Kundgebung im Zentrum untersagt worden war. Ein Gericht hatte ein von der Innenbehörde verhängtes Verbot der NPD-Kundgebung aufgehoben.

 Die Polizei wollte mit einem Großaufgebot Zusammenstöße mit den Teilnehmern angekündigter Gegenkundgebungen verhindern. Die NPD, gegen die gegenwärtig Verbotsanträge von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat beim Bundesverfassungsgericht laufen, wollte auch in anderen deutschen Städten demonstrieren.

 Allerdings bestätigte das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen am Montagabend das vom Essener Polizeipräsidenten verhängte Verbot einer NPD-Kundgebung.

 

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EXPRESS (Köln) Politik 1.5.2001 22:48

Ausschreitungen mit Autonomen

 Berlin: Polizei schützte Neonazis

 

 Berlin – Unter massivem Polizeiaufgebot haben 700 NPD-Anhänger in Berlin demonstriert. Die befürchteten schweren Zusammenstöße mit einigen Hundert linken Gegendemonstranten konnte die Polizei verhindern.

 In der Nacht zuvor war es aber zu Ausschreitungen gekommen, bei denen Autonome Steine auf Polizisten warfen und Barrikaden anzündeten.

 Insgesamt 3000 NPD-Anhänger demonstrierten gestern in deutschen Städten.

 

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EXPRESS (Köln) Politik 1.5.2001 22:48

Die Friedman-Kolumne

 Wo bleibt der Aufstand der Zuständigen?

 

 Bundeskanzler Gerhard Schröder rief die deutsche Bevölkerung zu einem Aufstand der Anständigen auf. Zu Recht. Was nutzt dieser Aufstand aber, wenn es den entsprechenden Aufstand der Zuständigen nicht gibt?

 Mit den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes zu Gunsten der Demonstrationen der NPD zeigt die dritte Gewalt im Staat, nämlich die Justiz, dass sie die Zeichen der Zeit nicht verstanden hat.

 Es ist unverständlich, nicht nachvollziehbar, enttäuschend, dass die NPD erfolgreich ihren Anspruch durchgesetzt hat, auf Straßen in Deutschland ihre menschenfeindlichen Gedanken und Slogans verkünden zu können und dies auch noch gerichtlich „gekoschert“ wird. Welch ein Offenbarungseid!

 Es darf keine politische Justiz in einer Demokratie geben, aber Justiz wirkt natürlich auch und gerade politisch.

 Justiz ist der Schutz für die Freiheit - auch für die politische Meinungsfreiheit -, aber auch der Schutz für Menschenwürde, Menschenrecht und Minderheiten.

 Was soll die NPD eigentlich noch alles tun, bis deutsche, auch oberste Gerichte endlich erkennen: Hier wird den Feinden der Demokratie die Straße überlassen.

 Dass in Berlin, wie auch immer man zu linken Demonstranten stehen mag, diese nicht demonstrieren dürfen, weil von ihnen Gewalt zu befürchten ist, das gleiche Argument für die Rechtsradikalen aber nicht zu gelten scheint, ist ein besonderer Skandal und zeugt von der Doppelmoral dieser Entscheidungen.

 Wie soll der einfache Bürger Orientierung finden, wie soll er verstehen, in welche Richtung er sich orientieren soll, wenn die hoch geschätzte oberste Justiz so entscheidet?

 Ich bin beunruhigt von diesem weiteren Signal der Unfähigkeit, Flagge zu zeigen.

 Extremisten, Demokratiefeinde, Rassisten und Menschenverachter stehen nicht unter dem Schutz der Demonstrationsfreiheit, sondern nutzen dieses Freiheitsrecht zynisch aus, um die Freiheit auf der Straße zu verhöhnen.

 Dass das Bundesverfassungsgericht sich dazu verleiten ließ, dieses zu ermöglichen, ist ein großer Fehler.

 

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EXPRESS (Köln)Politik 1.5.2001 22:48

Kritik an Verfassungsgericht

 Richterstreit um NPD-Demos

 Münster – Streit zwischen den deutschen Gerichten über NPD-Demonstrationsverbote. Am Dienstagabend verbot das Oberverwaltungsgericht NRW die geplante NPD-Demo in Essen und kritisierte das Bundesverfassungsgericht:

 Es gehe nicht an, öffentliche Auftritte der Neonazis unter den Schutz des Grundgesetzes zu stellen. Doch das Verfassungsgericht hob das NPD-Demoverbot der Verwaltungsrichter gestern wieder auf.

 

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Frankfurter Allgemeine Zeitung Politik 1.5.2001 20:1

 Versammlungsrecht schützt nur friedliche Demonstranten

1. Mai -Von Stephan Hütig

 

 30. April 2001 Mit einer leibhaftigen Bikinischönheit im Schaufenster warb ein findiger Geschäftsmann für seinen Einzelhandel. Mit Erfolg, denn die Traumfrau lockte schnell die erwünschten Kunden an. Doch bald nahm die Aktion unerwartete Ausmaße an.

 Männermassen stauten sich auf Gehweg und Straße. Eine Ordnungsverfügung der Staatsmacht ließ nicht lange auf sich warten. Also, fort mit der attraktiven Blonden, und flugs war die öffentliche Sicherheit und Ordnung wieder hergestellt.

 Am Ende belehrten die Richter den ratlosen Unternehmer: „Du hast das Chaos zwar nicht unmittelbar verursacht, aberbewusst herbeigeführt.“ Für diese filigrane Form der Provokation erfanden Verwaltungsjuristen schnell den schaurig-schönen Begriff des Zweckveranlassers. Mit Hilfegenau dieser Rechtsfigur wollte Berlins Innensenator Eckart Werthebach (CDU) die für den 1. Mai geplante Demonstration der rechtsextremistischen NPD verbieten.

 Chaos und Gewalt werden auch hier bewusst herbeigeführt.

 Denn der gewählte Termin der Rechtsextremen konnte nur als Provokation der traditionell seit achtzig Jahren am Tag der Arbeit demonstrierenden Linken verstanden werden. Außerdem wurde der 1. Mai von den Nationalsozialisten im Jahr 1933 zum gesetzlichen Feiertag erklärt, das NS-Regime löste zeitgleich die Gewerkschaften auf.

 

Zweckveranlasser

 

Die entscheidende Frage bleibt, wer die Gewalt juristisch verantworten muss.

 Denn die Erfahrungen der letzten Jahren zeigen, dass von den marschierenden Rechten selbst keine Gewalt ausging.

 So argumentierte Werthebach, dass es „zu gewaltsamen Aktionen linksradikaler Gruppen kommen werde, um den Aufzug der NPD zu verhindern“. Kann die NPD als Provokateur für Ausschreitungen Linksradikaler juristischverantwortlich gemacht werden? Gibt es im Versammlungsrecht einen Zweckveranlasser? Die Antwort lautet nein. Denn mit der Garantie des Artikels 8 ist es unvereinbar, jede an sich friedliche Versammlung zu verbieten, weil gewaltsame Protestaktionen zu erwarten sind. So musste es am Ende zu der Entscheidung kommen, wie sie das Oberverwaltungsgericht Berlin getroffen hat: Ein Verbot kommt nicht in Frage, lediglich die Wegstrecke des Nazi-Marsches wird geändert.

 

Deeskalation?

 

Können sich auch die Veranstalter der linksautonomen Großdemonstration auf den Schutz von Artikel 8 berufen? Wohl kaum. Ihnen dürfte ein Blick in das Gesetz, zumal in die Verfassung, die Rechtsfindung erleichtern. Dort heißt es: Alle Deutschenhaben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnisfriedlich und ohne Waffen zu versammeln. Doch die Mai-Demonstration der Linksextremisten waren alles andere als friedlich: 1998 wurden 145 Polizeibeamte verletzt, 1999waren es 139, und im Jahr 2000 erlitten bei den Krawallen279 Polizisten Verletzungen. Die Prognose von Innensenator Eckart Werthebach, dem Berliner Verwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht, dass auch in diesem Jahr die Autonomen Menschen verletzen werden, hat also, gestützt auf diese Erfahrungen, Hand und Fuß. Aber selbst im Fall erwarteter Gewalt gewähren die Gerichte eine letzte Chance: Je mehr die Veranstalter bereit sind, zur Deeskalation beizutragen, desto höher rücke die Schwelle für ein behördliches Eingreifen. Folgerichtig bemängelten die Berliner Richter vor allem, dass die Veranstalter keine öffentliche Signale gesetzt hätten, um Gewalttätigkeiten zu vermeiden. Zwar fügten die Veranstalter ihrem Aufrufschnell noch das Motto „Ende der Gewalt“ an. Doch die Ähnlichkeit des Slogans „Kapitalismus bekämpfen - Soziale Revolution weltweit“ mit dem des letzten Jahres(„Imperialistische Zentren angreifen! Soziale Revolution weltweit!“) dürfte kaum an der Einfallslosigkeit der Veranstalter liegen, sondern vielmehr ein Bekenntnis zur Tradition der Mai-Demonstrationen und ihrer Krawalle sein. Die Richter am Oberverwaltungsgerichtbestätigten: Im Versammlungsrecht besteht ein Unterschied zwischen der Lust an der Provokation und der Lust am Krawall.

Text: @hüti

 

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Frankfurter Allgemeine Zeitung Politik 1.5.2001 19:59

Werthebachs Widerstand gegen Demonstrationen

Interview 30. April 2001

 

Regelmäßig am 1. Mai gibt es Krawalle in Berlin. In diesem Jahr soll es erstmals ein Demonstrationsverbot geben. Berlins Innensenator Eckart Werthebach (CDU) will sowohl die Proteste der Linksextremisten als auch die der NPD verbieten. Dazufordert er schärfere Gesetze.

 

Seit 14 Jahren gibt es Krawall am 1. Mai in Berlin. Warum soll erst jetzt eine Demonstration der Linken verboten werden?

Es gab nie Rechtszweifel, dies nach dem geltenden Versammlungsgesetz zu verbieten. Wir haben es im wesentlichen aus polizeitaktischen Gründen nicht getan. Dahinter stand die Überlegung, wenn wir die Gewaltchaoten an einem Platz konzentrieren, sind sie für die Polizei besser zu beherrschen. Das hat nicht funktioniert. Es gab in den 14Jahren fast bürgerkriegsähnliche Zustände. Es gab Plünderungen. Nachdem Berlin friedlich wieder vereint und die Bundesregierung umgezogen ist, muss mit diesem Spukein Ende sein.

 

Gab es zusätzliche Erkenntnisse?

Schon Anfang April haben wir die Information erhalten, die jedermann im Internet nachlesen kann, dass die Linksextremisten sich dieses Mal nicht auf Kreuzbergbeschränken wollten, sondern überall in der Stadt am sogenannten „Global Action Day“ Krawalle ausüben wollen. Es war also an der Zeit, die Polizeitaktik zu überprüfen, die Polizeikräfte zu verstärken und diese Veranstaltungen nicht mehr zuzulassen.

 

Welche Stadtteile sind nochbetroffen?

Aktionen sind auch im neuen Regierungsviertel geplant. Die Linksextremisten wollen an die Glasmeilen heran wie etwa Friedrichstraße oder Potsdamer Platz.

 

Reichen die bisherigen Erfahrungen aus für ein Demonstrationsverbot?

Ein Demonstrationsverbot nach dem geltenden Versammlungsrecht, das schon 50 Jahre alt ist, ist dann möglich, wenn hinreichende Anhaltspunkte vorliegen, dass aus dem Aufzug heraus Gewalttaten begangen werden. Dieser Nachweis lässt sich für den 1. Mai 2001 eindeutig führen. Von daher ist das Verbot der linksextremistischen Demonstration aus meinerSicht kein rechtliches Problem.

 

Ihre Kritiker, darunter Berliner Professoren und Vertreter der Polizeigewerkschaft, behaupten, dass das Verbot die Stimmung noch mehr anheizt.

Diese Verbotsentscheidung ist in engem Zusammenwirken mit der Polizei getroffen worden. Der Polizeipräsident hat das noch einmal ausdrücklich bestätigt.

 

Wenn die NPD jetzt doch marschieren darf, steigert das nicht die Wut der Linken?

Das war unter anderem der Grund dafür, dass ich alle Anstrengungen unternommen habe, auch den NPD-Aufzug zu verbieten. Dabei habe ich mich auf eine Entscheidung der Hamburger Verwaltungsgerichte gestützt, die dem Neonazi Christian Worch am 27. Januar einen  Aufzug mit der Begründung untersagt haben, hier gebe es einen unmittelbaren Bezug zum Jahrestag der Auschwitz-Befreiung. Deshalb habe ich in der Begründung darauf hingewiesen, dass der 1. Mai von Adolf Hitlereingerichtet worden ist. Zeitgleich wurden die Gewerkschaftsbewegung aufgelöst und die Arbeitnehmerschaft mit dem NS-Staat gleichgeschaltet.  

 

Sie setzen sich ja für die Verschärfung des Versammlungsrechtes ein. Was soll geändert werden?

Mit meiner Initiative habe ich erstens gefordert, dass es zusätzliche befriedete Bezirke in unserer Stadt geben muss. Ich kann überhaupt nicht akzeptieren, dass beispielsweise Neonazis oder rechtsextremistische Parteien am Holocaust-Gelände demonstrieren. Das gilt auch für die Neue Wache und das Brandenburger Tor. Der Durchzug der NPD im Januar 2000 durch das Brandenburger Tor ist doch weltweit verbreitet worden. In Amerika bin ich gefragt worden, sind bei euch die Nazis bald wieder an der Macht. Das sind Bilder, die man nicht akzeptieren darf. Zweitens müssen wir den Paragraphen 15, der jetzt sagt, ein Aufzug darf verboten werden, wenn die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet wird, ändern. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff ist durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes, insbesondere durch die Brokdorf-Entscheidung, so eingeengt worden, dass er den Erfordernissen in Berlin nicht mehr gerecht wird. Deshalb muss der Begriff öffentliche Sicherheit und Ordnung präzisiert werden. Ich möchte unterbinden können, dass extremistische Organisationen mit einer Demonstration verfassungsfeindliche Ziele verfolgen können. Ich erinnere an den berühmten SPD-Abgeordneten Carlo Schmid, der bei der Einbringung des Grundgesetzes 1949 sagte, ein Rechtsstaat muss denjenigen gegenüber illiberal sein, die ihn abschaffen wollen.

