Gedenken des 9. November 1938

Presse-Info - 2001

 

 

 

Berliner Zeitung Lokales 9.11.2001

Berlin-Online: Erinnerung an Pogromnacht

PRENZLAUER BERG [rb.]

Berlin - An die Schändung jüdischer Einrichtungen in der Nacht zum 10. November 1938 erinnert eine Gedenktafel, die gestern am Gebäudekomplex Rykestraße 53 angebracht wurde. Während der Pogromnacht war die Inneneinrichtung der Synagoge auf dem Hinterhof des Grundstückes vernichtet worden. Nur einige Straßenzüge weiter, in der Choriner Straße, wurde das Inventar der VI. jüdischen Volksschule von aufgeputschten Kindern und Erwachsenen zerstört. Dagegen blieben die Räume der beiden jüdischen Schulen im Vorderhaus der Rykestraße 53 zunächst unversehrt.

Diese Einrichtungen wurden dann 1941 von den Nazis zwangsweise geschlossen. (rb.)

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Frankfurter Neue Presse Lokales 9.11.2001

Immer wieder 9. November

Beselich-Schupbach. Den 9. November 1938, die Reichspogromnacht, hat die Synagoge in Schupbach schadlos überstanden. Wenige Monate zuvor hatte sie aufgehört, ein jüdisches Gotteshaus zu sein, sie wurde von Deutschen gekauft. Die Synagoge diente dann als Lagerraum. Auch heute, nach 62 weiteren 9. Novembern, gleicht das Innere einer Rumpelkammer. Das soll sich ändern. Ein überkonfessionelles Kulturzentrem mit überregionaler Bedeutung soll entstehen. Christa Pullmann von der christlich-jüdischen Gesellschaft und ein wichtiger Motor der Synagogenpläne stellte nun auch Lee Liebmann das Projekt vor. Liebmann stammt aus Limburg und floh 1938 vor den Nationalsozialisten nach England. Später fand er seine neue Heimat in den USA. Zur Zeit ist er zu Besuch im Kreis Limburg-Weilburg.

Ziel von Christa Pullmann ist es, dass Liebmann nach seiner Rückkehr bei den aus der Region stammenden und in den USA lebenden Juden für das Projekt wirbt. Unterstützung ist notwendig, denn schließlich soll sich ein Förder- beziehungsweise ein Trägerverein für das Projekt finden.

Aufgabe dieses Vereins wird auch sein, mit zur Finanzierung der Sanierung und Umgestaltung des Gebäudes beizutragen. Insgesamt ist das Projekt mit rund 750000 Mark veranschlagt. Die Gemeinde will das Gebäude übernehmen, Zuschüsse in beträchtlicher Höhe sind zudem in Aussicht gestellt.

Nach Angaben von Beselichs Bürgermeister Martin Rudersdorf sind die bei der Gemeinde eingehenden Reaktionen auf die Synagogenpläne recht positiv, wobei es auch immer wieder das Angebot gibt, das Projekt zu unterstützen. Für Herbert Schmitz, Vorsitzender des TuS und damit des größten Schupbacher Vereins und Mitglied im historischen Arbeitskreis, ist ganz klar, dass sich der Ort und seine Bewohner mit einbringen müssen, schließlich gehe es um einen Teil der eigenen Geschichte. Nach seiner Einschätzung sollte die Sanierung der Synagoge und die Entwicklung eines überkonfessionellen Kulturzentrums mit Bedacht verfolgt werden. Und es sei auch völlig klar, dass die jüngere Generation viel ungezwungener mit diesem Thema umgehe.

Einig sind sich Christa Pullmann und Herbert Schmitz darüber, dass der Förderverein möglichst noch in diesem Jahr ins Leben gerufen werden soll. 500 mal 500 Mark sind nach Schätzung von Christa Pullmann durch den Förderverein zusammen zu bringen. Durchaus machbar, so ihre Einschätzung. Die christlich-jüdische Gesellschaft werde auf jeden Fall dem Förderverein beitreten. Unterstützung ist auch von der ökumenischen Kommunität Gnaden-thal angekündigt. Zum einen werden Architekten aus Gnadenthal die Sanierung der Synagoge begleiten, zum anderen möchte die Kommunität das Gebäude künftig für Veranstaltungen nutzen. Die Kirchen gilt es nach Einschätzung von Christa Pullmann natürlich auch in den Förderverein einzubinden. Und die Synagoge selbst könnte durchaus Bestandteil eines historischen Rad- und Wanderweges sein, der das Kerkerbachtal mit seinen Zeugnissen der Industriegeschichte, die ehemaligen Marmorbrüche, die Klosterruine Beselich und die Kapelle miteinander verbindet.

Die neue Nutzung der Synagoge wird natürlich auch Fragen zur Vergangenheit gerade auch während der nationalsozialistischen Zeit aufwerfen. So war das Gebäude entgegen dem bisherigen Kenntnisstand erst im Juli 1938 in deutschen Besitz gelangt – und während der Reichspogromnacht am 9. November haben offensichtlich junge Leute zwei noch in Schupbach lebenden jüdischen Familien arg zugesetzt. (jl)

© 2001 Rhein-Main.Net

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Frankenpost Lokales 9.11.2001

GEDENKFEIER ZUR REICHSPOGROMNACHT

Eine Allianz gegen die Barbarei

 

HOF - Zu einer ,,Allianz der Humanisten gegen die Barbarei'' haben sich gestern Abend auf dem Hallplatz rund 80 Hofer Bürger verschiedener Konfessionen und Weltanschauungen eingefunden, um gemeinsam der Reichspogromnacht vom 9. November 1938 zu gedenken. Sie folgten einem Aufruf der Israelitischen Kultusgemeinde, der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten, des Deutschen Gewerkschaftsbundes und der Initiative gegen Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit. Trotz großer Kälte und peitschendem Regen harrte die Menge geduldig vor der Mahntafel an der ehemaligen Synagoge aus. Hier waren vor 63 Jahren die heiligen Schriften und das Inventar geplündert, später verbrannt und die Synagoge geschleift worden. Der Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde in Hof, Leon Gonczarowski, nannte es unverständlich, dass viele Hofer Bürger damals dieser Plünderung ohne Reaktion zugesehen oder sogar mitgewirkt hätten. ,,Dieses Schweigen hat den Nationalsozialisten zusätzlich Mut gegeben, die Vernichtung des Judentums auf die schrecklichste Weise voranzutreiben'', machte er deutlich. Auch heute gebe es angesichts zahlreicher Anschläge von Rechtsradikalen in vielen deutschen Städten immer noch eine ungenügende Zivilcourage in der Bevölkerung. Die Justiz sei gefordert, Rechts radikale härter zu bestrafen, die Erziehung in Elternhaus und Schule müsse darauf ausgerichtet werden, Fremdenhass nicht aufkommen zu lassen. Gonczarowski rief alle Bürger dazu auf, ,,mit vollem Einsatz für die Demokratie und gegen den Fremdenhass'' zu kämpfen und schloss mit einem ,,Shalom''.

Die Teilnehmer der Kundgebung zogen anschließend mit - soweit es das Wetter zuließ - brennenden Kerzen zum Saaledurchstich, wo 1938 das Inven tar der Synagoge von den Nazis verbrannt worden war. Anschließend ging es per Bus zum städtischen Friedhof zu einem kurzen Gedenken an die drei von den Nazis ermordeten Hofer Antifaschisten Hans Merker, Phillipp Heller und Ewald Klein. ,,Wir erinnern uns an die Opfer, an die Frauen und Männer, die wegen ihres Glaubens oder wegen ihrer Überzeugung verfolgt wurden, gelitten haben und ermordet wurden'', sagte Oberbürgermeister Dieter Döhla. ,,Und wir warnen vor den Tätern, ihren simplifizierten Denkstrukturen, ihrem Fanatismus und ihren Methoden, andere zu fanatisieren.'' So verbinde man das Gedenken mit der Aufforderung an alle, für die Demokratie einzutreten. ,,Wir müssen dafür nicht unser Leben riskieren. Es genügt etwas Mut, im richtigen Moment nicht zu schweigen'', sagte Döhla.

Die ,,Verantwortung für das Erinnern heute wahrzunehmen und nicht gleichgültig weg schauen'' - das war auch das Anliegen von Pfarrer Hans Greulich, dem Leiter des Israel- Gebetskreises. Mit Gebeten am Ort der Verbrennung der Synagogen-Einrichtung wollte auch er ein deutliches Zeichen über politische und religiöse Weltanschauungen hinweg setzen.

Das Abschlussgebet, das der Ermordung der sechs Millionen Juden durch die Nationalsozialisten gedachte, sprach auf dem jüdischen Friedhof Rabbiner David Goldberg.

B.F.

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Westdeutsche Zeitung Lokales 9.11.2001

Krefeld Stadt - "Jiskor - Erinnere Dich"

Von Dagmar Groß (Text)

Krefeld. Kerzen, Blumen, Gebete und traurige Violin- und Klarinettenklänge: Die Jüdische Gemeinde hatte am Freitag zum Gedenken an die Pogromnacht 1938 eingeladen.

 

"Jiskor - Erinnere Dich" - stand auf der Schleife des Kranzes mit den weißen Lilien und Gerbera, den die Villa Merländer am Mahnmal auf dem Platz an der alten Synagoge niedergelegt hatte. Doch die von den Vertretern der Jüdischen Gemeinde Krefeld bei der Gedenkveranstaltung zur Erinnerung an die "Reichspogromnacht" zitierten Bibelworte wiesen nicht nur zurück in die Zeit der November-Pogrome gegen die jüdische Bevölkerung vor 63 Jahren, sondern auch auf unsere wenig friedliche Gegenwart.

Dunkelgraue Wolken ziehen über den Krefelder Himmel. Polizisten haben die Durchfahrt am Platz gesperrt. Eine einzelne rote Rose ist an einem der Steine befestigt. Schon vor Beginn der offiziellen Gedenkfeier haben Krefelder Blumen und Kerzen an den Basaltstelen abgelegt.

Ilan Gilad (Violine) und Laszlo Dömötör (Klarinette) stimmen die gut 100 Teilnehmer (so schätzt die Polizei) auf den traurigen Anlass der Gedenkfeier ein.

Dann beten Johann Schwarz und Michael Gilad vom Vorstand der Jüdischen Gemeinde auf Deutsch und Hebräisch für die "sechs Millionen Seelen der von den Nazis abgeschlachteten und verbrannten Juden".

Später zitieren die beiden Bibelworte aus dem 3. Buch Mose und aus Jesaja, die die ohnehin nachdenklichen Zuhörer an unsere ganz aktuelle Situation erinnern.