 

Werden die Linken versuchen,die NPD-Demonstration zu stören?

Davon müssen wir ausgehen. Darauf gibt es auch Hinweise. Wenn der NPD-Aufzug stadtnah stattfindet, wird es dort zu heftigen Auseinander- setzungen kommen. Nur, diese Auseinandersetzungen muss ja immer unsere Polizeiaushalten, da sie beide trennen muss. Die kriegt dann die Steine von beiden Seiten. Das möchte ich auch der Polizei nicht zumuten.

Das Gespräch führte Helmut Uwer

Text: @uwer

 

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Fürther Nachrichten Vermischtes 30.4.2001 22:57

Rechte melden Demo für 2002 an

 Fax von der NPD - Termin ist erneut der Maifeiertag

 

 FÜRTH (hän) – Ein Aufmarsch der rechtsradikalen NPD bleibt Fürth zwar am diesjährigen 1. Mai erspart – doch für den Maifeiertag 2002 hat sich die Partei zum zweiten Mal nach dem vergangenen Jahr angekündigt.

 Die schlechte Nachricht erreichte das städtische Ordnungsamt am Sonntagnachmittag per Fax. Rechtsreferent Christoph Maier fuhr der Schreck in die Glieder, dachte er doch zunächst, es handele sich um eine Anmeldung für den heutigen Feiertag. Hinter der frühen Antragstellung vermutet Maier Kalkül: Offenbar wollte die NPD anderen Veranstaltern zuvorkommen, die – wie in diesem Jahr – lange im Voraus alle Innenstadt-Plätze belegt hatten, um den Rechten keinen Raum zu lassen.

 Über ein eventuelles Verbot der Demo durch die Stadt will Maier zu gegebener Zeit nachdenken. Er glaubt allerdings, dass es so weit gar nicht mehr kommen wird: „Ich gehe davon aus, dass die Partei bis zum Mai 2002 bundesweit verboten ist.“ Bekanntlich werden entsprechende Anträge von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung derzeit vom Verfassungsgericht geprüft.

 

Großes Fest

 

 Als Reaktion auf den braunen Aufmarsch im vergangenen Jahr hatten in Fürth zahlreiche Organisationen und Parteien ein „Bündnis gegen Rechts“ gebildet, das heute von 13 bis 19 Uhr zu einem internationalen Fest gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Fremdenhass auf den Bahnhofplatz einlädt. Dort werden mehrere Redner sowie verschiedene Musik- und Tanzgruppen ein stattliches Programm bieten.

 

 © FÜRTHER NACHRICHTEN

 

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Frankfurter Rundschau Politik 1.5.2001 22:52

Sieg der Intoleranz

Wegen der Mai-Krawalle wird mit der Rechten die politische Auseinandersetzung nicht geführt (von Hans-Helmut Kohl)

 

Wird dieser 1. Mai 2001 als jener Tag in die Geschichte des wiedervereinigten Deutschland eingehen, an dem es der NPD und anderen rechtsextremistischen Gruppen gelang, den Staat herauszufordern und sich - unter Berufung auf das Grundrecht der Demonstrationsfreiheit - als quasi "normaler" Bestandteil des politischen Meinungsbildungsprozesses in diesem Land zu etablieren? Möglich wäre dies, nach all dem juristischen Streit um Verbote und Genehmigungen in letzter Minute. Weit wahrscheinlicher aber ist, dass sich die öffentliche Debatte auf die ritualisierte Randale von Autonomen und auf die heftigen Auseinandersetzungen konzentriert, die sich Polizei und gewaltbereite Gegendemonstranten landauf, landab lieferten.

 Unter die Räder kommt dabei nicht nur das Anliegen der Gewerkschaften am "Tag der Arbeit" in Zeiten der Massenarbeitslosigkeit. Auch die gesellschaftliche Debatte darüber, ob die Demonstrationsfreiheit selbst für jene gelten soll, die mit ihren Auftritten das Klima in diesem Land vergiften, weil sie die Intoleranz auf ihre Fahnen schreiben und an die finsterste Epoche Deutschlands anknüpfen wollen, gerät in den Hintergrund.

 Sie ist längst überfällig - nicht nur wegen des internationalen Echos auf die Aufmärsche der Neonazis und deren gewalttätige Gegendemonstranten, die jeden friedlichen Protest aus dem öffentlichen Bewusstsein drängen. Ihre Krawalle, ihre letztlich nur gegen die Polizei gerichteten Aktionen sind verantwortlich dafür, dass die politische Auseinandersetzung mit der Rechten nicht geführt wird.

 

 Copyright © Frankfurter Rundschau 2001

 Dokument erstellt am 01.05.2001 um 21:11:43 Uhr

 Erscheinungsdatum 02.05.2001

 

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Frankfurter Rundschau Politik 1.5.2001 22:52

Neonazis marschieren am 1. Mai

3000 Bürger protestieren in Mannheim gegen die Rechten

 

 Während sich linke Gegendemonstranten und Polizisten in Frankfurt am Main und Berlin am Rande rechtsextremer Aufmärsche heftige Auseinandersetzungen lieferten, verliefen Proteste gegen Veranstaltungen von Neonazis in Mannheim, Augsburg und Dresden weitgehend friedlich.

 ESSEN, 1. Mai (dpa/afp). Wie in anderen Städten demonstrierten Anhänger der rechtsextremen NPD am 1. Mai auch in Augsburg, Mannheim und Dresden. In Mannheim hielten mehrere hundert Demonstranten aus der autonomen Szene den Zug der etwa 300 Rechtsextremen durch eine Sitzblockade auf. 3000 Menschen hatten am Vormittag in Mannheim friedlich gegen Neonazis demonstriert.

 In Dresden standen nach Polizei-Angaben rund 750 NPD-Anhänger etwa 70 Gegnern aus dem linken Spektrum gegenüber.

 In Augsburg verliefen die Demonstration nach Angaben eines Polizeisprechers friedlich. Den rund 400 Anhängern der rechten Szene stand dort in etwa die selbe Zahl von Gegendemonstranten entgegen.

 Das Bundesverfassungsgericht hatte die Demonstration in Augsburg erst am Dienstagvormittag genehmigt. Noch am Montag hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München das von der Stadt ausgesprochene Kundgebungsverbot bestätigt und damit eine anders lautende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Augsburg aufgehoben. In einer zweiten Entscheidung hoben die Karlsruher Richter auch für die nordrhein-westfälische Stadt Essen ein Demonstrationsverbot gegen die NPD auf. Dort hatte das Oberverwaltungsgericht Münster das Verbot eines NPD-Aufmarsches am 1. Mai bestätigt.

 In Hamburg zogen in der Nacht zum 1. Mai zahlreiche Jugendliche durch das Schanzenviertel. Sie beschädigten Telefonzellen und Verkehrsschilder.

 Hamburgs Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) wurde bei einer Mai-Kundgebung von einem militanten Hundefreund mit Farbe bespritzt worden. Der 28-Jährige habe aus einer Gruppe von Männern heraus eine Wasserpistole gezogen und dem Bürgermeister rote Farbe ins Gesicht und auf die Kleidung gespritzt, teilte ein Polizeisprecher mit. Einige der Männer skandierten Parolen wie "Ortwin Runde tötet Hunde". Der Täter wurde festgenommen.

 In Zürich gab es im Anschluss an die Mai-Kundgebung gewalttätige Demonstrationen. Die Polizei setzte Wasserwerfer und Tränengas ein.

 Alle FR-Beiträge zum 1. Mai im FR Top-Thema, weitere Berichte im dpa-Thema

 des Tages

 

 Copyright © Frankfurter Rundschau 2001

Erscheinungsdatum 02.05.2001

 

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Freie Presse Politik 1.5.2001 20:27

 Über 1.000 NPD-Anhänger marschierten durch Dresden - Polizei verhinderte Aufeinandertreffen mit Gegendemonstranten

Mittwoch, 2.5.2001

 

Dresden (ddp-lsc). Begleitet von einem Großaufgebot der Polizei sind am 1. Mai über 1.000 Rechtsextremisten durch Dresden marschiert. Die Anhänger der rechtsextremen NPD wurden nach Polizeiangaben von rund 400 Gegendemonstranten aus der linken Szene begleitet. Etwa 1.000 Polizisten und Beamte des Bundesgrenzschutzes verhinderten ein Aufeinandertreffen.

 Nach Polizeiangaben wurden bei Kontrollen vier Personen vorläufig festgenommen, drei kamen in Gewahrsam. Über die Gründe wurden keine näheren Angaben gemacht. Zudem sprachen die Beamten 181 Platzverweise aus.

 Die Stadt Dresden hatte im Vorfeld eine Verbotsverfügung gegen die Demonstration erlassen. Diese war jedoch nach einer Beschwerde der NPD von den Verwaltungsgerichten aufgehoben worden. Die Veranstalter gaben die Teilnehmerzahl nach Ende des Aufzugs laut Polizei mit 1.500 an.

 (ddp) 1.5.2001

 

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Freie Presse Politik 1.5.2001 20:27

 NPD-Anhänger marschieren zum 1. Mai Gewalttätige Auseinandersetzungen in Frankfurt und Essen

 

 In mehreren deutschen Städten sind am Maifeiertag Anhänger der rechtsextremen Szene aufmarschiert. Dabei kam es nach Angaben der Polizeibehörden teilweise zu gewaltsamen Konfrontationen mit Gegendemonstranten. Während es in Berlin vorwiegend friedlich blieb, gab es in Frankfurt und Essen gewalttätige Auseinandersetzungen.

 In Frankfurt am Main wurden am Rande einer Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) gegen Rechts zwei Polizisten verletzt, als etwa 200 gewaltbereite Demonstranten die Beamten mit Wurfgeschossen und Schlagwerkzeugen angriffen. In der Innenstadt protestierten etwa 1500 Menschen gegen eine Kundgebung von knapp tausend Anhängern der rechten Szene. Zuvor hatten etwa 100 bis 200 Gegendemonstranten versucht, die Anfahrt der Rechten mit der U-Bahn zu vereiteln. Zwischen beiden Gruppen kam es zu Prügeleien.

 Im Berliner Stadtteil Hohenschönhausen nahmen nach Angaben der Polizei etwa 900 NPD-Anhänger an einem genehmigten Demonstrationszug teil. Zur selben Zeit versammelten sich im Stadtteil Kreuzberg insgesamt mehr als 7000 Anhänger der linken Szene zu zwei Demonstrationen. Die Polizei war in der Hauptstadt mit 9000 Beamten im Einsatz, um die vor allem für den Abend erwarteten Ausschreitungen zu unterbinden. Alle Kundgebungen seien "erfreulich friedlich" verlaufen, sagte ein Polizeisprecher.

 In der Vornacht war es in Berlin zu Krawallen linksgerichteter Demonstranten gekommen. Dabei wurden laut Polizei 40 Menschen festgenommen. Im Stadtteil Friedrichshain errichteten Demonstranten Barrikaden und bewarfen Polizisten mit Flaschen und Steinen. Auch im Stadtteil Prenzlauer Berg kam eszu gewalttätigen Konfrontationen zwischen einigen Demonstranten und der Polizei.

 In Essen und Augsburg genehmigte das Bundesverfassungsgericht in Eilentscheidungen Aufmärsche der NPD und hob damit Entscheidungen der Vorinstanzen auf. In Essen kam es am Rande der Demonstration von 200 bis 300 Anhängern der rechten Szene zu Konfrontationen zwischen Polizisten und etwa 20 linken Gegendemonstranten. In Dresden, Augsburg und Mannheim verliefen Demos der rechten Szene und Gegendemonstrationen ohne größere Zwischenfälle.

 

 Krawalltourismus lohnt sich nicht Pressemitteilung des Berliner Innensenators

 © Copyright von AFP.

 

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Financial Times Politik 1.5.2001 20:18

Linke Mai-Demo in Berlin bleibt verboten

ftd.de, Mo, 30.4.2001, 19:40

 

 Mit einem massiven Aufgebot von rund 9000 Beamten will die Polizei in Berlin dieses Jahr die befürchtete Eskalation der Gewalt am 1. Mai verhindern.

 Nach dem Verbot ihrer "Revolutionären 1.-Mai-Demonstration" kündigten Berliner Linke und Autonome an, sich an diesem Dienstag anderen Aufzügen anzuschließen. Um Ausschreitungen auch am Rande des geplanten Aufmarsches der rechtsextremen NPD in der Hauptstadt zu verhindern, werden mehr Polizisten als je zuvor eingesetzt.

 Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin hatte am Montag das Verbot der linken Demonstration im Stadtteil Kreuzberg bestätigt. Es seien "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" Krawalle zu erwarten, folgten die Richter der Argumentation von Berlins Innensenator Eckart Werthebach (CDU).

 Eine zuvor ebenfalls verbotene NPD-Demonstration darf am Mittag durch den Bezirk Hohenschönhausen führen, hatte das OVG bereits am Freitag entschieden.

 

NPD darf nicht marschieren

 

 Auch in Frankfurt/Main, Offenbach und Dresden dürfen Rechtsextremisten nach Gerichtsentscheidungen vom Montag - zum Teil unter Auflagen - am 1. Mai marschieren. Dagegen darf die NPD in Augsburg nach einer richterlichen Entscheidung vom Montagnachmittag nicht wie geplant am Maifeiertag demonstrieren.

 In einer Eilentscheidung bestätigte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof das von der Stadt ausgesprochene Verbot und hob eine anders lautende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Augsburg auf.

 Eine Sprecherin der Antifaschistischen Aktion Berlin (AAB) sagte, es sei aus zeitlichen Gründen wohl nicht mehr möglich, vor dem Bundesverfassungsgericht eine Aufhebung des Verbotes der "Revolutionären Demonstration" in der Hauptstadt zu erreichen. Die AAB rufe jetzt zur Teilnahme an einer Versammlung auf, die die PDS-Bundestagsabgeordnete Angela Marquardt angemeldet hatte. Laut Berliner Innenverwaltung darf diese Demonstration unter dem Motto "Gegen das Demonstrationsverbot für Linke am 1. Mai" am frühen Nachmittag in Kreuzberg stattfinden. Ein zweite "revolutionäre" linke Demonstration in Kreuzberg am Nachmittag wurde mit Auflagen belegt. Nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts muss sie bis 16 Uhr statt wie geplant bis 18 Uhr beendet sein. Die Kundgebung war in den vergangenen Jahren friedlich verlaufen.