"Wenn ein Fremder in eurem Lande weilt, so sollt ihr ihn ehren . . . dann sollst Du ihn lieben wie dich selbst". Oder: "Sie werden schmieden Schwerter zu Sicheln ..."

Mitten im Einkaufsgewühle des frühen Freitagsabends - der St. Martinszug ist gerade an der Dionysiuskirche losgezogen - ist es hier neben der Behnisch-Baustelle trotz der großen Menschenansammlung absolut still.

Zahlreiche Vertreter des öffentlichen Lebens sind anwesend, darunter auch Oberbürgermeister Dieter Pützhofen, der aber in diesem Jahr nicht das Wort ergreift. Neben der Stadt haben auch Parteien Kränze und Gestecke niedergelegt.

Nach dem Ende der offiziellen Gedenkfeier haben viele Menschen das Bedürfnis noch einen Moment vor dem Blumen- und Kerzenmeer zu verharren, der Opfer des Holocaust zu gedenken, sich zu erinnern: Jiskor.

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Nordbayerischer Kurier Lokales 9.11.2001

Disziplinarstrafen für Mörder

Judenverfolgung in Bayreuth - Geschichte des Schreckens aus Akten und Protokollen

BAYREUTH - Von Ines Hoepfel

 

Zum heutigen 63. Jahrestag der Reichspogromnacht sprach gestern der ehemalige Bezirksrevisor am Landgericht, Helmut Paulus, über "Reichskristallnacht und Judenverfolgung - Die Situation in Bayreuth mit urkundlichen Belegen aus staatlichen Archiven und Gerichtsakten".

Viele Zuhörer, darunter der Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde, Felix Gothart, waren zu dem Vortrag in einem Sitzungssaal des Landgerichts gekommen. Paulus befasst sich seit Jahren, unter anderem bei der Geschichtswerkstatt, mit einem der dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte.

Anhand der Bayreuther Pogromstrafakten der Jahre 1949 bis 1952 und ausgewählter Protokolle der Spruchkammer könne man nachvollziehen, was in der Nacht zum 10. November 1938 in Bayreuth geschah. Im ganzen Reich wurden in dieser Nacht Synagogen, Wohnungen und Geschäfte jüdischer Bürger zerstört, Juden misshandelt und verhaftet. Der "willkommene Anlass" für diese Übergriffe, sagte Paulus, sei die Ermordung des deutschen Diplomaten vom Rath durch den Juden Herszel Grynspan gewesen.

An jenem 9. November 1938 war eine Kundgebung in der Ludwig-Siebert-Halle, der heutige Stadthalle, zu Ende gegangen. Da übermittelte Gauleiter Fritz Wächtler von München aus den Befehl, dass Kreisleiter Hager vor der Synagoge eine "spontane

Kundgebung" aufziehen solle. Auch in Bayreuth solle es "klappern". In einem Gespräch mit Hager gelang es dem damaligen Oberbürgermeister Dr. Kempfler, wenigstens die Brandstiftung an der Synagoge und die Verhaftung einiger älterer Juden zu verhindern. Der Polizei war verboten worden, Juden, jüdische Einrichtungen und Wohnungen zu schützen.

Nicht verhindert wurde, dass rund 200 Angehörige der SA und SS die Synagoge stürmten und das Innere demolierten. Kleinere Trupps zerstörten Geschäfte und Wohnungen der Bayreuther Juden, verhafteten die Bewohner und brachten sie erst ins Alte Rathaus und später in die Viehstallungen der Rotmainhalle. Dabei seien die Trupps brutal vorgegangen, so dass viele Bayreuther Juden schwere Körperverletzungen erlitten. Rund 60 jüdische Bürger wurden in die Rotmainhalle gebracht, wo sie die Polizei wenigstens vor weiteren Übergriffen schützte. Die Polizei schützte später in der Nacht auch die Synagoge.

Am 10. November wurden die meisten Verhafteten auf freien Fuß gesetzt, einige aber wurden ins Gefängnis nach Hof gebracht, wo sie bis zum Dezember 1938 saßen.

Die Bayreuther Presse habe bei ihrer Berichterstattung über die Vorfälle in der Reichspogromnacht die Legende von der "spontanen Volkswut" genährt. "Das Maß war wirklich voll", lautete die Schlagzeile der Zeitung Bayerische Ostmark. Zwar habe kaum ein Bayreuther an diese Legende geglaubt, die Mehrheit habe bestürzt und entsetzt reagiert, aber "sie schwiegen bis auf einige Ausnahmen", erzählte Paulus.

Ein "Trauerspiel" sei die Ohnmacht der Justiz bei der Verfolgung der in der Reichspogromnacht begangenen Straftaten, von Sachbeschädigung bis Mord, gewesen. Eine Strafverfolgung sei nicht geschehen. Zur ermittelnden Behörde wurde die Gestapo bestellt, was das Ergebnis hatte, dass selbst die Mörder mit geringfügigen Disziplinarstrafen davonkamen.

Mord als Kavaliersdelikt

Judenmorde, berichtete Paulus, hätten damals, im Gegensatz beispielsweise zu Rassenschande-Vergehen, als Kavaliersdelikte gegolten. Nach dem 9. November 1938 habe die Verfolgung der Juden eine "neue Qualität", eine offenere Form, erreicht.

Unmittelbar nach der Machtübernahme im Jahr 1933 wurden Juden aus öffentlichen Ämtern "entfernt". So wurden erst Richter und Staatsanwälte beurlaubt, kurz darauf wurde es Anwälten verboten, Gerichte zu betreten. Auch "jüdisch versippte Beamte" wurden aus dem Dienst entfernt. Der Bayreuther Amtsrichter Karl Krauß durfte, nachdem er die Scheidung von seiner jüdischen Frau abgelehnt hatte, nur noch Grundbuchsachen bearbeiten, ehe er zwangsweise in den Ruhestand versetzt wurde.

Gegen jüdische Ärzte, Apotheker und Wissenschaftler wurde ein Berufsverbot erlassen. Auch die systematische Verdrängung von Juden aus dem Wirtschaftsleben begann mit der Machtergreifung. Wegen des Boykotts jüdischer Geschäfte mussten immer mehr aufgeben. Gab es im Jahr 1933 in Bayreuth noch 40 Geschäfte unter jüdischer Leitung, waren es zur Zeit der Reichspogromnacht gerade noch vier. Ende 1939 war der ganze Bezirk der Industrie- und Handelskammer "judenfrei".

Bis Mitte der 30er Jahre hatten noch viele Juden gezögert, ihre Heimat zu verlassen. Nach dem 9. November 1938 wurde ihnen klar, in welcher Gefahr sie sich befanden, und die Zahl der Auswanderungen, die bis zum Herbst 1941 möglich waren, stieg. Im Jahr 1933 lebten 260 Juden in Bayreuth, 1941 waren es noch 78, die anderen waren ausgewandert.

Nur vier überlebten

Im Oktober 1941 erging der Deportationsbefehl, am 27. November 1941 wurden 46 Bayreuther Juden ins Konzentrationslager Kaiserwald bei Riga gebracht. Von dieser Gruppe überlebten vier Personen. Dagegen kamen alle elf Juden, die am 16. Januar 1942 nach Theresienstadt deportiert wurden, ums Leben.

Die "Schlussbilanz der Bayreuther Judenvernichtung" sei erschütternd, sagte Paulus. Laut einer Suchliste der Stadt seien 66 Bayreuther Juden in Vernichtungslagern umgekommen. Die Liste sei unvollständig, die Geschichtswerkstatt bemühe sich, die genaue Zahl zu ermitteln.

"Heute erscheint es uns unfassbar, was damals geschah", sagte Paulus, der den Bayreuthern zwar zugestand, vom Ausmaß der Vernichtung nichts mitbekommen zu haben, aber von dem, was die so genannte Endlösung zwischen 1933 und 1941 vorsah, hätten sie sehr wohl gewusst.

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Nordbayerischer Kurier Lokales 9.11.2001

Junge Nazis wachsen nach

20- bis 22-Jährige bilden die Gruppen des "Skinhead-Raumes" Bayreuth

 

BAYREUTH - 63 Jahre nach der Reichspogromnacht, die sich heute wieder jährt, gibt es nach wie vor Personen mit rechtsextremer Nazi-Gesinnung. Ihren Nachwuchs rekrutieren die Neonazis aus der Skinhead-Szene. Im "Skinhead-Raum" Bayreuth beobachtet der Verfassungsschutz mehrere Gruppen jugendlicher Rechtsradikaler.

Informationen, dass sich die Zahl der Nachwuchs-Nazis auf etwa 30 Leute beläuft, wollte Robert Biehler, der Pressesprecher des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz, nicht kommentieren, aber auch nicht dementieren. Presseberichte zum Verfassungsschutzbericht 2000, in denen es hieß, dass der Raum Bayreuth/Hof bis zum Jahr 2000 ein "weißer Fleck" auf der braunen Landkarte Bayerns gewesen sei, bezeichnete Biehler auf Anfrage als unrichtig: Schon vorher habe es Rechtsextreme in diesem Raum gegeben. Im Jahr 2000 registrierte der Verfassungsschutz für ganz Bayern 780 Skinheads, 1999 waren es noch 650 gewesen.

Biehler: "Für 2001 erwarten wir wieder eine Steigerung." Bei den Skins handle es sich um junge Leute zwischen 20 und 22, die nicht durch Straftaten aufgefallen sein müssen. Aktivisten der eingesessenen Neonazi-Szene suchen laut Biehler Kontakt zu den Skins.

Die Polizei arbeitet in Bezug auf Rechtsextreme anders als die geheim operierenden Verfassungsschützer: Zuständig für politische Straftaten sind die Staatsschutzabteilungen bei der Kripo (KS). Vier solcher KS-Kommissariate sind in Oberfranken tätig. Koordiniert wird deren Arbeit im Bayreuther Polizeipräsidium. Der dortige Chef der Verbrechensbekämpfung, Kriminaldirektor Ludwig Herzing: "Eine feste rechtsextremistische Gruppierung mit Strukturen, einem Treff und einem harten Kern gibt es weder in Bayreuth noch in Oberfranken." Herzing und sein KS-Koordinator Edgar Schock verweisen darauf, dass im Jahr 2000 in ganz Oberfranken lediglich drei Gewalttaten mit rechtsextremem Hintergrund registriert wurden - unter anderem der Racheakt von Skins an einem aussteigewilligen Mitglied in Pegnitz.

Überdies wurden 118 so genannte Propagandadelikte registriert - also Straftaten, bei denen die Täter ihre staatsfeindliche Gesinnung offen zeigten: Unter das verbotene "Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen" fällt zum Beispiel das Tragen von SS-Abzeichen, Hakenkreuzen oder der Hitler-Gruß. Die Anzahl dieser Delikte stieg: 1999 waren es noch 76 Fälle. Spürbar wurde die Steigerung, nachdem der Rechtsextremismus wieder einmal heftig öffentlich diskutiert wurde: Diese Diskussion begann nach dem Brandanschlag auf die Synagoge in Erfurt am 20. April 2000.

sche

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Aachener Nachrichten Lokales 9.11.2001

Mahnung und Appell zu mehr Humanität

Gedenktag an die Nacht der brennenden Synagogen

 

Linnich (an-o/bley). Linnicher Bürger erinnerten sich der Verbrechen der Reichspogromnacht. Anlässlich des 63. Jahrestages der Zerstörung der Linnicher Synagoge riefen Bürgermeister und Geistliche der Stadt zu mehr Verständnis, Miteinander und Menschlichkeit auf.

An der Nordpromenade, wo heute ein Mahnmal steht, brannte 1938 die Linnicher Synagoge. Mitglieder der SA, Linnicher und Jülicher Bürger waren in das Zentrum der jüdischen Gemeinde eingedrungen, hatten Benzin verschüttet und das Gotteshaus angezündet.

Am gleichen Ort trafen sich 63 Jahre später Bürger, Vertreter von Stadt, Kirche, Feuerwehr und Polizei in mahnender Erinnerung an das unsägliche Geschehen der der Reichspogromnacht in Linnich. Der evangelische Posaunenchor begleitete die Mahnenden mit klassischer Musik. Schüler der 4. Klasse trugen ein Gedicht vor. Bürgermeister Wolfgang Witkopp, Pfarrer Bernhard Jacobi und Pater Horst Heinen hielten ihre Ansprachen.

"Wir müssen uns erinnern"

"Ich fühle Demut, Trauer und Scham, wenn ich an die Verbrechen der Nazizeit denke", so Bürgermeister Witkopp. "Wir müssen uns erinnern, sonst wird sich alles wiederholen", so Wolfgang Witkopp. Trotz allem dürfe man "sich nicht von der Frage ermatten: Was bringt es zu gedenken?", mahnte auch Pfarrer Bernhard Jacobi. Er verwies auf jüngste Ereignisse, bei denen ein Afro-Amerikaner mit Steinen beworfen worden sei.

"Der Gedenktag hat dann sein Ziel erreicht, wenn unser Handeln von mehr Humanität, Verständnis und Miteinander, geprägt ist", so Bürgermeister Witkopp. Pater Horst Heinen stellte fest, "wie wenig wir von einander wissen". Interesse, Wissen und Verständnis zu fördern, sei ein ganz wichtiger Baustein, um dem Kampf der Kulturen entgegen zu wirken. "Denn das kann jeder", so Pater Heinen.

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Main Rheiner Lokales 9.11.2001

Die Geschichte der Familie Mayer

Heute Abend Gedenken an jüdische Opfer

 

rose. INGELHEIM – Heute vor genau 63 Jahren endete die Geschichte der jüdischen Synagoge in Ober-Ingelheim, als eine Horde unter Anführung eines SA-Sturmführers das Gebäude zerstörte. Für die Juden in Ingelheim war die Pogromnacht nur eine Station auf ihrem Leidensweg, der die meisten von ihnen in den gewaltsamen Tod führte. Heute Abend, 19 Uhr, wird diesen Ereignissen am ehemaligen Standort der Synagoge in Ober-Ingelheim, Jungfernpfad, gedacht. Bei der Gedenkfeier an dem 1992 errichteten Mahnmal wird stellvertretend für das Schicksal aller damals in Ingelheim lebenden Juden die Geschichte der Familie Otto und Olga Mayer erzählt.

Olga, Tochter eines Ober-Ingelheimer Kohlenhändlers, und Otto, drittes Kind eines Nieder-Ingelheimer Geschäftsmannes, heiraten im Januar 1922. Elf Monate später kommt ihre erste Tochter, Margot Lea, zu Welt. Es folgen Ruth Babette 1925 und Berthold 1928. Während zahlreiche deutsche Juden nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 und in Zuge der immer schlimmer werdenden Repressalien das Land verlassen, gehört Otto Mayers Familie zu denen, die in ihrem Heimatland ausharren. Sie erleben, wie nach und nach alle Ingelheimer Geschäftsinhaber Schilder mit der Aufschrift „Juden sind hier unerwünscht" in die Schaufenster hängen.

Doch als Vater Otto am Tag des Pogroms zusammen mit vier anderen Nieder-Ingelheimer Juden verhaftet wird, – über die Gründe ist nichts bekannt – ist die Familie zum Umdenken gezwungen. Unter dem Eindruck der direkten Bedrohung senden die Eltern ihre jüngsten Kinder, den zehn Jahre alten Berthold und die 13-jährige Ruth, nach England in Sicherheit. Der Rest der Familie zieht kurze Zeit später nach Mainz, wo Vater Otto wahrscheinlich 1942 erneut verhaftet und ins KZ Emslandlager Neusustrum verschleppt wird, wo er wenig später an den Folgen von Entzündungen stirbt.

Doch für die in Mainz verbliebene Mutter Olga und die mit 19 Jahren älteste Tochter Margot Lea kommt es noch schlimmer. Lea wird im selben Jahr zusammen mit 1000 anderen Mainzer Juden in ein nahe Lublin gelegenes Ghetto deportiert, von dem aus die Bewohner in Vernichtungslager transportiert werden. Mutter Olga wird im September 1942 ebenfalls verschleppt, wohin ist unbekannt. Mutter und Tochter werden 1945 für tot erklärt.

Die jüngsten Kinder der Familie Mayer, Ruth und Berthold, erfahren erst Jahre später vom Schicksal ihrer Angehörigen. Mittlerweile leben beide in New York.

Während sie heiratet und als Innenarchitektin arbeitet, bricht Berthold alle Kontakte zu Verwandten und seinem früheren Leben ab.

1942 kann Ingelheim als „judenfrei" gemeldet werden . Insgesamt wurden 73 ehemals in Ingelheim wohnende Juden umgebracht. Von den Überlebenden kommt nach dem Krieg nur eine Handvoll zurück, doch keiner bleibt hier.

Weitere Informationen zum Leben der Juden in Ingelheim in dem Buch „Sie sind mitten unter uns" von Hans-Georg Meyer und Gerd Mentgen.

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Heilbronner Stimme Lokales 9.11.2001

Gedenken an Pogromnacht

Synagoge Obersulm-Affaltrach

 

Eine Gedenkfeier zur Reichspogromnacht am 9. November 1938 findet heute ab 19 Uhr in der ehemaligen Synagoge in Obersulm-Affaltrach statt. Diese beginnt um 19 Uhr. Im ersten Teil stellt Martin Ritter sein neues Buch über die 150-jährige Geschichte der Affaltracher Synagoge vor.

Anschließend soll der Schändung und Zerstörung des ehemaligen jüdischen Versammlungsortes gedacht werden. Den Vortrag hält Dr. Joachim Hahn aus Denkendorf zum Thema: "Christlich-jüdische Zusammenarbeit in heutiger Zeit."

Die Feier wird musikalisch umrahmt von Jelina Ocic (Violoncello) und der Musikhochschule Mannheim. Nach der Veranstaltung kann das Buch im Johanniter-Haus angeschaut werden.(red)

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Heilbronner Stimme Lokales 9.11.2001

Der jüdischen Geschichte begegnen - Von Reto Bosch

Synagoge in Obersulm-Affaltrach wird 150 Jahre alt -

Bei Gedenkfeier wird Dokumentation vorgelegt

 

Keine der ehemals 60 jüdischen Gemeinden in Stadt- und Landkreis Heilbronn hat die Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten überlebt. An die Geschichte der Juden erinnert heute die ehemalige Synagoge in Obersulm-Affaltrach. Am Freitag - dem Jahrestag der Reichspogromnacht - wird ihr 150jähriges Bestehen gefeiert.

Das Backsteingebäude im Herzen Affaltrachs ist mehr als eine ehemalige Synagoge. Unter einem Dach vereinigt sie alle für Juden relevanten Einrichtungen: einen großen Betsaal, das rituelle Tauchbad (Mikwa), ein Schulzimmer oder die koschere Küche.

"Das ist in Baden-Württemberg einzigartig", sagt Martin Ritter, Mitglied des "Freundeskreises ehemalige Synagoge Affaltrach ".

Er hat die Geschichte des Versammlungsortes und der jüdischen Gemeinde untersucht und in einer Dokumentation zusammengefasst.

In den ehemaligen Versammlungsort integriert ist ein Museum, das im Mai 1989 eingeweiht wurde und die Erinnerung an die jüdischen Mitbürger wach halten soll. Für Landrat Klaus Czernuska ist die Synagoge eine Begegnungsstätte geworden.

"Wir begegnen darin jüdischen Menschen, jüdischer Kultur und jüdischer Religion". In der Einrichtung vereinten sich Vergangenheit und Gegenwart zu einem lebendigen Miteinander.

Mitte des 19. Jahrhunderts erlebt die jüdische Gemeinde in Affaltrach ihre Blütezeit. Von 1000 Einwohnern gehören ihr 220 Personen an.

Eine günstige Zeit also für den Bau einer neuen Synagoge, nachdem das Vorgängergebäude 1844 abgebrochen worden war.

1845 legt der Weinsberger Oberamtswerkmeister Bürk seine Pläne für eine großzügige Synagoge zwischen Affaltrach und Eschenau vor. Doch diese sind nicht zu realisieren: zu teuer. Den zweiten Vorschlag Bürks für ein Versammlungshaus in Affaltrach setzen die Juden 1851 dann um.

Das Grundstück stiftet Nathan Krailsheimer. Die feierliche Einweihung findet am 28. November 1851 statt. Die neue Synagoge kann den Niedergang der jüdischen Gemeinde Affaltrach aber nicht verhindern.

Hatte sie 1870 noch 182 Mitglieder, sind es 1905 nur noch 35. "Es ging schnell bergab", erklärt Martin Ritter. Viele Juden seien in die Städte gezogen, andere nach Amerika ausgewandert.

Am Tag der Reichspogromnacht am 9. November 1938 wohnen noch zehn Juden in Affaltrach. Sie erleben, wie die Nazis ihren Versammlungsort verwüsten.

Nach dem Krieg verfällt die Synagoge zusehends, zeitweise wird sie auch gewerblich genutzt. Dann bringt der Affaltracher Pfarrer Immanuel Nau den Stein ins Rollen. Auf seine Initiative hin wird nicht die Sontheimer, sondern die Affaltracher Synagoge saniert und als Gedenkstätte ausgebaut.