 

Rabiate Stimmung

 

 Bei den Linksextremisten gebe es eine "ganz rabiate Stimmung gegen die Polizei und die Rechten", sagte der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, am Montag im Deutschlandfunk. Innensenator Werthebach erwartet dagegen "weniger schlimme Krawalle" als in den vergangenen Jahren in Berlin.

 Linke kündigten an, den Berliner Aufzug der NPD verhindern zu wollen. Um Zusammenstöße zwischen beiden Lagern zu verhindern, rief die Polizei im Umkreis der NPD-Demonstration mit bis zu 1500 Teilnehmern eine "Bannmeile" aus.

 Bei den offiziellen Feiern zum "Tag der Arbeit" wollen die Gewerkschaften bei rund 1000 Veranstaltungen in ganz Deutschland mehr Arbeitsplätze und Mitbestimmung fordern. Zur Hauptkundgebung des DGB unter dem Motto "Zukunft braucht alle Köpfe. Mitbestimmung gewinnt" wollen in Rostock Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und der DGB-Vorsitzende Dieter Schulte sprechen. Zu einer "Job Parade" werden am Nachmittag in Schwerin mehrere zehntausend Jugendliche erwartet. Das zentrale Anliegen der Gewerkschaften heißt auch in diesem Jahr "Arbeit für alle".

 

 © dpa

 

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Handelsblatt Wirtschaft 1.5.2001 20:56

Traditionelle Mai-Kundgebung

PDS kritisiert Politik der Bundesregierung

 Führende PDS-Politiker haben bei ihrer traditionellen Mai-Kundgebung in Berlin die Politik der Bundesregierung kritisiert.

 

 ddp BERLIN. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) habe mit seiner Debatte über die Arbeitslosen Wasser auf die Mühlen derer gegossen, die glaubten, dass viele Erwerbslose gar nicht arbeiten wollten, sagte die PDS-Bundesvorsitzende Gabriele Zimmer am Dienstag laut Redetext. Die Berliner PDS-Chefin Petra Pau sprach von einer "Beleidigung" für alle, denen die «Menschenwürde auf Arbeit» versagt bleibe.

 Zimmer warnte vor einer immer größer werdenden Kluft zwischen Arm und Reich und forderte mehr soziale Gerechtigkeit. Der von Arbeitsminister Walter Riester (SPD) vorgelegte "Armuts- und Reichtumsbericht" habe gezeigt, dass der Anteil der Menschen, die trotz eines Arbeitsplatzes zu den Armen gezählt werden müssen, innerhalb von fünf Jahren um sechs Prozent gestiegen sei. Die Zahl der überschuldeten Haushalte sei auf fast das Doppelte angewachsen. Junge Familien mit kleinen Kindern seien deutlicher gefährdet arm zu werden als andere, das größte Sozialhilferisiko trügen allein erziehende Mütter.

 

Umverteilung von oben nach unten

 

 Besitzer großer Vermögen seien an der Finanzierung staatlicher Leistungen unterdurchschnittlich beteiligt, sagte die Bundesvorsitzende. In dem "Armuts- und Reichtumsbericht" finde sich im Kapitel "Politik der neuen Bundesregierung" jedoch kein konkretes Wort, das Umverteilung von oben nach unten auch nur ansatzweise als möglichen Weg beschreiben würde.

 Pau kritisierte den Aufmarsch der rechtsextremen NPD am 1. Mai in einem Ost-Berliner Wohngebiet. Die Ost-Bezirke dürften nicht länger als "Exerzierplatz für fragwürdige Gerichtsentscheidungen missbraucht" werden.

 

 HANDELSBLATT, Dienstag, 01. Mai 2001

 

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Handelsblatt Wirtschaft 1.5.2001 20:56

 Traditionelle Mai-Kundgebung

Zusammenstößen mit linken Gegendemonstranten

 Krawalle bei NPD-Aufmärschen in Frankfurt und Mannheim

 

 Insgesamt rund 3 000 Anhänger der rechtsextremen NPD sind am Maifeiertag in Aufmärschen durch mehrere deutsche Städte gezogen.

 

 dpa FRANKFURT/MAIN/BERLIN. In Frankfurt am Main und Mannheim kam es zu Zusammenstößen mit linken Gegendemonstranten. Die Polizei griff in beiden Städten ein. Dabei wurden in Frankfurt zwei Beamte schwer verletzt.

 26 Demonstranten wurden dort festgenommen, 55 kamen in Polizeigewahrsam.

 Zu den befürchteten schweren Ausschreitungen in Berlin kam es zunächst nicht. Im Stadtteil Hohenschönhausen demonstrierten etwa 700 NPD-Anhänger. Die Polizei verhinderte ein Zusammentreffen mit Gegendemonstranten. 9 000 Beamte waren in der Hauptstadt im Einsatz. Das Bundesverfassungsgericht erlaubte mit zwei Eil-Entscheidungen kurzfristig NPD-Aufmärsche in Augsburg und Essen.

 Rechte und linke Demonstranten lieferten sich in Frankfurt an mehreren Orten immer wieder Schlägereien, obwohl die Polizei Wasserwerfer und Schlagstöcke einsetzte. Eine Gruppe von 200 bis 300 Linken stoppte nach Polizeiangaben eine U-Bahn, in der sich Rechtsradikale befanden. Beide Seiten bewarfen sich mit Steinen. Die Polizei trennte schließlich die beiden Gruppierungen.

 

Polizisten verletzt

 

 Die beiden Polizisten wurden den Angaben zufolge verletzt, nachdem etwa 200 linksorientierte Türken sich auf die Demonstration der Rechtsextremen zubewegt hätten. Die Polizei sei plötzlich "überfallartig" mit Steinen und Holzlatten angegriffen worden, sagte ein Sprecher. Mehrere Angreifer seien festgenommen worden. Am Nachmittag formierten sich in Frankfurt etwa 800 bis 1 000 Rechtsextremisten zu einem Demonstrationszug.

 In Berlin-Friedrichshain hatten Autonome in der Nacht zum 1. Mai Steine auf Polizisten geworfen und brennende Barrikaden errichtet. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein und nahm rund 40 Menschen fest. Mehrere Beamte wurden verletzt. Am Dienstagnachmittag begann mit etwa 1 500 Teilnehmern in Kreuzberg eine unter Auflagen erlaubte "Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration". Zu ihr hatten kommunistische Gruppen aufgerufen.

 Eine andere "Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration", die autonome Gruppen für den Abend geplant hatte, war verboten worden. Bei dieser traditionellen Veranstaltung war es in den Vorjahren immer wieder zu Krawallen gekommen.

 In Hamburg randalierten in der Nacht 60 bis 80 jugendliche Punks und Autonome. Sie zündeten Baumaterial an und feuerten Signalmunition ab. Die Polizei nahm einen Randalierer fest und 31 andere vorübergehend in Gewahrsam.

 NPD-Demonstrationen wurden auch aus Augsburg, Mannheim und Dresden gemeldet. In Mannheim hielten mehreren hundert Demonstranten aus der autonomen Szene den Zug der etwa 300 Rechtsextremen durch eine Sitzblockade auf. Ein Großaufgebot der Polizei trennte beide Seiten voneinander. Die Beamten kesselten die Blockierer ein, mehrere linke Demonstranten wurden festgenommen. 3 000 Menschen hatten am Vormittag in Mannheim friedlich gegen Neonazis demonstriert.

 

Genehmigung durch Bundesverfassungsgericht

 

 Das Bundesverfassungsgerichts hatte die Demonstration in Augsburg erst am Vormittag genehmigt. Noch am Montag hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München das von der Stadt ausgesprochene Kundgebungsverbot bestätigt und damit eine anders lautende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Augsburg aufgehoben. In einer zweiten Entscheidung hoben die Karlsruher Richter auch für die nordrhein-westfälische Stadt Essen ein NPD-Demonstrationsverbot auf. Hier hatte das Oberverwaltungsgericht Münster das Verbot eines NPD-Aufmarsches am 1. Mai bestätigt.

 

 HANDELSBLATT, Dienstag, 01. Mai 2001

 

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Junge Welt Vermischtes 1.5.2001 21:13

 Stimmen von der Maikundgebung des DGB vorm Roten Rathaus in Berlin-Mitte

Interview 02.05.2001

 

 Warum sind Sie auf der Mai-Kundgebung?

 Stimmen von der Maikundgebung des DGB vorm Roten Rathaus in Berlin-Mitte

 

 Mittvierziger am ÖTV-Stand:

 Ach wissense , ick geh da eigentlich schon hin, seit ick denken kann, schon früher als kleener Steppke. Viel ham wa als kleene Leute ja nich zu sagen, aba uff die Gewerkschaften laß ick nüscht kommen.

 

 F: Und was halten Sie davon, daß heute auch die NPD in Berlin marschiert?

 Scheiße find ick det, det se diese Saubande nich verbieten.

 F: Eine linke Demonstranten ist in Berlin verboten worden.

 Da muß ick Ihnen janz ehrlich sagen, det ick det janz richtig finde. Die Krawallbrüder ham da doch die janzen letzten Jahre nur Zoff jemacht, Autos anjezündet und so. Da mußte mal wat jejen jemacht werden, det wurde höchste Zeit.

 

 F: Glauben Sie nicht, daß das ein Versuch ist, das Demonstrationsrecht generell einzuschränken.

 Nee, seh ick nich so. Wir ham doch Demokratie bei uns, kann doch jeder seine Meinung sagen und ooch uff de Straße gehen.

 Älteres Ehepaar, der Mann antwortet:

 Von welcher Zeitung sind Sie?

 F: Von der jungen Welt.

 Das ist doch so was kommunistisches aus der DDR noch. Nee, mit Ihnen möchten wir nicht reden. Wir sind doch froh, daß wir das alles hinter uns haben.

 F: Ich wollte Sie eigentlich nur fragen, wie Sie es finden, daß die NPD heute in Berlin marschieren darf.

 Das finde ich nicht gut, aber die Kommunisten sind auch nicht besser, das können Sie mir schon glauben - und jetzt lassen Sie uns gefälligst in Ruhe.

 

 Polizist am Rande der Kundgebung:

 Leider darf ich Ihnen keinerlei Auskünfte erteilen. Bitte wenden Sie sich an den für Pressebetreuung zuständigen Mitarbeiter.

 

 Polizist, einige Meter weiter:

 Für mich ist das erst mal ein ganz normaler Dienst. Wir sind hier für die Sicherheit zuständig und wollen in enger Kooperation mit den Veranstaltern einen reibungslosen Verlauf gewährleisten.

 

 F: Nun sind ja auch etliche Kollegen von Ihnen heute damit beschäftigt, die NPD vor der Empörung vieler Menschen in dieser Stadt zu schützen und mit einem Riesenaufgebot durch ein Wohngebiet in Hohenschönhausen zu geleiten. Wie finden Sie denn, daß Neofaschisten demonstrieren dürfen?

 Wir als einfache Polizisten haben doch überhaupt keinen Einfluß auf solche Dinge. Meiner Meinung nach hätte die Demonstration der NPD verboten werden müssen. Wir haben aber einen Diensteid geleistet und müssen das jetzt umsetzen.

 

 F: Und was halten Sie von dem Verbot der antifaschistischen Demo in Kreuzberg.

 So ganz glücklich bin ich damit auch nicht. Denn jetzt sind die, die da vielleicht Krawall machen wollen, erst recht aufgestachelt. Aber was soll ich mich groß darüber aufregen, Dienst ist Dienst.

 

 Mitglied der Gruppe Linksruck:

 Ich bin hier, weil der 1. Mai immer noch der Kampftag der Arbeiterklasse ist und somit eine gute Möglichkeit, die Klassensolidarität auch unabhängig von der politischen Organisierung voranzubringen.

 

 Schwarzverkäufer von kalten Getränken:

 Ob das nun 1. Mai oder sonst was ist: Ich versuche immer, da zu sein, wo die Leute Durst haben. Wenn das Wetter so schön wie heute ist - umso besser für mich.

 

 F: Würden Sie denn auch Getränke bei einer NPD- Kundgebung verkaufen, wie z. B. heute in Hohenschönhausen?

 Ich habe davon gehört, schlimm finde ich das mit den Nazis. Da würde ich bestimmt nicht verkaufen gehen, da würde ich höchstens ein paar Büchsen in deren Richtung werfen, und zwar volle.

 

 (Unters Volk mischte sich Rainer Balcerowiak)© junge Welt

 

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Junge Welt Politik 1.5.2001 21:13

Inland02.05.2001

 Bürgerkriegsübung

 NPD konnte im Schutze der Polizei in Berlin aufmarschieren

 

 Begleitet durch massive Polizeimaßnahmen konnten am gestrigen 1. Mai rund 900 Anhänger der neofaschistischen NPD und der »freien Kameradschaften« unter dem Motto »Arbeit zuerst für Deutsche« durch den Berliner Stadtbezirk Hohenschönhausen marschieren.

 Antifaschistischen Gegendemonstranten gelang es nur vereinzelt, an die von der NPD organisierte Demonstration heranzukommen oder diese gar zu stören.

 Nachdem vergangene Woche der NPD-Aufmarsch aus der Innenstadt nach Hohenschönhausen verlegt worden war, verhängte die Polizei über den nordöstlichen Außenbezirk eine Bannmeile. Polizeihubschrauber in der Luft, uniformierte Polizisten an jeder Straßenecke und verdeckte Polizeibeamte unter den Gegendemonstranten sollten die reibungslose Durchführung des NPD-Aufmarsches ermöglichen.

 Dementsprechend glich der Bezirk am Vormittag einer Bürgerkriegsregion. Ab acht Uhr morgens mußten Personen, die nach Hohenschönhausen wollten, Ausweiskontrollen und Durchsuchungen über sich ergehen lassen. Zurückweisungen für angebliche Antifaschisten oder Linke waren an der Tagesordnung.