1985 gründet sich der "Verein zur Erhaltung der Synagoge Affaltrach ".

Ein Jahr später beginnt der Landkreis Heilbronn, das Gebäude zu renovieren. 1989 ist auch das "Museum zur Geschichte der Juden in Kreis und Stadt Heilbronn" fertig.

Der 1996 ins Leben gerufene "Freundeskreis ehemalige Synagoge Affaltrach" erfüllt das Haus mit Leben, organisiert Veranstaltungen, führt Interessierte durch die Geschichte der Unterländer Juden.

Nach Angaben von Martin Ritter kommen rund 2500 Besucher pro Jahr.

" Damit sind wir sehr zufrieden. Die Gedenkfeier beginnt morgen um 19 Uhr in der ehemaligen Synagoge. Dann stellt Ritter auch seine druckfrische Dokumentation vor.

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Nordkurier Lokales 9.11.2001

Nur wenig erinnert heute an die Juden in Pasewalk

In der heutigen Kreisstadt lebten 1843 genau 226 Juden –

In der Nacht zum 10. November 1938 brannte die Synagoge

 

In der heutigen Kreisstadt lebten 1843 genau 226 Juden - In der Nacht zum 10. November 1938 brannte die Synagoge - Von unserem Redaktionsmitglied Angela Stegemann

 

Pasewalk. Derzeit findet in St. Marien Pasewalk eine Ausstellung der jüdischen Gemeinde Berlin "Der gelbe Stern" statt. Gezeigt wird jüdische Geschichte, vor allem in der Nazizeit. Doch wie war das mit den Juden in Pasewalk? Immerhin lebten um 1862 genau 284 Juden in der Stadt. Das war immerhin im vorpommerschen Teil des Regierungsbezirkes Stettin Platz zwei. Nur in Stettin lebten mehr (519). Doch jüdische Geschichte lässt sich im Stadtbild nur wenig verfolgen. Zu Beginn der 40-er Jahre hatte Pasewalk bereits keine Juden mehr.

 

Schlichte Gedenktafel

In der Marktstraße gegenüber dem Supermarkt, dort wo einst die alte Grabenstraße in Richtung Ueckerstraße verlief, stößt der aufmerksame Spaziergänger am Plattenbau auf eine schlichte Gedenktafel. Diese erinnert daran, dass 40 Meter davon entfernt, in der damaligen Grabenstraße 3, die Synagoge stand.

Wie der Pasewalker Dr. Egon Krüger in seinem Beitrag im 1998 erschienenen Buch "Wegweiser durch das jüdische Mecklenburg-Vorpommern" berichtet, wurde die Synagoge am 23. Oktober 1834 eingeweiht. Bezahlen mussten die Gemeindemitglieder den Bau. Der zog weitere Juden an. Waren es im Jahr der Synagogen-Einweihung 156 Personen, so waren es 1843 genau 226 (Zum Vergleich: In Ueckermünde lebten damals 55 Juden). Doch in der Reichspogromnacht ging die Synagoge in der Nacht zum 10. November in Flammen auf. Alteingesessene Pasewalk berichten, dass die Feuerwehrleute nicht löschen durften. Die Nazis standen dabei und freuten sich über das Schauspiel.

In Pasewalks Innenstadt gibt es keine weiteren Zeugen jüdischer Geschichte. Nur Alteingesessene wissen von den vielen Geschäften in der Markt- und Ueckerstraße, die in jüdischem Besitz waren.

Von Namen wie Loewe und Rosenzweig sprachen ältere Pasewalker heute noch mit Hochachtung.

 

Heute Gedenkstätte

Wer die Haußmannstraße von der Bahnhofsstraße aus kommend entlangwandelt und sich auf der rechten Seite über die Grünanlagen freut, schaut auf jüdisches Gelände. Dort stand einst die Fabrik des wohl bekanntesten Pasewalker Juden. Paul Behrendt betrieb eine Eisengießerei und Landmaschinenfabrik. Behrendt war auch angesehener Stadtverordneter und Ratsmitglied in Pasewalk.

 

Behrendt war bekannt

Nach dem Machtantritt Hitlers gingen die Aufträge zurück, Kredite wurden verweigert. 1934 machte der Betrieb dicht. Paul Behrendt zog mit seiner Familie nach Berlin, er starb 1939. Seine Frau kam in Theresienstadt um, andere Familienmitglieder retteten sich nach Großbritannien.

An Paul Behrendt erinnert zur Mühlenstraße hin ein schlichter Gedenkstein, gesetzt 1956. Allerdings fängt das Moos an von dem Gedenkstein Besitz zu ergreifen. Er müsste einmal gereinigt werden. Und wer ganz aufmerksam durch Pasewalk geht, entdeckt Kanaldeckel, die in der Maschinenfabrik Behrendt hergestellt wurden.

Auch im Pasewalker Stadtmuseum ist man sehr bemüht, jüdische Geschichte nacherlebbar zu machen. Besonders geschätzt werden dort die Beiträge von Dr. Egon Krüger, der sich bereits Jahrzehnte mit jüdischer Geschichte in Pasewalk beschäftigt.

 

Pflege durch Stadtwerke

Betroffen ist man auch heute noch beim Anblick des einstigen jüdischen Friedhofs in der Löcknitzer Straße. Wohl die wenigsten, die auf der viel befahrenen B 104 fahren, ahnen kaum, was sich dort hinter Bäumen versteckt 1938 abgespielt hat. 1859 wurde der jüdische Friedhof in einer Größe von 45 mal 60 Metern mit einer Backsteinmauer und einer kleinen Friedhofskapelle angelegt. Als 1938 In der Synagoge brannte, zündeten die Nazis auch den Friedhof an, zerstörten Grabstellen und die Kapelle.Heute ist der Friedhof Eigentum der jüdischen Gemeinde Mecklenburg-Vorpommern. Das geschichtsträchtige Fleckchen Erde ist mehr eine Gedenkstätte. Inmitten von viel Rasen und Bäumen umgeben prangt ein schlichter Gedenkstein, 1950 mit Spendenmitteln aus den USA errichtet. "Zur Erinnerung an den jüdischen Friedhof" steht darauf in deutscher und hebräischer Sprache. In der Backsteinmauer, 1988 saniert, finden sich Grabplatten. Flora und Siegmund Räsener sind dort bestattet. Darunter erinnert eine Tafel an ihren am 21. Oktober 1914 in Frankreich gefallenen Sohn. Der Name des Sohnes wurde mutwillig zerkratzt, ist nicht mehr lesbar. Räseners sind den Alt-Pasewalkern als Inhaber eines Schuhhauses bekannt. Flora Räsener war die letzte Jüdin, die auf dem Friedhof im Oktober 1938 bestattet wurde.

Heute wird der Friedhof durch die Stadtwerke ständig gepflegt. Norbert Guderjahn schaut regelmäßig nach dem Rechten. Leider ist der Friedhof nicht für jedermann zugänglich. Das gusseiserne Eingangstor mit dem Davidstern hält ein Schloss zusammen. Verschlossen wird der Friedhof deshalb, weil es auch in Pasewalk und Umgebung immer noch Menschen gibt, die nicht ihre Lehre aus der Geschichte gezogen haben, denen Judentum - von dem sie meist so gut wie nichts wissen - ein Dorn im Auge ist.

 

Stammt aus Pasewalk

Dabei mag manchem gar nicht bewusst sein, dass es sich, wenn sie von bekannten Leuten lesen oder hören um Juden handelt. So war beispielsweise der Ehemann der bekannten Schauspielerin Steffi Spira-Ruschin, Günter Ruschin, Mitglied der jüdischen Gemeinde Pasewalk. 1938 wurde er mit seiner Ehefrau ausgebürgert. Ruschin hatte seine Frau am Theater kennen gelernt und war nach dem Krieg ein geschätzter Schauspieler am Berliner Ensemble. All diese Erinnerungen sind durch Steffi Spira-Ruschin in einem Buch verarbeitet.

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Bremer Nachrichten Lokales 9.11.2001

Weser Kurier Vermischtes 9.11.2001

Kune: Jahrestag der „Reichspogromnacht" bleibt wichtiges Datum

Erinnerung wird schwieriger

 

Hannover (dpa). Das Verhältnis zwischen Juden und Christen in Deutschland sollte sich nach Ansicht des Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde in Hannover, Klaus Kune, weiter normalisieren. „Auf der einen Seite sollen Juden nicht mit Samthandschuhen angefasst werden, auf der anderen Seite dürfen wir die Geschichte nicht aus den Augen verlieren", sagte Kune in einem Gespräch. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 hatten die Nationalsozialisten überall in Deutschland jüdische Gotteshäuser in Brand gesetzt.

Der Jahrestag der „Reichspogromnacht" sei für die Juden in Deutschland nach wie vor ein sehr wichtiges Datum. „An diesem Tag wurde deutlich, dass die Nationalsozialisten die Juden nicht aus irgendwelchen rassistischen Gründen, sondern wegen ihrer Religion verfolgten", meinte Kune. Danach habe die systematische Massenvernichtung der Juden begonnen. „Es ist schon traurig, wenn einige Leute an diesem Tag wenig Sensibilität zeigen und Feste feiern", sagte der Vorsitzende.

Insgesamt sei die Anteilnahme der Bevölkerung an diesem Gedenktag aber recht hoch. „Je größer der zeitliche Abstand wird, desto schwieriger wird es jedoch, die Erinnerung wach zu halten", sagte Kune. Die Zahl der Menschen, die die Zeit der Nationalsozialisten miterlebt haben, würde immer kleiner. „Deshalb ist es sehr wichtig, dass es Erinnerungs-Aktionen vor allem für junge Menschen gibt." Ein gutes Beispiel sei die Initiative „Denktag" der Konrad-Adenauer-Stiftung gewesen, bei der sich Jugendliche intensiv mit der Geschichte der Juden in Deutschland auseinander gesetzt hätten.

Mit Gottesdiensten und Kranzniederlegungen erinnern die Menschen in Niedersachsen an die Opfer der „Reichspogromnacht". In der Landeshauptstadt wird Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg zusammen mit Umweltminister Wolfgang Jüttner und Vertretern der jüdischen Gemeinde einen Kranz am Gelände der ehemaligen Synagoge in der Roten Reihe niederlegen.

In der evangelisch-lutherischen Hauptkirche St. Lamberti in Oldenburg gibt es eine Gedenk-Lesung unter dem Motto „Stimmen in der Nacht". Im Osnabrücker Schloss wird die Gedenkstätte „Gestapo-Keller" eröffnet.

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Bremer Nachrichten Lokales 9.11.2001

Weser Kurier Vermischtes 9.11.2001

Gedenken an Terror gegen Juden

Heute Ansprachen und Menschenkette

 

Bremen (scd) Zur Erinnerung an die Pogromnacht vom 9. auf 10. November 1938 und zur Erinnerung an die Deportation der Bremer Juden nach Minsk vor 60 Jahren gibt es am heutigen Freitag mehrere Veranstaltungen. Daniel Ajzensztejn, Präsidiumsmitglied des Zentralrats der Juden in Deutschland, spricht auf der Gedenkveranstaltung ab 11 Uhr am Mahnmal Dechanatstraße /Am Landherrnamt.

Traditionell laden die Fraktionen der Bremischen Bürgerschaft dorthin ein, um der Opfer der Pogromnacht zu gedenken. Neben Ajzensztejn werden Bürgerschaftsvizepräsident Bernd Ravens (CDU) und Vertreter der Jüdischen Gemeinde Bremen Beiträge gegen das Vergessen leisten.

Im Anschluss ist gegen 11.45 Uhr eine Menschenkette geplant: Schüler der katholischen St.-Johannis-Schule wollen das Mahnmal mit einigen der Orte verbinden, die in der Pogromnacht eine Rolle gespielt hatten – so der Standort der früheren Synagoge an der Gärtenstraße und der Schulhof des ehemaligen Alten Gymnasiums in der Dechanatstraße, auf dem verhaftete Juden zusammengetrieben worden waren.

Bereits um 10 Uhr wollen Vertreter verschiedener Friedensgruppen, christlicher und jüdischer Gesellschaften sowie der Bahn AG am Bremer Hauptbahnhof Kränze an der Bronzeplatte zum Gedenken an die Deportation 1941 nach Minsk niederlegen.

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Südwest Presse Lokales 9.11.2001

Ulm und Neu-Ulm

Ein Leben nach den Weisungen der Thora heute: Shneur Trebnik

Wolfgang RISCH

 

Die Ulmer Synagoge, die, wie viele andere in Deutschland, in der ¸¸Reichskristallnacht'' am 9. November 1938 in Flammen aufgegangen war, stand nicht direkt am Weinhof, sondern dort, wo sich heute zwischen Weinhofberg und Neue Straße die Zentrale der Ulmer Sparkasse erhebt. Eine Tafel an dem Gebäude kündet von der Stelle, an der sich das jüdische Gebetshaus befand. Doch dieses räumliche Detail ist nicht so wichtig, sagt Shneur Trebnik mit Blick auf die Gedenkfeier am heutigen Jahrestag des Brands der Synagoge; entscheidend sei der Inhalt, nicht die Form. Der Rabbiner hilft seit eineinhalb Jahren den Juden in Ulm, die ein Leben nach den Weisungen der Thora führen wollen.

Nicht immer ist das ganz einfach, die Unkenntnis ist weit verbreitet.

Dies zeigt auch der Umstand, dass die Deutsch-Israelische Gesellschaft Ulms die Gedenkstunde auf dem Weinhof heute auf 19 Uhr gelegt hat, einen Zeitpunkt also, zu dem der orthodoxe Jude Trebnik gar nicht teilnehmen könnte, so er denn in der Stadt wäre:

Mit dem Sonnenuntergang am Freitag beginnt der Sabbat. Im vorigen Jahr sprach Trebnik bei der Feier das Kaddish; erstmals seit dem Nazi-Terror war wieder das traditionelle Totengebet in hebräischer Sprache auf dem Weinhof zu hören, ein Umstand, der viele Zuhörer der Zeremonie zutiefst bewegte.

Die Ulmer Juden gehören, wie die anderen in Württemberg, der Synagoge in Stuttgart an. Ulms jüdischer Kulturverein und die Gemeinde haben deshalb lange nach einer Bleibe gesucht. In der Neutorstraße ist er jetzt fündig geworden. Die Stadt Ulm hat die Räume dort zur Verfügung gestellt, bislang kommen die Ulmer Juden zum Gebet in Shneur Trebniks Wohnzimmer zusammen. In ein paar Wochen, sagt der Rabbiner, werden die drei Zimmer renoviert sein. Sie sind, sagt Trebnik, groß genug für die 300 Köpfe zählende jüdische Gemeinde in Ulm.

Shneur Trebnik ist 1975 in Israel zur Welt gekommen, auch seine Eltern wurden erst nach dem Krieg geboren. Die Vorfahren wanderten um 1950 aus der UdSSR nach Israel aus, sie waren also vom Holocaust nicht unmittelbar betroffen. ¸¸Wir können nicht sicher sein, dass es in der Welt nicht wieder passiert'', sagt der Rabbiner.

Shneur Trebnik hat in Israel studiert, ein Jahr in Melbourne, zwei Jahre in New York. Am Mittwoch ist er in die Stadt am Hudson geflogen, die eine der größten jüdischen Gemeinden der Welt beherbergt. Einmal im Jahr findet dort ein Treffen von rund 3000 Rabbinern statt, die sich über das Leben nach den Regeln der Thora austauschen. ¸¸Die jüdische Religion ist sehr kompliziert'', sagt Trebnik, ¸¸einfache Leute wissen nicht alles.'' Selbst ein Religionsgelehrter wie Shneur Trebnik, von dem Antworten auf Fragen hinsichtlich der Gebote der Thora erwartet werden, sucht gelegentlich Rat bei einem älteren Rabbiner.

In einem Punkt jedoch herrscht absolute Klarheit: Bestrebungen mit dem Ziel der Missionierung der Juden, die innerhalb der evangelischen Landeskirche in Württemberg nicht verstummen wollen, erteilt Trebnik eine klare Absage: ¸¸Christen überall in der Welt versuchen das. Das ist keine gute Sache, nicht nur gegenüber den Juden, sondern gegenüber allen Religionen.'' Die internationale israelitische Religionsgemeinschaft hingegen erkenne die anderen Religionen vorbehaltlos an, sagt Rabbiner Trebnik, das Judentum sei keineswegs expansiv ausgelegt. ¸¸Jeder hat den gleichen Gott, nur eben in anderen Regeln.''

Copyright 1998 by Südwest Presse.

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Neue Osnabrücker Zeitung Lokales 9.11.2001

9. November: Mit Schülern raus aus der Gedenk-Routine

Osnabrück (rll) Vor 63 Jahren, am 9. November 1938, brannte in Osnabrück die Synagoge. Das Ritual der Gedenkveranstaltungen wird in diesem Jahr durchbrochen: Schüler der Käthe-Kollwitz-Schule organisieren die Gedenkfeier. Außerdem wird im Schloss die erste Osnabrücker Gedenkstätte eröffnet, die an den Nationalsozialismus erinnert.

Nicht alles, das in den Vorjahren zur Routine geworden ist, soll über Bord geworfen werden. So wird es auch an diesem Freitag einen Schweigemarsch zur Alten Synagogenstraße geben. Er beginnt um 12.30 Uhr am Schloss.

Um 12.45 Uhr wird an der ehemaligen Synagoge ein Kranz niedergelegt, Rabbiner Marc Stern spricht das Kaddisch, das jüdische Totengebet. Von 13 bis 19 Uhr haben alle Interessierten Gelegenheit, die Gedenkstätte im Schloss zu besichtigen. Ebenfalls öffentlich ist eine Abendveranstaltung um 19 Uhr im Schloss, bei der die Bremer Gesangsgruppe „Argus" auftritt, die Widerstandslieder aus der Zeit des Nationalsozialismus vorträgt.

„Argus" wird schon am Vormittag um 10 Uhr die Gedenkveranstaltung im Schloss begleiten. Dabei handelt es sich zwar um ein öffentliches Ereignis, durch die Anwesenheit von 300 Schülern könnten freie Plätze jedoch knapp werden. Die Käthe-Kollwitz-Schule wird die Theaterszene „Was geht dich das an?" aufführen und über die „Projekttage gegen Rassismus" berichten. Auf dem Programm stehen außerdem eine Einführung von Prof. Dr. Martin Bennhold und ein Grußwort von Bürgermeister Burkhard Jasper.

Um 11.30 Uhr wird im Schloss die Gedenkstätte Gestapokeller eröffnet. Es sprechen Marianne Semnet vom gleichnamigen Verein und Uni-Präsident Prof. Dr. Rainer Künzel.

Bei einer Pressekonferenz im Rathaus freute sich Kultusdezernent Reinhard Sliwka gestern, dass es der Trägergemeinschaft gelungen ist, junge Menschen für die Gedenkveranstaltung zu mobilisieren. Immerhin haben sich die Schülerinnen und Schüler seit Monaten mit dem 9. November befasst, wie Bernhard Kleiner von der Käthe-Kollwitz-Schule betonte. In diese Auseinandersetzung mit Themen wie Judenpogrom und Rassismus hätten sich die Terroranschläge vom 11. September gebrannt.

Somit habe sich unversehens das Zahlenspiel 9.11. - 11.9. ergeben.

Für die Trägergemeinschaft betonte Wendelin Zimmer, die neue Gedenkveranstaltung solle keine „Eintagsfliege" werden. Kultusdezernent Sliwka wies darauf hin, dass es in den Schulen unerwartet großes Interesse gegeben habe. Leider reiche der Platz in der Aula nicht für alle Klassen aus.

Die Trägergemeinschaft besteht aus der Felix-Nussbaum-Gesellschaft, der Hans-Calmeyer-Initiative, der Initiative Augustaschacht, der Erich-Maria-Remarque-Gesellschaft und dem Verein Gedenkstätte Gestapokeller. Koordiniert wird die Veranstaltung vom städtischen Büro für Friedenskultur. Beteiligt sind außerdem die Jüdische Gemeinde und die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit.

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Nassauische Neue Presse Lokales 9.11.2001

Kerzen zum Gedenken an die Pogromnacht

 

Limburg. Zum Gedenken an die Reichspogrom-Nacht heute vor 63 Jahren haben rund fünf Dutzend Bürgerinnen und Bürger am Mittwochabend Kerzen vor der Erinnerungstafel für die Limburger Synagoge an der Schiede aufgestellt. Mit dabei waren auch zahlreiche Mitglieder der neu gegründeten jüdischen Gemeinde – und Lee Liebmann, der in den 20er und 30er Jahren als Kind zur damaligen jüdischen Gemeinde in Limburg gehört hatte. Lee Liebmann lebt heute in den USA und ist zur Zeit mit seiner Frau zu einem einwöchigen Aufenthalt in Limburg (wir berichteten).