 Die kurzfristige Veränderung des Sammelpunktes der NPD-Anhänger war laut Polizeiangaben Teil ihrer Deeskalationsstrategie und sollte der Verhinderung von Auseinandersetzungen dienen. Doch trotz aller Bemühungen, den Neonazis einen störungsfreien Aufmarsch zu gewährleisten, kam es zu Protestaktionen. Rund 300 Demonstranten versuchten, den von Hunderten Polizisten abgeschirmten Neonaziaufmarsch zu behindern.

 Es kam zu einzelnen Rangeleien, als Antifaschisten versuchten, eine friedliche Blockade zu organisieren. Die Polizei konnte jedoch jeglichen Blockadeansatz erfolgreich verhindern.

 Trotzdem ist für die Antifa Hohenschönhausen die kurzfristige Organisierung von Widerstand in ihrem Bezirk zufriedenstellend. Es war ihrer Meinung nach kaum zu erwarten, daß ähnlicher Widerstand gegen den Aufmarsch der Neonazis zustande käme wie im linksalternativen Bezirk Friedrichshain.

 Zu den 900 Neonazis, die sich am S-Bahnhof Hohenschönhausen am Vormittag sammelten, sprachen unter anderem der NPD-Vorsitzende Udo Voigt sowie der NPD- Verteidiger Horst Mahler. Doch neben dem NPD-Umfeld waren auch viele Anhänger der »Kameradschafts«szene an der Demonstration beteiligt. So trat auch die »Berliner Kameradschaft Germania« auf der Demonstration mit einem eigenen Block auf. Am Ende der Demonstration wurden einzelne Personen verhaftet. Ihnen wird vorgeworfen, verfassungsfeindliche Symbole und Kennzeichen gezeigt zu haben.

 

 Ralf Fischer © junge Welt

 

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Kölnische Rundschau Politik 1.5.2001 20:36

Anzeige wegen Volksverhetzung

 Verletzte bei NPD-Aufmarsch in Essen

 

 Essen - Ein Aufmarsch von 200 NPD-Anhängern ist am Dienstag in Essen von Protesten mehrerer Hundert Gegendemonstranten begleitet worden.

 Es gab Verletzte. Den früheren FAP- und NPD- Funktionär Friedhelm Busse schloss die Polizei wegen Volksverhetzung von der Kundgebung aus und schrieb eine Anzeige.

 Busse hatte gesagt, wenn die Zentralrats-Mitglieder Spiegel, Friedman und Knobloch nach Israel gehen würden, gebe es kein Auschwitz mehr.

 Die Polizei hatte schon vor dem NPD-Aufmarsch zahlreiche Autonome, die Absperrungen durchbrechen wollten, vorübergehend in Gewahrsam genommen.

 Die Beamten setzten Schlagstöcke ein. Nach Augenzeugenberichten wurden mehrere Demonstranten und ein Polizist leicht verletzt. An einem Wagen mit NPD-Anhängern schlugen Autonome die Scheiben ein und verletzten einen Insassen schwer.

 Den NPD-Aufzug hatte die Polizei abseits einer DGB-Kundgebung, an der 2500 Menschen teilnahmen, durch ein Gewerbegebiet maschieren lassen.

 Den Aufmarsch hatte das Bundesverfassungsgericht erst in letzter Minute zugelassen. Die Verfassungsrichter hoben am Dienstagvormittag ein Verbot des Oberverwaltungsgerichts NRW auf, das die Anordnung des Essener Polizeipräsidenten Herbert Schenkelberg am Vorabend bestätigt hatte.

 Das OVG in Münster hatte in seiner Verbotsbegründung die bisherige Haltung der Karlsruher Richter kritisiert. Entgegen der Auffassung der 1. Kammer des Ersten Senats des BVG gehe es bei dem Gedankengut von Neonazis nicht um eine lediglich politisch missliebige Meinung, sondern um Anschauungen, denen das Grundgesetz selbst eine klare Absage erteilt habe,

 erklärten die OVG-Richter.

 

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Kölner Stadt-Anzeiger Politik 1.5.2001 20:44

 Verletzte bei NPD-Aufmarsch in Essen

Anzeige wegen Volksverhetzung

 

 Essen - Ein Aufmarsch von 200 NPD-Anhängern ist am Dienstag in Essen von Protesten mehrerer Hundert Gegendemonstranten begleitet worden.

 Es gab Verletzte. Den früheren FAP- und NPD- Funktionär Friedhelm Busse schloss die Polizei wegen Volksverhetzung von der Kundgebung aus und schrieb eine Anzeige.

 Busse hatte gesagt, wenn die Zentralrats-Mitglieder Spiegel, Friedman und Knobloch nach Israel gehen würden, gebe es kein Auschwitz mehr.

 Die Polizei hatte schon vor dem NPD-Aufmarsch zahlreiche Autonome, die Absperrungen durchbrechen wollten, vorübergehend in Gewahrsam genommen.

 Die Beamten setzten Schlagstöcke ein. Nach Augenzeugenberichten wurden mehrere Demonstranten und ein Polizist leicht verletzt. An einem Wagen mit NPD-Anhängern schlugen Autonome die Scheiben ein und verletzten einen Insassen schwer.

 Den NPD-Aufzug hatte die Polizei abseits einer DGB-Kundgebung, an der 2500 Menschen teilnahmen, durch ein Gewerbegebiet maschieren lassen.

 Den Aufmarsch hatte das Bundesverfassungsgericht erst in letzter Minute zugelassen. Die Verfassungsrichter hoben am Dienstagvormittag ein Verbot des Oberverwaltungsgerichts NRW auf, das die Anordnung des Essener Polizeipräsidenten Herbert Schenkelberg am Vorabend bestätigt hatte.

 Das OVG in Münster hatte in seiner Verbotsbegründung die bisherige Haltung der Karlsruher Richter kritisiert.

 Entgegen der Auffassung der 1. Kammer des Ersten Senats des BVG gehe es bei dem Gedankengut von Neonazis nicht um eine lediglich politisch missliebige Meinung, sondern um Anschauungen, denen das Grundgesetz selbst eine klare Absage erteilt habe, erklärten die OVG-Richter.

 

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Krawalle bei NPD-Aufmärschen in Frankfurt und Mannheim

 

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Kölner Stadt-Anzeiger Politik 1.5.2001 20:44

Bisher ruhige Lage in Berlin

 Krawalle bei NPD-Aufmärschen in Frankfurt und Mannheim

 

 Frankfurt/Main/Berlin -

 Insgesamt rund 3000 Anhänger der rechtsextremen NPD sind am Maifeiertag in Aufmärschen durch mehrere deutsche Städte gezogen.

 In Frankfurt am Main und Mannheim kam es zu Zusammenstößen mit linken Gegendemonstranten. Die Polizei griff in beiden Städten ein. Dabei wurden in Frankfurt zwei Beamte schwer verletzt. 26 Demonstranten wurden dort festgenommen, 55 kamen in Polizeigewahrsam.

 Zu den befürchteten schweren Ausschreitungen in Berlin kam es zunächst nicht. Im Stadtteil Hohenschönhausen demonstrierten etwa 700 NPD-Anhänger. Die Polizei verhinderte ein Zusammentreffen mit Gegendemonstranten. 9000 Beamte waren in der Hauptstadt im Einsatz.

 Das Bundesverfassungsgericht erlaubte mit zwei Eil-Entscheidungen kurzfristig NPD-Aufmärsche in Augsburg und Essen.

 Rechte und linke Demonstranten lieferten sich in Frankfurt an mehreren Orten immer wieder Schlägereien, obwohl die Polizei Wasserwerfer und Schlagstöcke einsetzte. Eine Gruppe von 200 bis 300 Linken stoppte nach

 Polizeiangaben eine U-Bahn, in der sich Rechtsradikale befanden. Beide Seiten bewarfen sich mit Steinen. Die Polizei trennte schließlich die beiden Gruppierungen.

 Die beiden Polizisten wurden den Angaben zufolge verletzt, nachdem etwa 200 linksorientierte Türken sich auf die Demonstration der Rechtsextremen zubewegt hätten.

 Die Polizei sei plötzlich "überfallartig" mit Steinen und Holzlatten angegriffen worden, sagte ein Sprecher.

 Mehrere Angreifer seien festgenommen worden. Am Nachmittag formierten sich in Frankfurt etwa 800 bis 1000 Rechtsextremisten zu einem Demonstrationszug.

 In Berlin-Friedrichshain hatten Autonome in der Nacht zum 1. Mai Steine auf Polizisten geworfen und brennende Barrikaden errichtet. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein und nahm rund 40 Menschen fest. Mehrere Beamte wurden verletzt.

 Am Dienstagnachmittag begann mit etwa 1500 Teilnehmern in Kreuzberg eine unter Auflagen erlaubte "Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration". Zu ihr hatten kommunistische Gruppen aufgerufen.

 Eine andere "Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration", die autonome Gruppen für den Abend geplant hatte, war verboten worden. Bei dieser traditionellen Veranstaltung war es in den Vorjahren immer wieder zu Krawallen gekommen.

 In Hamburg randalierten in der Nacht 60 bis 80 jugendliche Punks und Autonome. Sie zündeten Baumaterial an und feuerten Signalmunition ab. Die Polizei nahm einen Randalierer fest und 31 andere vorübergehend in Gewahrsam.

 NPD-Demonstrationen wurden auch aus Augsburg, Mannheim und Dresden gemeldet. In Mannheim hielten mehreren hundert Demonstranten aus der autonomen Szene den Zug der etwa 300 Rechtsextremen durch eine Sitzblockade auf.

 Ein Großaufgebot der Polizei trennte beide Seiten voneinander. Die Beamten kesselten die Blockierer ein, mehrere linke Demonstranten wurden festgenommen. 3000 Menschen hatten am Vormittag in Mannheim friedlich gegen Neonazis demonstriert.

 Das Bundesverfassungsgerichts hatte die Demonstration in Augsburg erst am Vormittag genehmigt. Noch am Montag hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München das von der Stadt ausgesprochene Kundgebungsverbot bestätigt und damit eine anders lautende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Augsburg aufgehoben.

 In einer zweiten Entscheidung hoben die Karlsruher Richter auch für die nordrhein-westfälische Stadt Essen ein NPD-Demonstrationsverbot auf. Hier hatte das Oberverwaltungsgericht Münster das Verbot eines NPD- Aufmarsches am 1. Mai bestätigt.

 

 Nächste Seite:

 Verletzte bei NPD-Aufmarsch in Essen

 

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Kurier (Wien) Vermischtes 1.5.2001 21:30

1.Mai: Krawalle in Berlin

 

 Berlin - Mehrere Festnahmen nach Ausschreitungen: In Berlin ist es in der Nacht zum 1. Mai zu Krawallen gekommen. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein, nachdem Randalierer im Stadtteil Friedrichshain auf den Straßen Hindernisse errichtet hatten. Das sagte ein Polizeisprecher:

 „Teilweise sind die Barrikaden in Brand gesteckt worden. Mehrere Personen wurden verhaftet.“ Im Zuge der Ausschreitungen wurden die Polizisten mit Flaschen beworfen. Einige Beamte wurden verletzt. "Nach einigen kleineren Scharmützeln hat sich die Lage wieder beruhigt", sagte der Polizeisprecher.

 

Großeinsatz der Polizei

 

 Mit einem Großeinsatz von mehr als 9.000 Polizisten will der Berliner Innensenator Eckart Werthebach am 1. Mai Ausschreitungen bereits im Keim ersticken. In den vergangenen Jahren war es bei Demonstrationen linker Autonomer am 1. Mai wiederholt zu Krawallen gekommen. Aus diesem Grund hatte Werthebach die "Revolutionäre 1. Mai Demonstration" der Autonomen verboten. Dagegen wurde eine Demonstration der rechtsradikalen NPD gerichtlich genehmigt. Linke Gruppen kündigten dagegen Proteste an.

 APA/ale

 

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Kurier (Wien)01.05.2001 18 : 20 Uhr

 D: Krawalle bei NPD-Aufmärschen

 

 Frankfurt/Main/Berlin - Insgesamt rund 3000 Anhänger der rechtsextremen NPD sind am Maifeiertag in Aufmärschen durch mehrere deutsche Städte gezogen. In Frankfurt am Main und Mannheim kam es zu Zusammenstößen mit linken Gegendemonstranten. Die Polizei griff in beiden Städten ein. Dabei wurden in Frankfurt zwei Beamte schwer verletzt. 26 Demonstranten wurden dort festgenommen, 55 kamen in Polizeigewahrsam.

 

Frankfurt

 

 Rechte und linke Demonstranten lieferten sich in Frankfurt an mehreren Orten immer wieder Schlägereien, obwohl die Polizei Wasserwerfer und Schlagstöcke einsetzte. Eine Gruppe von 200 bis 300 Linken stoppte nach Polizeiangaben eine U-Bahn, in der sich Rechtsradikale befanden. Beide Seiten bewarfen sich mit Steinen. Die Polizei trennte schließlich die beiden Gruppierungen.

 

Hamburg

 

 In Hamburg randalierten in der Nacht 60 bis 80 jugendliche Punks und Autonome. Sie zündeten Baumaterial an und feuerten Signalmunition ab. Die Polizei nahm einen Randalierer fest und 31 andere vorübergehend in Gewahrsam.

 

Augsburg, Mannheim, Dresden

 

 NPD-Demonstrationen wurden auch aus Augsburg, Mannheim und Dresden gemeldet. In Mannheim hielten mehreren hundert Demonstranten aus der autonomen Szene den Zug der etwa 300 Rechtsextremen durch eine Sitzblockade auf. Ein Großaufgebot der Polizei trennte beide Seiten voneinander. Die Beamten kesselten die Blockierer ein, mehrere linke Demonstranten wurden festgenommen. 3000 Menschen hatten am Vormittag in Mannheim friedlich gegen Neonazis demonstriert.

 

 APA/dpa/jum

 

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Neue Ruhr Zeitung Lokales 1.5.2001 22:18

 Es reicht nicht zu sagen: Nazis raus!