Zu dem meditativen Gedenken in der St. Johannes-Kapelle und dem anschließenden Schweigemarsch hatte wie in den Vorjahren die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit eingeladen, als Vertreter der Stadt Limburg nahm der Erste Stadtrat Dr. Heinrich Richard teil.

Lee Liebmann, Jahrgang 1923, berichtete den Zuhörern von dem religiösen Leben in und um die Limburger Synagoge, wie er es als Junge erlebt hatte – vom ernsten Neujahrsfest bis zum fröhlichen Laubhüttenfest. Die erst Anfang des 20.Jahrhunderts errichtete Synagoge an der Schiede war in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 von Nazis in Brand gesetzt worden. Im Jahr darauf wurden die Mauern eingerissen. (pk)

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Höchster Kreisblatt Lokales 9.11.2001

Schwalbacher im Ghetto Theresienstadt

 

Schwalbach. Der 9. November ist ein deutsches Schicksalsdatum. Zum Gedenken an die Opfer der Nazis wird zum Jahrestag der Pogromnacht zu einer Ausstellung in die Stadtbücherei geladen. Die Eröffnung ist am heute, 9. November, um 18 Uhr.

Junge Schwalbacher besuchten in den Herbstferien die Gedenkstätte Theresienstadt. Was sie dort erarbeiteten – Texte, Gedichte, Bilder und Fotografien – wird bis zum 23. November gezeigt.

Im Ghetto Theresienstadt gibt es seit 1997 eine Begegnungsstätte in der einstigen „Magdeburger Kaserne". Die Schwalbacher zeigten sich beeindruckt von der Ausstattung dieser Begegnungsstätte, was zahlreiche Leute im Main-Taunus-Kreis freuen wird. Denn sie halfen beim Finanzieren der Möbel.

Nach langer Bahnfahrt kamen die Besucher in dieser Vorstation von Auschwitz an. Betreut wurden sie von einem jungen Österreicher, der in Theresienstadt seinen Zivildienst als „Deutschsprachigen Freiwilligen-Dienst" versieht. Was die Jugendlichen irritierte: die vielen verfallenen Häuser.

Vom zweiten Tag an hatten die Schwalbacher ein umfangreiches Programm. Sie schauten sich die Ausstellung „Künstlerisches Schaffen in Theresienstadt" an und sprachen mit Martin Glas, der vom 11. bis 14. Lebensjahr in dem Ghetto gefangen war.

In den Seminaren wurden die Eindrücke besprochen und der Versuch unternommen, sie in künstlerische und dokumentarische Arbeiten umzusetzen. Zum Programm gehörte auch eine Busfahrt der Jugendlichen nach Prag, wo sie die Goldene Stadt Kaiser Rudolfs nicht minder beeindruckte wie das alte Prager Ghetto. Besucht wurden das Jüdische Museum, der Jüdische Friedhof und die sagenumwobene Synagoge „Alt-Neu-Schule".

Es ist sicher spannend wie Vertreter der jungen Generation unserer düsteren Vergangenheit umgehen. Darum sei die Ausstellung empfohlen.(jd)

© 2001 Rhein-Main.Net

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Hamburger Abendblatt Lokales 9.11.2001

"Holocaust nie vergessen"

Gedenken an die Pogromnacht vom 9. November 1938

 

"Wir müssen junge Menschen weiter über den Holocaust unterrichten. Es darf kein Schlussstrich gezogen werden."

Das forderte Daniel Ajzensztejn, der Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Hamburg, gestern in der Synagoge an der Hohen Weide. Die Gedenkveranstaltung galt der Erinnerung an die Pogromnacht vom 9. November 1938.

Von den Nazis organisiert, brannten vor 63 Jahren auch in Hamburg die Synagogen, jüdisches Eigentum wurde zerstört, jüdische Menschen wurden misshandelt und verschleppt. Nicht alle Opfer überlebten die Torturen. Die damals so genannte "Reichskristallnacht" bildete die Vorstufe zum Holocaust.

Daniel Ajzensztejn warf die Frage auf: "Wie konnten die Menschen Täter und Mitläufer werden?" Es habe zu der Zeit auch viele Möglichkeiten gegeben zu helfen, ohne ein Held zu sein. Kantor Arieh Gelber sprach das Kaddisch, das jüdische Totengebet, Rabbiner Dov-Levi Barsilay einen Psalm. Zu den Gästen in der Synagoge gehörten Bürgermeister Ole von Beust, Bürgerschaftsvizepräsident Berndt Röder und Bürgermeisterin a. D. Krista Sager.

Von Beust und Ajzensztejn sandten Glückwünsche an die Jüdische Gemeinde zu Dresden, die heute ihre neue Synagoge weiht. An Roman König, den Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde in der Partnerstadt, schrieb Hamburgs Bürgermeister: "Am 9. November, diesem Schicksalstag, obsiegt der Glaube an die Zukunft über das unfasslich Böse." Das wiedererwachte jüdische Leben in unserem Land sei uns allen ein Zeichen der Hoffnung. Überbringer der Botschaft ist der frühere Bürgerschaftsabgeordnete und CDU-Fraktionssprecher Gert Boysen. (rup)

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Frankfurter Rundschau Vermischtes 9.11.2001

In der Nacht der Verfolgung gelang die Flucht nach Amerika

Frankfurt - 9. November 1938: Nach schweren Schikanen bestieg die Höchster Kaufmannsfamilie Schiff den Dampfer nach Übersee / Otto Schiff suchte Spuren seiner Kindheit -- Von Jutta Ochs

 

Im Herzen des Frankfurter Stadtteils Höchst hat die am 10. November 1938 vor den Nazis in die USA geflohene jüdische Familie Schiff ein unübersehbares Erinnerungsstück hinterlassen: Das große Kaufhausgebäude an der Königsteiner Straße, errichtet 1928 im Stil der "neuen Sachlichkeit". Hertie residierte dort seit der Nachkriegszeit und schließt nun zum Jahresende. Die Ära eines Höchster Großkaufhauses ist damit endgültig beendet, die letzte Erinnerung an die zu ihrer Zeit weithin bekannte Kaufmannsfamilie Schiff droht nun endgültig ausgelöscht zu werden. Doch genau da regt sich etwas gegen das Vergessen.

Der 1921 in Höchst geborene Enkel Otto Schiff lebt zwar in Kalifornien, hat aber Kontakt zu seiner alten Heimat aufgenommen und ist sogar Mitglied im Höchster Geschichtsverein geworden. Der Höchster Historiker Wolfgang Metternich hat sich zudem auf die Spuren der Familie Schiff begeben und seine Recherchen in der in Frankfurt verlegten "Tribüne", der "Zeitschrift zum Verständnis des Judentums" (Heft 159) in einem umfangreichen Aufsatz zu der 100 Jahre alten Höchster Familiengeschichte veröffentlicht. Denn 1901 übernahm der jüdische Kaufmann Nikolaus Schiff an der Königsteiner Straße in Höchst zwei Geschäfte, die er zu einer Textilwarenhandlung ausbaute. Bald stiegen seine 1889 geborenen Zwillingssöhne Paul und Carl mit ins Geschäft ein. Das weitete sich so aus, dass schließlich der Neubau eines großen Hauses notwendig wurde. Die Eröffnung ihres Großkaufhauses war nach Berichten von Zeitzeugen eine "Sensation" im Frankfurter Westen.

Am Eröffnungstag im Jahr 1929 war die Straße schwarz von Menschen. "Schiff" galt schnell als die Speerspitze der Moderne. Werbeideen aus den USA wurden übernommen, auf Wunsch wurde nach Hause geliefert, Ausstellungen und Modeschauen waren in dem damals noch etwas provinziellen Höchst eine kleine Sensation. Durch Kooperation mit anderen Modehäusern in Köln und sogar im fernen Berlin wurden auch neueste Trends schnell nach Höchst gemeldet. Das Kaufhaus bot der Kundschaft sogar einen "Erfrischungsraum" an. Auch um den Käufer-Nachwuchs kümmerte man sich. Für die Kinder gab es den "Onkel-Klopper-Club" - alte Höchster erinnern sich noch heute daran. Die Lehrstellen bei Schiff waren zudem heiß begehrt, weil sie eine hervorragende Ausbildung garantierten. Zum erheblichen Ansehen der Familie Schiff trug auch bei, dass sich die Ehefrauen Anni und Änne stark in sozialen Initiativen engagierten.

Die jüdische Gemeinde in Höchst war zwar nicht groß, ihre Mitglieder aber gehörten zu den gebildetsten und beruflich erfolgreichsten Bürgern der Stadt. Die Beziehungen zwischen Christen und Juden schienen gut. 1905, bei der Einweihung der neu erbauten Synagoge von Höchst, hatte der Vorsteher der jüdischen Gemeinde, Max Ettinghausen, das Haus "dem Schutz der gesamten Einwohnerschaft von Höchst" anempfohlen, so die Recherchen des Historikers Metternich. Und Bürgermeister Viktor Palleske gab das "Versprechen der gesamten Bürgerschaft treu zu ihr (der jüdischen Gemeinde) zu stehen in der Bestätigung wahrer Nächsten- und Menschenliebe". Das Versprechen wurde gebrochen. Am 9. und 10. November 1938 brannte das Haus lichterloh.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurde gerade das Kaufhaus Schiff wegen seines hohen Ansehens zur ersten Zielscheibe der SA. Anfang März '33 wurde das Gerücht gestreut, Schiff sei mit Steuerzahlungen erheblich im Rückstand. Die Familie wehrte sich mit einer Zeitungsanzeige, in der sie die Bescheinigungen des Finanzamtes veröffentlichte. Daraufhin zogen SA-Leute auf und hinderten Kunden am Betreten des Kaufhauses. Mit vielen Leidensgenossen wurden auch Paul und Carl Schiff von SA-Schergen in die Höchster Kasernen gebracht, wo den Nazis unliebsame Menschen entwürdigender Behandlung ausgesetzt waren. Die NSDAP hatte in Höchst in kürzester Zeit ein große Anhängerschaft. Bei den Märzwahlen von 1933, den letzten annähernd freien Wahlen, hatte in Höchst fast die Hälfte der Wähler den Nazis ihre Stimme gegeben. Die Familie Schiff wurde schließlich permanent bedroht. Steine flogen in die Fenster ihrer Wohnung in der Gerlachstraße, der junge Otto Schiff war auf offener Straße angespuckt worden. Die Schiffs entschlossen sich, nach Frankfurt zu ziehen - in der Hoffnung, in der Anonymität der Großstadt besser geschützt zu sein. Otto Schiff besuchte das Philanthropin, absolvierte zudem eine Maschinenschlosser-Ausbildung in der jüdischen Anlernwerkstatt in der Fischerfeldstraße.