 

 Währen der etwas langatmigen Rede von Wolfgang Freye vom Antifaforum, dem "nicht zum Feiern zumute" war, und von Pfarrer Willi Overbeck lichteten sich die Reihen allmählich, wie eine ältere Dame feststellte. Sie sei zum ersten Mal zur Mai-Kundgebung gekommen, um "einen Gegenpol zur NPD zu setzen".

 Und ihr fiel auf, "dass fast keine ausländischen Mitbürger hier sind. Aber vielleicht bereiten sie das Fest in Zeche Carl vor."

 Neben Gewerkschaftern, Politikern und Dezernenten nahm auch Stadtsuperintendent Heinrich Gehring an der Mai-Kundgebung teil. Den Demo-Zug von Frohnhausen in die City hatte zuvor sein Kollege Superintendent Irmenfried Mundt begleitet. Dies war nicht Gehrings erste Mai-Demo.

 "Ausgesprochen gut" fand er gestern, "dass der Streit zwischen Oberbürgermeister und Gewerkschaften zurückgestellt worden ist." Gehrings Reaktion auf die Eilentscheidung der Karlsruher Richter: "Das Gericht hatte nicht genügend Zeit, die Argumente des Polizeipräsidenten Schenkelberg zu prüfen." Aber unabhängig davon hofft er gerade auf die Chance einer "weiteren gründlichen Prüfung" dieser Argumentation.

 An der Teilnahme an der Gegendemonstration habe Gehring verzichtet. Der Theologe sagt: "Wir dürfen nicht den Fehler machen, nur zu sagen: Nazis raus.

 Wir müssen diese Menschen mit Menschlichkeit überzeugen."

 Am Ende hatte ein junger Mann einen kurzen Auftritt, der zu jenen gehörte, die am Bismarckplatz von der Polizei umstellt worden waren. "Wir sollten zeigen, dass wir da sind", forderte er zur Demonstration gegen die Rechten auf. Erst überschäumend, dann hasserfüllt. sus

 

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Netzeitung Politik 1.5.2001 21:39

 Straßenschlachten zum 1. Mai

 

Verletzte und zahlreiche Festnahmen, Steine, Tränengas und Wasserwerfer - am 1. Mai kam in Berlin-Kreuzberg zu schweren Ausschreitungen. Der Innensenator ist dennoch zufrieden.

 

 BERLIN/FRANKFURT.

 Es kam, wie erwartet: Nach den zunächst friedlichen Demonstrationen zum Maifeiertag haben sich in Berlin autonome Linke gegen Abend Straßenschlachten mit der Polizei geliefert. Zum 15. Mal in Folge.

 

 Nach Angaben der Polizei - die mit einem Rekordaufgebot von 9000 Beamten vor Ort war - zogen die Teilnehmer einer nichtgenehmigten Demonstration durch die Straßen des Berliner Stadtteils Kreuzberg. Augenzeugen berichteten dagegen, dass sich bei der Menschenansammlung nicht um eine Demonstration gehandelt habe.

 Anhänger der linken Szene bewarfen den Angaben zufolge Steine und Flaschen auf Polizeibeamte. Die Polizei ging mit Wasserwerfern gegen die Randalierer vor. Rund 150 Personen wurden festgenommen, wie Einsatzleiter Gernot Piestert sagte.

 Werthebach verteidigt Konzept Der Berliner Innensenator Eckart Werthebach zog eine positive Bilanz des Abends. In der ARD sagte er, der massive Polizeieinsatz habe noch größeren Sachschaden verhindert. Außerdem sei so die hohe Zahl an Festnahmen möglich geworden, so der CDU-Politiker.

 In Berlin war die von Autonomen für Kreuzberg angemeldete «Revolutionäre 1. Mai-Demonstration» verboten worden - da sie in der Vergangenheit immer Tarnung für Randalierer gewesen sei.

 Dass das Versammlungsverbot im Zentrum Kreuzbergs trotzdem unterlaufen wurde, lastet Werthebach unter anderem der PDS-Bundestagsabgeordneten Angela Marquardt an. Sie hatte für die Straßen, in den traditionell der Krawall ausbricht, eine Veranstaltung angemeldet.

 Generell sprach sich Werthebach dafür aus, das Versammlungsrecht zu ändern, so dass die Polizei effektiver gegen gewaltbereite Demonstranten vorgehen könne.

 

Kritische Stimmung in Berlin

 

 In der Hauptstadt war vor allem deshalb mit Krawallen gerechnet worden, weil ein Aufmarsch der rechtsextremistische NPD - anders als die Links-Demonstration - vom Gericht genehmigt worden war.Der fand im Ost-Bezirk Hohenschöhnhausen statt und wurde von einem starken Polizeiaufgebot begleitet. Aus Protest gegen Rechts kamen rund 300 Anhänger linker Gruppen in den Vorort.

 Beide Gruppierungen skandierten Sprechchöre, die NPD-Gegner trugen Transparente mit Slogans wie «Nazis raus» und «Gemeinsam gegen Rechts» mit sich.

 Die Kundgebungen verliefen ohne größere Zwischenfälle.

 Bereits in der Nacht zum 1. Mai war es bei Walpurgisnacht-Feiern im Bezirk Friedrichshain zu gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen, bei denen rund 40 Personen festgenommen und einige Polizisten leicht verletzt wurden.

 

Randale in westdeutschen Städten

 

 Auch Frankfurt am Main, Mannheim und Essen kam es zu Schlägereien. Aus Protest gegen Aufmärsche der rechtsextremistischen NPD formierten sich die linken Gruppen. Es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen beiden Lagern und mit der Polizei.

 In Frankfurt ging die Polizei kurzzeitig mit Schlagstöcken gegen linke Randalierer vor, die Absperrungen durchbrechen wollten. Dabei wurden zwei Beamte schwer verletzt, 26 Demonstranten wurden dort festgenommen, 55 kamen in Polizeigewahrsam. Nach Schätzungen der Polizei marschierten etwa 800 Rechtsextremisten durch Frankfurt. Zugleich waren 2000 Gegendemonstranten auf den Straßen. (nz/dpa)

 

 Der 1. Mai im Ausland Zusammenstöße in London

 Festnahmen und Tränengas in Belgien

 01. Mai 2001 21:25

 

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Nürnberger Nachrichten Politik 30.4.2001 22:39

Berlin richtet sich trotz des Demonstrationsverbotes auf einen heißen 1. Mai ein

 „Kein Gewohnheitsrecht auf Krawall“

 Ost-Stadtteil verärgert über Erlaubnis für NPD-Marsch – „Kleingruppen-Terror“ der Autonomen [von Erhard ENGLISCH]

 

 BERLIN – Der Regierende Bürgermeister, sein Innensenator und die Polizei rüsten – verbal zumindest – zur Entscheidungsschlacht. Endgültig soll Schluss sein mit der Tradition der nächtlichen Straßenschlachten am 1. Mai, mit brennenden Autos in Kreuzberg, mit zertrümmerten Läden, Millionenschäden und Hunderten von Verletzten auf beiden Seiten der Barrikaden. Mit „konsequentem Einsatz“ sollen 9000 Beamte dafür sorgen, dass das seit 14 Jahren übliche Ritual der Gewalt durchbrochen wird.

 Innensenator Eckart Werthebach (CDU) hat die aus seiner Sicht für die alljährlichen Ausschreitungen verantwortlichen Veranstalter der „Revolutionären 1.-Mai-Demonstration“ gewarnt: „Es gibt kein Gewohnheitsrecht auf Krawall.“ Mit gleicher Begründung untersagte die Innenbehörde in diesem Jahr auch den traditionellen Aufmarsch der Ultralinken.

 Klagen der „Antifaschistischen Aktion Berlin“ (AAB) dagegen blieben erfolglos. Gestern bestätigte das Oberverwaltungsgericht als letzte Instanz Werthebachs Entscheidung.

 

Konfliktpotenzial erhöht

 

 Dagegen unterlag der Senat vor Gericht mit dem Antrag, auch den geplanten Aufmarsch von annähernd 1500 Anhängern der rechtsextremistischen NPD zu verbieten. Der Umstand, dass nun die Nationaldemokraten den 1. Mai „für sich reklamieren“ können, die „revolutionäre Linke“ aber „stigmatisiert“ werde, erhöht nach weit verbreiteter Einschätzung das Konfliktpotenzial erheblich.

 In Hohenschönhausen, wohin die NPD auf richterliche Weisung mit ihrer Demonstration verwiesen wurde, soll ein „Aufstand der Anständigen“ den Protest der Bürger gegen die Rechten sichtbar machen. Bürgermeister und demokratische Parteien im Bezirk reagierten empört darauf, dass die Nationaldemokraten hier Demonstrationserlaubnis bekommen haben. Niemand wolle die Extremisten. Ihr Erscheinen befördere das Vorurteil gegen die „Ost“-Bezirke, hier sei rechte Gesinnung und Ausländerfeindlichkeit verbreiteter als im ehemaligen Westen der Stadt.

 Berlins Autonome, bei denen der Verfassungsschutz einen harten Kern von wenigstens 500 Gewaltbereiten ausgemacht hat, wollen heute die offizielle Mai-Kundgebung des DGB und die in vielen Stadtteilen gefeierten Mai-Feste unterwandern. Innenbehörde und Polizei sprechen von Hinweisen darauf, dass auch „Angriffe“ auf das neue Kanzleramt, das morgen offiziell eingeweiht werden soll, und auf den Reichstag verübt werden könnten. Der autonome Untergrund habe nach dem Demonstrationsverbot „auf Guerilla-Strategie“ und „Kleingruppen-Terror“ umgeschaltet.

 Dem will die Ordnungsmacht mit allen verfügbaren Mitteln entgegentreten. Bereits am letzten Wochenende war die demonstrative Polizeipräsenz nicht zu übersehen. „Berlin wird grün“, spotteten Sonntagsspaziergänger, „und das kommt nicht von den Bäumen.“ Der Chef der Schutzpolizei setzt auf Prävention. „Jeder, der herumsteht und uns merkwürdig vorkommt, wird angesprochen.“ Die Polizei ist darauf eingerichtet, heute ganze Stadtbezirke abzuriegeln, falls sie das für erforderlich halten sollte. Polizeibekannte „Unruhestifter“ erhielten vorsorglich Post vom Präsidium. „Sie stehen unter Beobachtung“, konnten sie da lesen. Etwa 20 Berliner dürfen sich über den 1. Mai in bestimmten Bezirken nicht aufhalten.

 Mit Hilfe der Polizeien anderer Bundesländer wird seit Tagen der „Krawall-Tourismus“ zum 1. Mai in die Bundeshauptstadt überwacht. Verstärkte Fahrzeugkontrollen an Autobahnen und Berlins Einfallsstraßen sollen den Zustrom potenzieller Randalierer hemmen. Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) warnte ausdrücklich: „Ich kann denen, die an eine Beteiligung (an extremistischen Demonstrationen) denken oder dafür sogar anreisen wollen, nur raten, darauf zu verzichten. Wer Verbote missachtet, muss mit konsequenter Strafverfolgung rechnen.“

 Die Justiz macht Überstunden mit verstärktem Personaleinsatz, „um schnell und effektiv“ handeln zu können, sagte Diepgen. „Wir müssen verhindern, dass Berlin zum Zentrum von Straßenterrorismus wird.“

 

„Irgendwann explodieren“

 

 Die Oppositionsparteien im Berliner Abgeordnetenhaus verfolgten die Vorbereitungen zur Verhinderung neuerlicher Ausschreitungen mit Unbehagen. Auch die SPD bedauerte das erstmalige Verbot des Revolutionären Mai-Marsches der extremen Linken bei gleichzeitiger Genehmigung der NPD-Veranstaltung. Das schaffe ein Pulverfass, das „irgendwann irgendwo explodieren wird“, befürchtet Grünen-Fraktionschef Wolfgang Wieland.

 

 © NÜRNBERGER NACHRICHTEN

 

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Die Presse, Wien, Vermischtes 1.5.2001 19:50

Krawalle bei NPD-Aufmärschen in Frankfurt und Mannheim

 

 Frankfurt/Main/Berlin (APA) - Insgesamt rund 3000 Anhänger der rechtsextremen NPD sind am Maifeiertag in Aufmärschen durch mehrere deutsche Städte gezogen. In Frankfurt am Main und Mannheim kam es zu Zusammenstößen mit linken Gegendemonstranten. Die Polizei griff in beiden Städten ein. Dabei wurden in Frankfurt zwei Beamte schwer verletzt. 26 Demonstranten wurden dort festgenommen, 55 kamen in Polizeigewahrsam.

 

 01.05.2001 | 15.54 Uhr

 

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Rhein Zeitung Politik 1.5.2001 18:49

 Linksautonome Mai-Demo bleibt verboten

Urteil bestätigt - Polizei bereitet sich auf Krawalle vor

 

 Berlin - Die traditionelle Großdemonstration linksautonomer Gruppen zum 1. Mai in Berlin bleibt verboten. Das Berliner Oberverwaltungsgericht bestätigte am Montag ein entsprechendes Urteil des Verwaltungsgericht aus der vergangenen Woche. Die Polizei bereitet sich trotzdem intensiv auf Krawalle vor. Innensenator Eckart Werthebach drohte Randalierern "die Härte des Gesetzes" an. Insgesamt sollen 9.000 Beamte aus mehreren Bundesländern zum Einsatz kommen und damit mehr als je zuvor an einem 1. Mai.

 Die Oberverwaltungsrichter schlossen sich der Einschätzung des Verwaltungsgerichts an, dass es bei der von der Antifaschistischen Aktion Berlin (AAB) organisierten Demo unter dem Motto "Kapitalismus bekämpfen - soziale Revolution weltweit" mit "an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" zu Krawallen kommen würde.

 Weiterhin sei es es für das Oberverwaltungsgericht entscheidend gewesen, dass die für die Durchführung der Versammlung Verantwortlichen nichts unternommen hätten, um auf die Vermeidung von Gewalttätigkeiten hinzuwirken, teilte die Pressestelle mit. "Wer unter einem solchen Motto am 1. Mai in Kreuzberg zu einer Demonstration aufruft, weiß nach den Erfahrungen der Vergangenheit, dass es zu gewaltsamen Ausschreitungen kommen wird", hieß es in der Urteilsbegründung.