Die Familie Schiff hatte aber nur eine kurze Atempause. Von April 1938 an begann mit der Verordnung über die Anmeldung des Vermögens der Juden die vom Staat betriebene Ausplünderung. Das Kaufhaus in Höchst musste für einen sehr geringen Betrag der Frankfurter Sparkasse von 1822 überlassen werden, die dieses später dem Kaufmann Joseph Conrady übertrug. Die fünfköpfige Familie Schiff entschloss sich nun zur Flucht nach Amerika. Horrende Summen mussten für die schikanöse "Reichsfluchtsteuer", für Gebühren und Abgaben für Pässe, Visa und Fahrkarten entrichtet werden. Schließlich waren die Papiere da.

Von dem einstigen Vermögen war aber nichts mehr geblieben. Und dann drohte die Flucht noch im letzten Moment zu scheitern. Denn zu denen, die nach dem Pogrom am 9. November 1938 verhaftet und in die Festhalle geschafft wurden, gehörte auch Paul Schiff, Ottos Vater. Den beiden couragierten Frauen der Familie gelang es aber schließlich, Paul Schiff zu befreien. Die Schiffs erreichten ihr Schiff in Bremerhaven, das sie ins sichere New York brachte. Der jüngste der Familie, Otto Schiff, fühlte sich nicht zum Kaufmann bestimmt. Ausgebildet als Ingenieur, gründete er ein Unternehmen für optische Geräte. Der heute 80-Jährige hat in den letzten Jahren mehrfach trotz aller schlimmen Erfahrungen seine alte Heimat besucht, deren Sprache und Kultur er nie vergessen habe, berichtete er seinem Höchster Gastgeber Wolfgang Metternich.

Für die Familie Schiff bedeutete der 9. und 10. November zufällig der erste Schritt in die Freiheit. Für viele andere Juden in Höchst und anderswo war das Datum der Beginn der vollständigen Rechtlosigkeit bis hin zur seelischen und schließlich körperlichen Vernichtung. Die Flucht gelang nur wenigen weiteren. Nach den Recherchen für die Ausstellung " Juden in Höchst - die vergessenen Nachbarn" im Höchster Schloss haben lediglich fünf die Lager überlebt.

Copyright © Frankfurter Rundschau 2001

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Frankfurter Rundschau Vermischtes 9.11.2001

Rettung der Synagoge ungewiss

Substanz des Weiskircher Ex-Gotteshauses ist stark geschädigt

 

RODGAU. Die ehemalige Synagoge im Rodgauer Stadtteil Weiskirchen (Kreis Offenbach) gehört zu den wenigen jüdischen Gotteshäusern in Deutschland, die in der Pogromnacht 1938 nicht zerstört worden sind. Die Stadt wollte das Haus erhalten und es für eine Ausstellung über das jüdische Leben in der einst eigenständigen Ortschaft nutzen. Doch erste Sanierungsarbeiten haben gezeigt, dass das aus dem 18. Jahrhundert stammende Gebäude so stark geschädigt ist, dass es möglicherweise abgerissen werden muss.

Mitarbeiter des städtischen Bauhofes hatten vor einigen Tagen damit begonnen, das Fachwerk freizulegen. Dabei zeigte sich, dass die Balken teils so stark angefault sind, dass ein Gerüst sie nun zusammenhalten muss. Das Bauamt der Stadt vertritt deshalb die Meinung, dass das frühere jüdische Gotteshaus nicht mehr gerettet werden kann. Doch über die Zukunft des denkmalgeschützten Gebäudes entscheidet das Landesamt für Denkmalpflege in Wiesbaden.

Vertreterinnen des Landesamtes und der Unteren Denkmalschutzbehörde des Kreises Offenbach sahen sich deshalb das Haus jetzt mit Bürgermeister Thomas Przibilla (SPD) an. Nun soll geprüft werden, ob es abgerissen werden muss oder doch ganz oder teilweise erhalten werden kann, so Helmut Simon, Sprecher der Stadt, nach der Besichtigung. Außerdem wolle die Stadt bei einem Restaurierungsunternehmen einen Kostenvoranschlag einholen.

Die Stadt hatte die ehemalige Synagoge vergangenes Jahr auf Drängen der Grünen und des Heimat- und Geschichtsvereins für 45 000 Mark gekauft und 233 000 Mark für die Sanierung bereitgestellt. Das Gebäude hatte das Dritte Reich unbeschadet überstanden, weil ein Weiskircher es noch vor der Pogromnacht vom letzten Vorsteher der jüdischen Gemeinde erworben hatte. lad

Copyright © Frankfurter Rundschau 2001

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Main-Echo Vermischtes 9.11.2001

Tagestipp: Gedenken an jüdische Mitbürger

Goldbach. Zur Erinnerung an die einstige jüdische Gemeinde von Goldbach ist heute, Freitag, um 18 Uhr am Gedenkstein in der Sachsenhausenstraße eine Feierstunde.

Vor 63 Jahren wurde am Tag nach der Reichspogromnacht die Goldbacher Synagoge eingerissen. 1986 hat der Gemeinderat den Gedenkstein aufstellen lassen.

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Ostsee Zeitung Lokales 9.11.2001

Kerzen gegen das Vergessen

Gestern Abend: Gedenkveranstaltung zur Pogromnacht

 

Kröpeliner-Tor-Vorstadt (OZ) Gestern, 18 Uhr, auf dem Jüdischen Friedhof im Lindenpark. Viele Rostocker sind gekommen. Die meisten halten eine brennende Kerze in der Hand. Der Anlass: Die Jüdische Gemeinde Rostock, die 452 Mitglieder hat, und das Max-Samuel-Haus haben eine Gedenkveranstaltung organisiert. Sie erinnert an die Geschehnisse in der so genannten Reichskristallnacht.

„Es geht um das Nichtvergessen des 9. November vor 63 Jahren", sagt Horst Eberlein, Pfarrer der Christuskirche und der katholischen Studentengemeinde.

In dieser schnelllebigen Zeit passiere es rasch, dass dieses Datum im Gedächtnis der Menschen durch das Alltägliche überdeckt werde, betont Pfarrer Eberlein.

Innehalten, gedenken, beten und sich begegnen, das seien Türen zu dem Nichtvergessen. Es gehe aber auch darum, sich mit den Namenlosen zu verbinden, um die es gehe an diesem Tag.

Die Vorsitzende des Veteranenklubs der Jüdischen Gemeinde erinnerte daran, dass die Juden in der Hitlerzeit zum Sündenbock gemacht wurden. „Dass die Menschen zur Gedenkveranstaltung gekommen sind, dies zeigt, dass das, was vor 63 Jahren passierte, hoffentlich nie wieder passiert", wertet Leonid Bogdan, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Rostock. Die katholische Gemeinde hat nach der Veranstaltung die Gedenkenden zum schlichten Abendessen eingeladen.

Heute um 10 Uhr wird mit einem Gebet an der Gedenkstele in der Augustenstraße an die im Morgengrauen des 10. November 1938 in Flammen aufgegangene Synagoge und die Opfer des Naziregimes erinnert.

W. T.

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Ostsee Zeitung Vermischtes 9.11.2001

Traum von einer Synagoge und Hoffen auf einen Rabbiner

 

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 verbreiteten die Nazis auch in M-V Angst und Schrecken. Sie demolierten jüdische Geschäfte und brannten Synagogen nieder.

Rostock / Röbel (dpa) In der Pogromnacht vor 63 Jahren brannten in Rostock, Schwerin, Stralsund, Anklam und Torgelow jüdische Gotteshäuser. Bis heute gibt es im Nordosten keine neue Synagoge. „Das ist noch ein Traum", sagt Valeriy Bunimov, Vorsitzender des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden in M-V. „Die Synagoge ist der Mittelpunkt des religiösen Lebens einer Gemeinde." Diese wuchs in den vergangenen Jahren im Nordosten auf rund 1200 Mitglieder an und ist damit heute stärker als vor 1933.

Die meisten Juden leben in Rostock, Schwerin und Wismar und kommen aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Neben der fehlenden Synagoge hat die Gemeinde ein weiteres Problem: „Mecklenburg-Vorpommern ist in Ostdeutschland der einzige Landesverband, der keinen Rabbiner hat", bedauert der Ukrainer Bunimov. Bislang reichte das Geld nicht.

Die Gemeinden Rostock und Schwerin sind für die Juden zentrale Anlaufstellen. Sie geben Rat bei Behördengängen und dienen als Treffpunkt zum kulturellen Austausch. Im ganzen Land sind Initiativen zur Wiederbelebung des jüdischen Lebens entstanden.

So wird in Krakow am See die 1866 erbaute Synagoge seit 1995 für Ausstellungen genutzt.

In der früheren Synagoge in der Röbeler Altstadt hallen derzeit laut die Hammerschläge der Zimmerleute.

„Der erste Abschnitt der Sanierung hat begonnen", sagt Robert Kreibig. Der Berliner kümmert sich mit dem Verein „Land & Leute" um den Fachwerkbau. Die Synagoge wurde zu DDR-Zeiten als Unterstellplatz für Lastwagen und Omnibusse genutzt. Bis zum Jahr 2003 soll das 1831 erbaute Gotteshaus mit Nebengebäuden für 3,2 Millionen Mark zu einer Kultur- und Begegnungsstätte für Jugendliche umgebaut werden.

„In Hagenow gibt es ähnliche Pläne", berichtet Kreibig. In Stavenhagen, wo die Fachwerk-Synagoge halb eingefallen ist, hoffen ebenfalls Engagierte auf eine Rettung.

In Rostock ist seit zehn Jahren das „Max-Samuel-Haus", eine Begegnungsstätte für jüdische Geschichte und Kultur, aktiv. Auch hier gibt es ehrgeizige Pläne für den Neubau einer Synagoge. Dazu hat sich der Verein „Bau der Synagoge Rostock Arnold Bernhard" gegründet. „Der erste Schritt ist getan", sagt Bunimov, auch wenn er weiß, dass es bis zur Erfüllung des Traums ein langer Weg ist.

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Kölner Stadt-Anzeiger Lokales 8.11.2001

Erinnerung an die Pogromnacht

 

Köln - Zur Erinnerung an die Pogromnacht von 1938 finden am heutigen 9. November Veranstaltungen statt. Die Geschichte seines Überlebens erzählt Shlomo Wolkowicz um 12 Uhr in der Offenen Friedenskirche Mülheim (Wallstraße 70) und am Sonntag, 11. November, 15 Uhr, an der Gedenkstätte Löwenbrunnen (Erich-Klibansky-Platz / Helenenstraße). Heute um 11 Uhr laden die Synagogen-Gemeinden Köln und die Kölnische Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit zu einer Gedenkfeier in die Synagoge, Roonstraße 50, ein. Ansprachen halten Alexander Alter, Vorstandsmitglied der Synagogen-Gemeinde, Oberbürgermeister Fritz Schramma und Dr. Jürgen Wilhelm, Vorsitzender der Christlich-Jüdischen Gesellschaft.