 Damit darf die Demonstration der Linksautonomen zum ersten Mal seit den 80er Jahren nicht stattfinden. Das polizeiliche Verbot einer Demonstration der rechtsextremistischen NPD am 1. Mai war dagegen gerichtlich aufgehoben worden. Die Polizei rechnet dabei mit 1.000 bis 1.500 Teilnehmern.

 

Werthebach verteidigt Demo-Verbot

 

 Im WDR verteidigte Werthebach das Verbot der linksautonomen Demonstration: "Wir haben 14 Jahre lang hier in Berlin um den 1. Mai herum Straßenterror gehabt bis hin zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Das ist meines Erachtens nicht mehr zuzulassen."

 Im ZDF-Morgenmagazin sagte Werthebach, die Polizei sei in der Lage, frühzeitig Versammlungen aufzulösen, die den Anschein erweckten, dass es zu Ausschreitungen kommen könnte. Schließlich besage das Versammlungsrecht, dass Versammlungen aufgelöst werden könnten, aus denen heraus Gewalttaten begangen werden. "Diesen Nachweis muss man mit hinreichender Sicherheit führen können", sagte Werthebach und fügte hinzu, dies sei bisher bei NPD-Demonstrationen noch nicht gelungen.

 

"PDS scharf beobachten"

 

 Werthebach kündigte an: "Wir werden auch die angekündigte Demonstration der PDS scharf beobachten, ob hier eine Ersatzdemo für die linksextreme Szene vorliegt." Gebe es dafür Anhaltspunkte, und das unterstelle er der PDS, werde auch diese Demonstration verboten. Der CDU-Politiker wies Kritik zurück, er würde eine Eskalation am 1. Mai in Kauf nehmen, um das Versammlungsrecht umgestalten zu können. "Das ist Unsinn, ich bin für die Sicherheit der Berliner verantwortlich", sagte Werthebach. Dass das 50 Jahre alte Versammlungsrecht angepasst werden müsse, sei unbestritten und habe nichts mit dem 1. Mai zu tun.

 

 Zuletzt geändert am 30. April 2001 13:29 von aj

 

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Salzburger Nachrichten Vermischtes 30.4.2001 0:47

Neonazi enttarnt

 Auf die Spur eines mutmaßlichen Neonazis kam die Staatspolizei bei St. Pölten. Der Mann hatte NS-Propagandamaterial und Waffen zu Hause.

 ST. PÖLTEN (SN).

 Im Bezirk St. Pölten wurde ein Mann wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung angezeigt.

 Er soll NS-Propagandamaterial gehortet haben. Bei einer Hausdurchsuchung wurden auch Waffen gefunden. Die Sicherheitsdirektion Niederösterreich bestätigte einen entsprechenden ORF-Bericht. Der jüngere Mann sei keine besonders auffällige Erscheinung, hieß es. Die Hausdurchsuchung hatte bereits am 20. April stattgefunden. Nähere Auskünfte gab es nicht, da der Fall gerichtsanhängig sei. Der mutmaßliche Neonazi dürfte Teil eines rechtsradikalen Netzwerkes mit Kontakten nach Deutschland gewesen sein. Die Staatspolizei hat neben Hakenkreuzfahnen auch Propagandamaterial der rechtsextremen deutschen Partei NPD gefunden.

 Das Ausmaß an Naziabzeichen, Fahnen und Plakaten sei erschreckend gewesen, sagten Ermittler nach einem Bericht von ORF ON Niederösterreich. Auch mehrere Waffen wurden beschlagnahmt.

 Die Staatspolizei ermittelt, ob der Verdächtige Teil einer rechtsradikalen Organisation in Niederösterreich sein könnte. Es gelte vorerst ein Auskunftsverbot durch die Staatsanwaltschaft St. Pölten, wo der Mann angezeigt wurde.

 

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Süddeutsche Zeitung Vermischtes 1.5.2001 21:48

 Nach dem Krawall ist vor dem Krawall

 Die Rechte darf marschieren, die Linke nicht: Tagsüber herrscht am 1. Mai gespannte Ruhe in Berlin [von Mirko Kaupert und Juan Moreno]

 

 Das verstehe er nicht. Ahmed Gülen steht auf der abgesperrten Berliner Oranienstraße und schüttelt den Kopf. „Also, die Rechten wollen mich verprügeln, weil sie mich nicht mögen. Und die Linken , die die Rechten verprügeln, weil sie mich nicht mögen, werden mir heute Nacht die Scheiben meines Lokals einschmeißen.“ Das könne man doch nicht verstehen, sagt Herr Gülen. Er verkauft Döner an der Oranienstraße in Kreuzberg und befürchtet, dass sein Laden bei den Krawallen beschädigt werden könnte. Seit 1987 treffen in der Nacht vom 1. auf den 2. Mai einige hundert Randalierer auf einige hundert Polizisten. Das Ergebnis im letzten Jahr waren 400 Festnahmen, 250 verletzte Polizisten und eine verwüstete Straße.

 

Maoisten bleiben ruhig

 

 Am gestrigen Nachmittag ist noch alles ruhig. Die Kreuzberger sitzen in der Sonne, trinken Kaffee und schieben ihre Kinderwagen durch die Straßen. Nur einzelne beschweren sich über die ständigen Ausweiskontrollen der Polizei.

 Ausschreitungen erwarten sie jetzt noch nicht, weder von den paar hundert Maoisten auf dem Oranienplatz, noch von den rund 2000 linken Demonstranten drüben auf dem Lausitzer Platz.

 Ahmed Gülen sagt: „Noch nicht.“ Falls es so ruhig bleibt, wird Innensenator Eckart Werthebach (CDU) sagen, es sei sein Verdienst gewesen. Zum ersten Mal in der Geschichte der „Revolutionären 1. Mai-Demonstration“ hat er die Veranstaltung verboten. Kritiker werfen ihm vor, damit zur Eskalation beizusteuern. Werthebach wiegelt ab. Genau das Gegenteil sei seine Absicht. Jedes Jahr diese Zerstörungen und Ausschreitungen, das könne ein Rechtsstaat nicht tolerieren.

 Vorsichtshalber hat er die Zahl der eingesetzten Polizisten nochmal erhöht. 9000 Beamte aus dem gesamten Bundesgebiet sind in Berlin im Einsatz. Werthebach Demonstrationsverbot hat das Verwaltungsgericht am Samstag, das Oberverwaltungsgericht dann am Montag bestätigt. „Dass die Leute unter dem Motto ‘Das Ende der Gewalt‘ demonstrieren, reicht nicht aus. Auf Grund der Erfahrung der letzten Jahren müssten sich die Veranstalter viel deutlicher von den Krawallen distanzieren“, sagt eine Justizsprecherin.

 Die 1.- Mai-Demonstration der NPD unter dem Motto „Arbeitsplätze zuerst für Deutsche“ konnte der Innensenator nicht verhindern. Das Gericht entschied, dass die Rechtsextremen marschieren dürfen. Nicht im Zentrum der Stadt, wie gewünscht, sondern in Höhenschönhausen, einem Ortsteil im Osten der Hauptstadt.

 Die Strategie der Rechten ist damit vorläufig aufgegangen. Bei ihren Demonstrationen geht es traditionell ruhig und diszipliniert zu. Die NPD hält ihre Mitglieder dazu an, keine Gesetze zu brechen, damit sie auch in Zukunft demonstrieren können.

 Vielleicht ist Horst Mahler, Ex-Linksextremist und Chef-Agitator der NPD deshalb so gut gelaunt an diesem 1. Mai. Sein Auftritt wird begleitet von einem Dutzend Kamerateams, viele davon aus dem Ausland. Zwei junge Frauen an seiner Seite schreien immer wieder „Nationaler Widerstand“ ins Megafon, hinter ihnen marschieren 700 polierte Glatzen mit frisch geputzten Springerstiefeln. Um die 500 Gegendemonstranten tauchen auf, sie versuchen die Marschmusik der NPD mit Trillerpeifen und Stinkefingern zu bekämpfen. Um sie kümmert sich ein riesiger Polizeiaufgebot. Über 2000 Polizisten halten die beiden Lager auseinander. Zu Übergriffen kommt es nicht. „Verglichen mit gestern ist das heute Entspannung“, sagte ein Polizeibeamter.

 Mit „gestern“ meinte er die Walpurgisnacht. Nach einigen Straßenfesten in der Stadt war es in den Bezirken Prenzlauer Berg und Friedrichshain zu Straßenschlachten zwischen Polizeibeamten und Steinewerfern gekommen. Rund 6000 Jugendliche fingen gegen Mitternacht im Prenzlauer Berg an, mit Flaschen, Steinen und Feuerwerkskörpern zu werfen. Die Polizei brauchte rund zwei Stunden, um die die Situation endlich zu beruhigen. „Wir sind sehr konsequent eingeschritten“, sagte ein Polizeisprecher. Dass am Mauerpark eine Baracke von rund 1500 reichlich betrunkenen Jugendlichen abgefackelt wurde, konnten die Beamten trotzdem nicht verhindern.

 

Der Senator hat immer Recht

 

 „Rein polizeitaktisch ist das Verbot der linken Demo nicht unbedingt ein Vorteil“, erklärt ein Polizeisprecher. Es sei viel leichter, einen ganzen Pulk von Menschen zu kontrollieren als einzelne verstreute Gruppen in Griff zu bekommen. Senator Werthebach glaubt trotzdem, dass seine Entscheidung richtig war: „Es besteht Demonstrationsverbot. Wer sich auffällig verhält oder einfach nur so stehen bleibt, wird aufgefordert zu gehen. Macht er das nicht, wird er in Gewahrsam genommen.“

 Eigentlich kann er nur gewinnen. Kommt es nicht zu Ausschreitungen, war seine Taktik richtig. Kommt es, vielleicht weil er die Demo verboten hat, zu größeren Krawallen, wird er ein Verschärfung des Versammlungsrechts fordern. Die Zentrale der Kreuzberger PDS jedenfalls – ganz in der von Herrn Gülens Lokal – hat ihren Eingang mit Stahlgittern verbarrikadiert.

 

sueddeutsche.de

 © 2000 Süddeutsche Zeitung GmbH / SV online GmbH

 

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Der Standard (Wien), Vermischtes 1.5.2001 21:46

TAG DER ARBEIT

 Krawalle zum 1. Mai in Deutschland

 

 Berlin/London - In Berlin ist es in der Nacht zum 1. Mai zu Krawallen gekommen. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein, nachdem Randalierer Straßenbarrikaden errichtet hatten. Am 1. Mai fanden dann in mehreren deutschen Städten Aufmärsche von Rechtsextremisten und Gegendemos statt. In den vergangenen Jahren war es am 1. Mai zu Krawallen gekommen. Daher hatte Berlins Innensenator die "Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration" der Autonomen verboten, der Aufmarsch der rechtsradikalen NPD wurde genehmigt. In Berlin kam es vorerst zu keinen Ausschreitungen, in Frankfurt schon:

 Rechte und linke Demonstranten bewarfen einander mit Steinen, zwei Polizisten wurden schwer verletzt.

 In London ist Dienstag das größte Polizeiaufgebot seit Jahren zusammengezogen worden, um Übergriffe bei einer Demonstration zu verhindern. Vor einem Jahr waren beim Protestzug durch die Londoner Innenstadt am 1. Mai Geschäfte verwüstet worden. (APA)

 

 © DER STANDARD, 2. Mai 2001

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Tagesschau Vermischtes 1.5.2001 21:39

 Rechte und Linke demonstrieren bundesweit

 

Extremisten von rechts und von links haben den Mai- Feiertag zu Kundgebungen, Provokationen und teils heftigen Krawallen genutzt. In bisher nicht gezeigter Stärke marschierte die von einem Parteiverbot bedrohte rechtsextreme NPD auf: Insgesamt rund 4000 ihrer Anhänger gingen in mehreren deutschen Städten auf die Straße. Vor allem in Frankfurt/Main, Mannheim und Essen kam es zu Zusammenstößen mit linken Gegendemonstranten. Die größte rechtsextreme Kundgebung meldete Dresden, wo etwa 1500 Teilnehmer gezählt wurden. Das Bundesverfassungsgericht hatte noch am Vormittag mit zwei Eil-Entscheidungen weitere NPD-Aufmärsche in Augsburg und Essen erlaubt.

 

Zusammenstöße in Frankfurt

 

 Rechte und linke Demonstranten lieferten sich in Frankfurt mehrmals Schlägereien, obwohl die Polizei Wasserwerfer und Schlagstöcke einsetzte. Eine Gruppe von 200 bis 300 Linken stoppte nach Polizeiangaben eine U-Bahn, in der sich Rechtsradikale befanden. Beide Gruppen bewarfen sich mit Steinen. An anderer Stelle seien Beamte später von Demonstranten plötzlich "überfallartig" mit Steinen und Holzlatten angegriffen worden, sagte ein Frankfurter Polizeisprecher. Dabei wurden zwei Polizisten schwer verletzt. Mehrere Angreifer wurden festgenommen, insgesamt zählte die Polizei 26 Festnahmen. 55 Demonstranten kamen in Gewahrsam.

 In Mannheim hielten mehrere hundert Demonstranten aus der autonomen Szene den Zug der etwa 300 Rechtsextremen durch eine Sitzblockade auf. Ein Großaufgebot der Polizei trennte beide Seiten voneinander. Die Beamten kesselten die Blockierer ein, mehrere linke Demonstranten wurden festgenommen.

3000 Menschen hatten am Vormittag in Mannheim friedlich gegen Neonazis demonstriert.

 Im Berliner Stadtteil Hohenschönhausen demonstrierten bis zum Mittag etwa 700 NPD-Anhänger. Die Polizei verhinderte ein Zusammentreffen mit Gegendemonstranten. 9000 Beamte waren den ganzen Tag über in der Hauptstadt im Einsatz.

 

Friedman: "Offenbarungseid der Justiz"

 

 Der stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Michel Friedman, sprach mit Blick auf die genehmigten rechtsextremen Demonstrationen von einem "Offenbarungseid der Justiz in Deutschland".

 "Es ist das falsche Signal, das die Engagierten entmutigt und die Menschenhasser ermutigt", sagte Friedman der "Berliner Morgenpost" (Mittwochausgabe).

 

 © ARD-aktuell

 

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TAZ Vermischtes 1.5.2001 22:41

 die anderen

 

 Die Neue Osnabrücker Zeitung meint zum Verbot der Kreuzberger Maifestspiele: Wie passt das zusammen? In Berlin wird die Demonstration der linken Autonomen zum 1. Mai verboten, die der NPD jedoch erlaubt. Verständnis kann es für diese Entscheidungen nicht geben. Es müsste schon ein Wunder geschehen, wenn es bei dem Auftritt der Nationaldemokraten nicht zu schweren Krawallen kommen würde. Den Kopf hinhalten müssen dann wieder die Polizisten, die trotz innerlicher Ablehnung die braune Garde vor gewaltbereiten Roten zu schützen haben. Das Demonstrationsrecht ist wahrlich ein hohes Gut, das nicht angetastet werden darf. Aber hier droht durch die Störung des Rechtsfriedens schwerer Schaden für die unmittelbar Betroffenen wie für das Ansehen der Metropole insgesamt. Deshalb wäre bei einer sorgsamen Güterabwägung ein Verbot beider Demonstrationen die überzeugendste Lösung gewesen.

 

 taz Nr. 6435 vom 2.5.2001, Seite 11, 21 Zeilen Dokumentation

 

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TAZ Vermischtes 1.5.2001 22:40

 Steinhagel für Demoverbot

 

 9.000 Polizisten und das Verbot der "Revolutionären 1.-Mai-Demonstration" verhindern die übliche Randale in Berlin nicht - im Gegenteil. Verfassungsgericht erlaubt bundesweit NPD-Demos

 

 BERLIN taz Nach einem zunächst weitgehend ruhigen Nachmittag ist es am Abend in Berlin dann doch zu den schon traditionellen Krawallen im Anschluss an die Demonstrationen zum 1. Mai gekommen. Bei dem Versuch der Polizei, einen Platz in Kreuzberg zu räumen, eskalierte die Lage. Das Volksfest geriet zur Straßenschlacht: Fensterscheiben gingen zu Bruch, Autos wurden umgestürzt. Schon in der Nacht zu Dienstag hatte es im Stadtteil Friedrichshain Randale gegeben. Die großenteils alkoholbedingte Aufregung war dann aber abgeflaut.

 Zugleich sind in mehreren deutschen Großstädten zum gestrigen Tag der Arbeit insgesamt etwa 3.000 Neonazis aufmarschiert - während mehrere tausend Gegendemonstranten protestierten.

 Besonders empört waren linke Gruppen in der Hauptstadt darüber, dass eine für den Abend geplante "Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration" von Innensenator Eckart Werthebach (CDU) verboten worden war. Dies galt auch für eine geplante NPD-Demonstration, die aber im Gegensatz zur linken Demo von den Gerichten unter Auflagen zugelassen wurde.

 So konnten etwa 900 Neonazis im Randbezirk Hohenschönhausen demonstrieren. Rund 350 Gegendemonstranten protestierten dagegen. In ganz Berlin sollten 9.000 Polizisten für Ruhe sorgen - so viel wie noch nie.

 Das gelang nur am Anfang.

 Friedlich dagegen verlief eine DGB-Demonstration in der Hauptstadt. Dahin strömte bei strahlendem Wetter strömten etwa 10.000 Menschen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) wurde bei der DGB-Hauptkundgebung in Rostock wegen seiner "Drückeberger"-Aussagen von Arbeitslosen heftig kritisiert.

 Per Eilentscheidung erlaubte das Bundesverfassungsgericht gestern zudem NPD-Aufzüge in Essen und Augsburg. Diese Beschlüsse stießen auch in Justizkreisen auf Unverständnis. Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden, Michel Friedman, sprach von einem Offenbarungseid der Justiz. Auch in Mannheim und Dresden versammelten sich jeweils mehrere hundert Rechte - linke Demonstranten protestierten in ähnlicher Anzahl gegen sie. Am erfolgreichsten waren die Linken in Frankfurt am Main:

 Dort gelang es den rund 6.000 Gegendemonstranten, 800 Neonazis durch Barrieren auf den Schienen an der Anfahrt mit der U-Bahn zu einer Demonstration in der Innenstadt zu hindern.

 Sowohl in Mannheim wie in Frankfurt kam es jedoch auch zu teilweise schweren Auseinandersetzungen zwischen Rechten, Linken und der Polizei.

 

taz Nr. 6435 vom 2.5.2001, Seite 1, 87 Zeilen TAZ-Bericht GES

 , veränderter Artikel in allen taz-Ausgaben

 

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Volksblatt Würzburg Politik 1.5.2001 20:50

 Mit erhobenen Springerstiefeln nahm am Dienstag ein Mann in Dresden an einer NPD-Demonstration teil.

Dienstag, 01.05.2001 - Weltspiegel

 

 Die Genehmigung für den Aufmarsch der rechtsextremen Partei am 1. Mai war nur unter der Auflage gegeben worden, keine Springerstiefel zu tragen und im Zug nur 20 Fahnen mitzuführen. Mehrere Dutzend Gegendemonstranten protestierten gegen den Aufmarsch der NPD. Er war zunächst verboten worden, das Oberverwaltungsgericht ließ ihn dann aber doch zu.

 

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Volksstimme Magdeburg Politik 1.5.2001 19:59

 

 01.05.2001 Thema des Tages:

 Immer wieder Krawalle am 1. Mai in Berlin

 

 Berlin - Seit 1987 kommt es in Berlin am 1. Mai immer wieder zu Krawallen. In diesem Jahr wurde erstmals eine «Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration» verboten. Die dpa dokumentiert die wichtigsten Ereignisse:

 1987 - Im Bezirk Kreuzberg kommt es zu dem schwersten Ausbruch von Gewalt seit Jahren. An Plünderungen beteiligen sich auch «ganz normale Bürger». Rund 900 junge Menschen liefern sich Straßenschlachten mit der Polizei. Bei den rund zwölfstündigen Unruhen werden Geschäfte geplündert und Autos angezündet. Es gibt 55 Freiheitsentziehungen wie Haft und Polizeigewahrsam. 245 Polizisten werden verletzt.

 1989 - Kreuzberg und Neukölln erleben eine der schwersten Ausschreitungen. Bei den Krawallen von rund 2 000 Randalierern werden rund 350 Polizisten verletzt. Es entstehen Schäden in Millionenhöhe.

 1991 - Nach der Wiedervereinigung zieht die «Revolutionäre 1.-Mai- Demonstration» erstmals in den früheren Ostteil der Stadt. Nach dem Aufzug durch Friedrichshain kommt es zu Krawallen, die sich später in Kreuzberg fortsetzen. Die Bilanz: 181 Freiheitsentziehungen und 88 verletzte Polizisten.

 1997 - Bei Ausschreitungen in Kreuzberg, Mitte und Prenzlauer Berg werden 437 Menschen festgenommen.

 1998 - Nach schweren Krawallen bieten einige Straßen im Bezirk Prenzlauer Berg ein Bild der Verwüstung. Überwiegend junge Menschen plündern Läden und errichten brennende Barrikaden.

 1999 - Die Polizei führt eine neues Präventionskonzept ein. Dennoch kommt es in Kreuzberg zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Autonomen und Polizisten. Die Bilanz: 139 verletzte Beamte und 213 Freiheitsentziehungen.

 2000 - Nach einem friedlichen Tag mit einer umstrittenen NPD-Kundgebung eskaliert nach Einbruch der Dunkelheit die Gewalt. Im Anschluss an eine «Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration» von Linken brennen in Kreuzberg die Barrikaden. Rund 6500 Polizisten nehmen 400 Menschen fest.

 2001 - Innensenator Eckart Werthebach (CDU) verbietet eine für den 1. Mai geplante NPD-Demonstration und erstmals die gewaltträchtige «Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration» am Abend. Das Verbot des NPD-Aufmarsches wird gerichtlich aufgehoben. PDS und Grüne werfen Werthebach vor, eine Eskalation der Gewalt zu provozieren. Ein Rekordaufgebot von 9000 Polizisten soll Ausschreitungen verhindern.

 

 (dpa)

 

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Zeit Politik 30.4.2001 13:19

Rechtsextremismus - Die Zonen der Verharmlosung

 

 Warum es der Polizei in Ostdeutschland nicht gelingt, die rechtsextremistische Gewalt einzudämmen [von Michael Schwelien]

 

 Dafür legt Thomas Uslaub seine Hand ins Feuer: "So etwas wie Hoyerswerda wird nie wieder passieren." Woher die Zuversicht? Was ist besser geworden in den vergangenen zehn Jahren? Damals hatte ein rassistischer Mob in den tristen Neubauvierteln der Retortenstadt Jagd auf Asylbewerber gemacht. Die Polizei schaute zu. Es war nicht der erste grauenhafte Überfall auf Ausländer in den neuen Ländern. Der ereignete sich in Eberswalde, wo Ende November 1990 eine halbe Hundertschaft Neonazis mit Knüppeln und Messern über eine Gruppe von Afrikanern herfiel, von denen einer, der Angolaner Amadeu Antonio Kiowa, nicht mehr aus dem Koma erwachen sollte.

 Und seither? Dresden, Magdeburg, Neuruppin, Guben, Erfurt, Ahlbeck –

Dutzende ostdeutscher Städte gerieten in die Schlagzeilen. Als Stätten rechter Gewalt, wo Täter brüllten: "Penner klatschen", "Schlagt die Zecken tot", "Fidschis raus aus Deutschland". Otto Schily, eigentlich kein Verharmloser, spricht von 36 Toten zwischen 1990 und 2000 in ganz Deutschland. Der "regionale Schwerpunkt" des rechten Terrors ist für den Bundesinnenminister "eindeutig Ostdeutschland". Recherchen der Frankfurter Rundschau und des Berliner Tagesspiegels erbrachten eine noch schrecklichere Bilanz rechter Gewalt: 94 Menschen, die starben, weil jemand Hass auf "Andersartige", auf "Fremde", auf "Minderwertige" empfand. Die Hälfte der Taten wurde im Osten verübt, wo weit weniger Menschen leben als im Westen und wo Ausländer eine sehr viel kleinere Minderheit sind.

 Es ist alles noch viel schlimmer gekommen seit Hoyerswerda. Die Bedrohung für den Rechtsstaat ist nicht geringer als jene durch den Linksextremismus im so genannten deutschen Herbst 1977.

 Aber was tut die Polizei in den neuen Bundesländern? Müsste sie nicht den Skinheads und den "Kameradschaften" permanent und schmerzhaft auf die Füße treten, um zu zeigen, wer das Gewaltmonopol innehat? Sind nicht längst Ideen fällig, so effektiv und fantasievoll wie jene, mit denen seinerzeit das Bundeskriminalamt unter Horst Herold die Rote-Armee-Fraktion besiegte?

 Die Antwort sollte ein entschiedenes Ja sein. Aber die Wirklichkeit ist ernüchternd. Die Polizei nimmt die rechtsradikale Gewalt nicht ernst. Zum Beispiel Thomas Uslaub. Der Dresdener mit dem gewinnenden Lächeln ist Pressesprecher des sächsischen Innenministeriums. Er "verkauft" die Polizeiarbeit. In Sachsen, sagt Uslaub, hat die Polizei alles im Griff. Natürlich.

 Ministerpräsident Kurt Biedenkopf hatte im vergangenen Herbst in einem Interview gar behauptet, seine Sachsen seien "völlig immun gegen Rechtsextremismus".

 Uslaub trägt heute meist Zivil. Aber in seinem Schrank liegen noch die schwarze Windjacke und die schwarze Baseballkappe der Soko Rex. Diese sächsische Sonderkommission Rechtsextremismus genießt in Polizeikreisen einen legendären Ruf. Sie wurde nach Hoyerswerda gegründet. Uslaub war lange ihr Chef. Er schwelgt in der Erinnerung: der coole schwarze Dress, die schnellen Autos, die Laptops für jeden Beamten, damit Steckbriefe und Vorstrafenregister jederzeit abgefragt werden können. Wie er so spricht, sieht man die Fernsehvorbilder: Nur Miami Vice kam noch schicker daher.

 Aber schick, kann es das schon gewesen sein? Überhaupt: Reicht eine Sonderkommission mit gerade 50 Leuten, um in dem Bundesland, in dem die NPD ihren stärksten Landesverband hat, der Rechtsextremisten Herr zu werden? Ist Uslaubs Zuversicht nur ein Pfeifen im Walde? In Hoyerswerda, ebenso in Rostock, nach den Überfällen auf die Unterkunft der Vietnamesen im Stadtteil Lichtenhagen, da redete so mancher Polizist offen daher, bekannte keineswegs nur klammheimliche Sympathie mit dem rassistischen Mob. Aber heute, dies hat sich geändert, wägt auch der einfache Beamte seine Worte. Die Polizei selbst hat sich nie die Mühe gemacht, nach innen zu schauen, hat auch keine wissenschaftlichen Untersuchungen zugelassen über die Frage, wie sie mit dem Rechtsextremismus umgeht.

 "Hier ist es schlimmer als bei uns mit der Mafia", sagt ein Italiener

 Weit muss man indes nicht schauen, um zu erkennen, wo sie gefordert wäre.

 Wie tief die Angst sitzt, offenbart schon ein abendlicher Bummel durch die Alaunstraße, Dresdens Kneipengasse, ganz nahe dem Ministerium. Die Landeshauptstadt "multikulturell": türkische Döner-Imbisse, eine spanische Tapasbar, italienische Pizzerien - und jedem Kellner graust es vor dem nächtlichen Heimweg. Manche überspielen ihre Gefühle, kehren den starken Mann heraus. Aber alle machen sich nach Feierabend so schnell wie möglich aus dem Staub. Ein Neapolitaner vergleicht auf seine Weise: "Hier ist es schlimmer als bei uns mit der Mafia."

 Für Uslaub aber ist Angst "relativ". Einen Begriff wie Schilys "Angstzonen" (gemünzt auf das, was die Rechten "national befreite Zonen" nennen) mag er nicht hören. Er fragt zurück: "Würden Sie nachts über einen Friedhof laufen?" Verharmlosung. Aber er beharrt: Angst lasse sich nur schwer bekämpfen, der Rechtsextremismus dagegen leicht: "Die meisten Täter jugendlich ... männlich ... ein Viertel der Straftaten am eigenen Wohnort ... Alkohol beinahe immer im Spiel ... hinterher redet immer einer." So einfach ist das.

 Von Dresden führt die B 172 in die Sächsische Schweiz. Und so gern man sich vom Optimismus des Pressesprechers anstecken lassen würde, so bitter ist die Wahrheit in dieser lieblichen Landschaft. In der Kreisstadt Pirna, ein paar Kilometer die Elbe hinauf in Richtung tschechische Grenze, beginnt das Gebiet einer "Kameradschaft", die sich Skinheads Sächsische Schweiz nennt, kurz SSS.

 Sie ist straff organisiert, veranstaltet paramilitärische Übungen, probt die Hatz auf Ausländer - inzwischen ist sie offiziell verboten worden, aber das wird die erfahrenen Nazikader wenig stören.

 Auf ihre Weise unterstützt die SSS die Polizei; sie macht Beamte auf illegale Grenzgänger aufmerksam, Anruf per Handy: "Da kommen bei Schöna schon wieder welche rüber." Die SSS gibt sich legal, wenn sie der NPD, die bei Kommunalwahlen im Landkreis Sächsische Schweiz schon über zehn Prozent einfuhr, als Saalordner dient oder an Wahlkampfständen Zettel verteilt. Bei einer Razzia im vergangenen Sommer durchsuchten gut 250 Polizisten von außerhalb 50 Wohnungen. Sie fanden Sprengstoff, Granaten, Teile von zerlegten Pistolen, von Gewehren und sogar von Panzerfäusten. Es zeigte sich, dass angesehene Bürger zur SSS gehörten. Über ein noch erschreckenderes Detail berichtete die Frankfurter Allgemeine damals am Rande: "Der mehrfach geäußerten Vermutung, dass sich unter den Verdächtigten auch Kinder von Polizisten und Bundesgrenzschützern befänden, widerspricht der Sprecher des Landeskriminalamtes, Hofner, nicht." Auch Uslaub widerspricht nicht. Aber jetzt gibt sich der vorher so beredte Mann zugeknöpft. Und führt nolens volens zum eigentlichen Problem: Die Polizei ist nur so gut (oder schlecht) wie ihr schwächstes Glied, der einfache Beamte im örtlichen Revier. Womit wir doch wieder bei Hoyerswerda wären.

 Plötzlich zeigt sich ein ganz anderer Uslaub, einer, der nun auch für das Versagen in Hoyerswerda Verständnis zeigt. Denn auch er diente einst bei der Volkspolizei. Und damals, so kurz nach der Wende, "wussten wir ja alle nicht, was wir dürfen und was nicht, überhaupt, was aus uns werden würde". Diese Unsicherheit ist das zweite große Problem der Polizei im Osten. Uslaub, typisch für viele Polizisten mit Vopo-Vergangenheit, überspielt sie nur.

 Zur Entschuldigung der Polizei sei vorgebracht, dass viele Politiker die Gefahr von rechts überhaupt nicht wahrhaben wollen. Werfen wir einen Blick nach Brandenburg. Dort verschloss der sozialdemokratische Landesvater Manfred Stolpe bis vor kurzem die Augen davor, dass auch Brandenburg ein Schwerpunkt rechtsextremistischer Straftaten ist. Und sein Innenminister Jörg Schönbohm vom konservativen Flügel der CDU relativiert noch heute die Gewalt von rechts mit ständigem Verweis, Linksextremisten seien genauso schlimm.

 Nur muss man die in Brandenburg mit der Lupe suchen.

 Bevor er nach Potsdam kam, war Schönbohm Innensenator in Berlin; und dort hatte er in Wahlkämpfen das aus New York kommende Polizeikonzept der Zero Tolerance propagiert, jedenfalls zur allgemeinen Verbrechensbekämpfung: massive Präsenz, sofortige Festnahmen auch wegen der kleinsten Vergehen - die Polizei sollte nicht die geringfügigste Straftat tolerieren. Hartes Durchgreifen gegen grölende Skinheads und Nazikameraden, sei es nur wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses - hätte ihnen damit nicht die Herrschaft über die Straße abgetrotzt werden können? Schönbohm hat es gar nicht erst versucht.

 Wenigstens hat Brandenburg (wie auch Sachsen-Anhalt) Schilys Angebot angenommen, den Bundesgrenzschutz zur Verstärkung auszusenden. Hundert BGS-Beamte wurden in die Lausitz geschickt. Dort leisten sie seit ein paar Wochen so etwas wie den guten alten Streifendienst. Schon wenn sie sich auf einsamen Bahnsteigen aufhalten, wenn sie durch die Züge laufen, weiche das Gefühl der Angst - so argumentiert das Bundesinnenministerium. Nur, eine Hundertschaft in einem Flächenland wie Brandenburg, viel kann auch sie nicht bewirken. Gleichwohl hat das Konzept - Präsenz zeigen, keine rechtsfreien Räume entstehen lassen - Sinn, vielleicht mehr Sinn als das der meist erst im Nachhinein zugreifenden Sonderkommissionen.

 Wiewohl auch Brandenburg seine Sokos einsetzt. Hier heißen sie Mega: Mobile Einsatztrupps gegen Gewalt und Ausländerfeindlichkeit. Die Einheit ist mit 50 Beamten nicht größer als jene in Sachsen. Sie wurde erst 1998 gegründet. Aber irgendetwas muss in der kurzen Zeit ihrer Existenz schrecklich schief gelaufen sein. Was genau, lässt sich nur erahnen. In Brandenburg mag kein leitender Polizeibeamter zu den als "politisch" empfundenen Vorgängen offen Auskunft geben. So viel aber wurde bekannt: Einem internen Bericht des Landeskriminalamtes zufolge empfinden die Beamten bei den Megas ihren Dienst als "Karriereknick". Das klingt wie: Strafversetzung.

 Das Einzige, was Schönbohm einfiel, ist eine Strukturreform. Die Mega-Beamten wurden aus dem LKA herausgelöst und direkt den Polizeipräsidien unterstellt.

 Zugleich will er die Zahl der Polizeipräsidien verkleinern. Der mögliche Gewinn an Basisnähe geht so gleich wieder verloren. Die Vermutung, dass Parteipolitik hinter den Strukturreformen steckt, ist nicht abwegig. Eines der Polizeipräsidien, das in Eberswalde, wird seit neun Jahren von Uta Leichsenring geführt. Sie hat sich einen Namen gemacht, da sie mit der Tradition des Schweigens brach und hart gegen Polizisten durchgriff, die Vietnamesen misshandelten. Leichsenring wurde zu einer Symbolfigur im Kampf gegen rechts. Die SPD würde sie gern als Vorzeigemitglied gewinnen. Schönbohm schlägt auf Leichsenring, wenn er Stolpe treffen will. Die Polizeipräsidentin würde durch die Zusammenlegung der Präsidien abserviert.

 

 Wer will schon einsehen, dass er völlig überfordert ist?

 

 Unsere Spurensuche bei der Polizei führt weiter nach Greifswald, im dünn besiedelten Vorpommern. Im Zimmer von Kriminalrat Thomas Krense, dem Leiter der Dienststelle, hängt jene Karte, in der die Zeitung Die Woche "Zonen der Angst" im Osten Deutschlands eingetragen und Greifswald zur "von Neonazis erfolgreich unterwanderten Stadt" erklärt hatte. Krense fühlt sich dadurch persönlich angegriffen. Für ihn ist der Rechtsextremismus "zunächst einmal ein Definitionsproblem". Er erinnert an die beiden Obdachlosen, die im vergangenen Sommer in Greifswald und in Ahlbeck zu Tode geprügelt wurden.

 Die Täter sind längst gefasst und verurteilt. Krense redet lange, um seine Theorie zu erklären. Die Schläger handelten nicht so sehr als Neonazis, sie sind schlicht gewalttätige Menschen, die zufällig der NPD angehören.

 Andererseits will er nicht verharmlosen. Er holt aus zur großen soziologischen Erklärung: "Rechtsradikale Einstellungen" gehörten "durchaus zur Jugendkultur". Viele 14- bis 25-Jährige befänden sich in einer Phase "normabweichenden Verhaltens". Zu konstatieren seien "Erziehungsdefizite".

 Die "Hemmschwelle zur Gewaltanwendung" sei gesunken. In der Region beende bald jeder Dritte die Schule nur noch mit Hauptschul- oder ganz ohne Abschluss, "und die, die etwas gelernt haben, ziehen weg". Aufgrund des "Alkoholmissbrauchs" ergebe sich ein "explosiver Cocktail". Für ihn aber bleibe entscheidend, "welche Straftaten begangen" wurden. Und das sei, wie gesagt, eine Definitionsfrage: "Handelt es sich um politisch motivierte Straftaten oder um Straftaten zur Systemüberwindung?"

 

 Für den Laien mag beides als dasselbe erscheinen. Für die Polizei und ihre Statistiken aber ist eine Straftat von Rechtsextremisten nur dann eine rechtsextremistische Straftat, wenn sie direkt die Beseitigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zum Ziel hat. Und das will jemand, der einen Obdachlosen erschlägt, dann vielleicht doch nicht. Setzt man also die Messlatte hoch an, was auch Krense und etliche Innenminister gern tun, dann verschwindet das Problem, gerät der Rechtsextremismus aus dem Visier. Und dann steht der einzelne Polizist, der sich vielleicht wirklich müht, auf verlorenem Posten.

 Wie Uslaub hat auch Krense seinerzeit bei der Volkspolizei angefangen. Und wie auch bei Uslaub drängt sich der Eindruck auf, dass sich da einer für den westdeutschen Reporter besonders offen geben möchte. Für Krense ist das Angebot zur Entsendung des BGS, das Mecklenburg-Vorpommern nicht annahm "Wahlkampf". Er will wie so viele im Osten einfach nicht wahrhaben, was schnell offenbar wird: dass nämlich seine Dienststelle völlig überfordert ist.

 In der Universitätsstadt Greifswald gibt sich die NPD unter ihrem Kreischef Maik Spiegelmacher, der schon wegen versuchten Mordes an einem Ausländer einsaß, heutzutage bürgerlich. Was kann Krense gegen ihre Demonstrationen tun, wenn sie keine Straftaten ankündigt? Nichts. Doch es ist nicht nur die gerissene Taktik eines Mannes wie Spiegelmacher, auf dessen Finger die Buchstaben HASS tätowiert sind, die Krense zu schaffen macht. Die schiere Größe der Aufgabe ist sein eigentliches Problem. In seinem Zuständigkeitsbereich, wo schon 13-Jährige zu den "Kameradschaften" stoßen, leben gut 250 000 Menschen. Die Krense unterstellte Staatsschutzabteilung und die Sonderkommission, die hier in Mecklenburg-Vorpommern Maex heißt (Mobile Aufklärung Extremismus) umfassen jeweils: vier Beamte. Die beiden Landkreise, in denen sie nach politischen Gewalttätern zu fahnden haben, wo sie aber auch in Schulen aufklären und bei Bürgerversammlungen Rede und Antwort stehen, sind groß. Es kann vier Stunden, eine halbe Schicht, dauern, bis sie an den entfernteren Einsatzorten ankommen. Der Leiter von Krenses Staatsschutzabteilung, Kriminalhauptkommissar Harald Bruder, wirkt genauso überlastet wie sein Chef. Sein größtes Problem ist es, den Dienstplan einigermaßen verträglich zu organisieren.

 "Wir forschen die Szene aus", will Krense gleichwohl glauben. Die "Szene" lacht darüber. Als der Kriminalrat mich in einen ihrer stadtbekannten Treffs führt, werden wir ganz schnell wieder hinauskomplimentiert: "Dies ist ein Jugendclub, hier haben Sie nichts zu suchen."

 

 (c) DIE ZEIT 17/2001

 

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Zeitungsgruppe WAZ Wirtschaft 1.5.2001 23:35

 Zum 1. Mai für mehr Arbeit und gegen Rassismus

 

 ERFURT/SUHL (TA/wdb). Auf den engen Zusammenhang von Massenarbeitslosigkeit und rechtsextremistischen Erscheinungen verwies gestern der stellvertretende Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde, Prof. Dr. Reinhard Schramm.

 Der erforderliche Ruck für eine Wende auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt müsse vor allem die politisch Zuständigen in Bund und Ländern erfassen, forderte er auf der DGB-Kundgebung zum 1. Mai in Erfurt.

 Er kritisierte dabei die ablehnende Haltung der CDU zu dem im Bundestag verabschiedeten Antrag "Gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Gewalt". Schramm plädierte deshalb für ein gemeinsames Landesprogramm aller demokratischen Parteien und Organisationen. "Die Vorbehalte der Thüringer CDU zu einem Landesprogramm scheinen überwindbar", sagte Schramm und sprach sich gleichzeitig für ein Verbot der NPD aus.

 Die etwa 700 Teilnehmer zogen dann von der Thüringer Staatskanzlei zum Wenigemarkt. Dort hatten sich insgesamt rund 3000 Erfurter eingefunden, die bei herrlichstem Wetter auch das umfangreiche kulturelle Angebot nutzten. Wegen der Bauarbeiten am Anger gab es diesmal für den traditionellen Kundgebungsort keine Genehmigung. Im nächsten Jahr wollen wir dorthin zurückkehren, versichert Hauptorganisator Hans-Hermann Hoffmann vom DGB Mittelthüringen.

 Ohne Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme im Westen würde die Erwerbslosenquote bei über 20 Prozent liegen, sagte DGB-Landeschef Frank Spieth auf der zentralen Kundgebung des Thüringer Gewerkschaftsbundes in Suhl. Er übte herbe Kritik an der Landesregierung wegen des neuen Personalvertretungsgesetzes. Sowohl der DGB als auch die Landesvorsitzenden von SPD, PDS und Bündnis 90/Grüne sprachen sich für eine weitere Unterstützung der Bewegung "Volksbegehren für mehr Demokratie" aus.

 

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