Mädchen vom interkulturellen Mädchentreff hängen im Rahmen der Aktion „Brücken der Freundschaft" ihr Transparent um 15.30 Uhr an der Fußgängerbrücke auf, die über den Vingster Ring führt.

In den Schaufenstern von drei Geschäften in der Ehrenstraße / Albertusstraße erinnert am Freitag der Schriftzug „Deutsche, kauft nicht bei Menschen" an die Absurdität der Judenverfolgung im Dritten Reich.

„Das Leben ist schön" - Roberto Benignis oscargekrönter Film - wird mit anschließender Gedenkfeier um 19 Uhr im Gemeindesaal Raderthal, Albert-Schweitzer-Straße 3-5, gezeigt. Der Eintritt ist frei. Lieder im Gedenken an die Reichspogromnacht werden ab 19 Uhr in der Evangelischen Johanneskirche in Klettenberg (Nonnenwerthstraße 78) gesungen. (son)

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Westfälische Rundschau Lokales 9.11.2001

Auch heimische SA-Leute stürmten in Pogromnacht mit

 

Heute wird der schrecklichen Geschehnisse am 9. November 1938 gedacht. Mit der Pogromnacht zum 10. November und dem Nazi-Terror hat sich der Historiker Dietmar Scholz befasst. Sein Fazit: Örtliche SA-Leute waren beteiligt.

Eine immer noch verläufige Bilanz der antijüdischen Hetze und Verfolgung vom 10. November vor 63 Jahren:

Synagoge geplündert und ausgebrannt; mindestens acht Geschäfte und Wohnungen verwüstet und geplündert (teilweise versuchte Brandstiftung); zwei Misshandlungen von jüdischen Personen (Behandlung im Rochus-Hospital); neun Verhaftungen von jüdischen Männern (acht Einweisungen ins KZ Sachsenhausen); ein Toter bei der Überführung ins KZ Sachsenhausen.

Bei seinen Forschungen stellte Scholz fest, dass die oft wiederholte, so bequeme Behauptung, Übergriffe seien nur von auswärtigen SA-Schlägern (aus Sodingen und Holthausen) verübt worden, nicht haltbar ist. Einheimische SA-Leute hätten sich zumindest bei der Einweisung und Lenkung beteiligt, Benzin für das Abbrennen der Synagoge besorgt. Ein Ickerner, der zwei Tage später auf einer Zeche tödlich verunglückt sein soll, sei an der Brandstiftung des jüdischen Gotteshauses beteiligt gewesen. Aus Castrop, so Scholz, stammte ein Mann, der bei der Verwüstung einer Wohnung polnischer Juden im Einsatz war. Die gleichgeschaltete Presse stellte damals die Vorkommnisse als Ausbruch der "Volkswut" dar.

Versuche einer Aufhellung der Geschehnisse am 9./10. November 1938 sind gezielt erst seit 1988 erfolgt (Bericht von Eugen G. Schwarz in der WAZ über das Schicksal der Familie Nathan in Habinghorst), zehn Jahre später in einer Dortmunder Dissertation und in dem Buch über Leben und Geschichte der Juden in Castrop und Castrop-Rauxel von Dietmar Scholz. Lokale Historiker und Zeitzeugen wie Hermann Wiggermann haben nach 1945 geschwiegen oder sind - wie Karl Hartung - über äußerst allgemeine Aussagen nie hinausgegangen. Einzig Studienrat Gerhard Schinke habe den Mut gehabt, seine Erinnerungen an den Morgen nach der Pogromnacht niederzuschreiben und zu veröffentlichen: 1981- 43 Jahre danach.

Dietmar Scholz: "Das durchgängige Schweigen lässt den Schluss zu, dass niemand, aus was für Gründen auch immer, es für notwendig gehalten hat, schon aus Betroffenheit durch die Ereignisse der Pogromnacht noch vor oder sofort nach 1945 intensiv nachzufragen und Wissensbruchstücke zu sammeln und niederzuschreiben."

Da die Zahl derer, die Bruchstückhaftes zu berichten wüssten, von Jahr zu Jahr kleiner werde, würde die Chance zu einer weiteren Aufhellung der Geschehnisse logischerweise immer geringer. HPS

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Westfälische Rundschau Lokales 9.11.2001

Kleiner Junge sah toten Mann auf der Straße und davor feixende Mitbürger

 

Brackel. (DBV) Erst 9 1/2 Jahre war der Dortmunder Valentin Frank alt, als er in die blutigen Wirren der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November vor 63 Jahren geriet. Gestern schilderte er vor Schülerinnen und Schülern aller fünf 10. Klassen im vollbesetzten Pädagogischem Zentrum der Geschwister-Scholl-Gesamtschule, wie er am nächsten Morgen das Chaos erlebte.

Kranzniederlegung: Ratvertreterin Renate Weyer, im Hintergrund Valentin Frank und Schulleiter Zilonka. (Foto: Matzanke)

Valentin Frank und seine Familie lebten damals im "Katz" Bodelschwingh, eine Barackensiedlung für sozial Abgestiegene, wohin zwangsweise auch die Franks verfrachtet wurden. Hintergrund: Franks Vater war ,deutscher Jude´, aber bereits in den 20er Jahren zum kath. Glauben konvertiert. Der Lehrer musste sich trotzdem dem Berufsverbot der Nazis beugen. Die Familie lebte abgeschoben und verarmt in den Baracken.

Frank berichtete den engagiert lauschenden Schülern, wie er einen Tag vor der Pogromnacht eine Tante in der Nordstadt aufsuchte, um dort anderntags einen Arzt zu konsultieren.

Doch dazu kam es nicht mehr.

Zersplitterte Schaufensterscheiben, auf die Straße geworfene Möbel, zerstörte Wohnungen, die in Brand gesteckten Mauerreste der kurze Zeit zuvor abgetragenen Dortmunder Synagoge, und, der größte Schrecken für den damals kleinen Jungen, einen schwerverletzten und geschundenen Mann auf den Bürgersteig liegend, um den sich niemand gekümmert hatte und der dann starb. In seiner Nähe feixende Bürger, das sind einige der schrecklichen Erinnerungen für Frank nach der Nacht, die die Nazis verhöhnend "Reichskristallnacht" betitelt hatten. Frank: "Der zu Tode geschundene trug an seinem Revers das ,Eiserne Kreuz´, die höchste Auszeichnung für deutsche Soldaten des Ersten Weltkriegs.

Valentin Frank gestern zu den Schülern: "Es wird immer noch gern vergessen, dass unsere ,jüdischen Mitbürger´ in erster Linie Deutsche waren."

Die jungen Zuhörer gestern hörten aufmerksam zu und haben sicherlich Franks Aufruf zur Soldarität mit auch heute wieder Verfemten richtig verstanden. Vor der Schulveranstaltung war unter Teilnahme von Frank, aber auch Schülern, ein Kranz an der Gedenktafel am Brackeler Hellweg / Ecke Leni-Rommel-Straße nieder gelegt worden.

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Westfalenpost Lokales 9.11.2001

Gedenken an die Opfer der Nazi-Pogrome

 

Hagen. (WP) Ein Schweigemarsch bildet am Freitag, 9. September, den Auftakt für eine Gedenkveranstaltung anlässlich der Pogromnacht 1938. Der Marsch beginnt um 16.30 Uhr am Adolf-Nassau-Platz (vor C&A) und führt zur Synagoge an der Potthofstraße.

Dort findet um 17.30 Uhr die eigentliche Veranstaltung statt. Gemeinsam mit der Jüdischen Gemeinde, der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit sowie der Deutsch-Israelischen Gesellschaft hat Oberbürgermeister Horn dazu aufgerufen, an dem Schweigemarsch teilzunehmen.

Auch der Jugendring hat in diesem Jahr gemeinsam mit der Schülerschaft eine Veranstaltung zur Pogromnacht organisiert. Am 9. November startet der erste Hagener Sternlauf. Gemeinsamer Treffpunkt der Sternläufer ist der Volkspark. Dort ist für 14 Uhr eine Abschlussveranstaltung geplant.

Brücken der Freundschaft bauen auch die Hagener Falken. Der Unterbezirk Hagen beteiligt sich an einer Transparentaktion für mehr Toleranz und Zivilcourage. Los geht´s am 9. November, die Plakate bleiben einen Monat hängen.

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Thüringer Allgemeine Lokales 9.11.2001

Kritisiert: Synagoge ohne jüdische Gläubige

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Thüringer Allgemeine Lokales 9.11.2001

Tafeln hängen im Nordflügel

EISENACH (sv/kh).Die Gedenktafeln, die früher an der ehemaligen Synagoge hing, ist seit kurzem im Eingang zum Stadtarchiv (Nordflügel des Stadtschloß)

...

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

newsclick Lokales 9.11.2001

An der ehemaligen Synagoge fand gestern Abend eine Gedenkveranstaltung statt

950 Namen gegen das Vergessen - Von Hans-Christian Zehme

 

Braunschweig - Bewegendes Gedenken Donnerstag Abend an der ehemaligen jüdischen Synagoge auf der Alten Knochenhauerstraße: Hier verlasen 20 Braunschweiger die Namen jener 950 jüdischen Bürger, die im Forschungsbericht und Gedenkbuch "Brunsvicensia Judaica" von 1966 dokumentiert sind, und die während der Zeit des Nationalsozialismus bis zu ihrer Flucht, der Vertreibung oder dem Tod in Braunschweig gelebt hatten.

Stadtrat Hans-Peter Conrady betonte zu Beginn der rund zweistündigen Veranstaltung, die von Polizeibeamten auf der abgesperrten Straße gesichert wurde, es solle versucht werden, "die Opfer der Anonymität zu entreißen". Es sei wichtig, sich immer wieder mit dem Geschehen von damals auseinanderzusetzen und "die Weichen für mehr Toleranz zu stellen".

Im vergangenen Jahr hatte das städtische Kulturinstitut diese neue Form des Gedenkens an die Ereignisse des Novemberpogroms von 1938 initiiert und will nicht zuletzt junge Leute dafür interessieren. Die offizielle Kranzniederlegung der Stadt an der Gedenktafel der ehemaligen Synagoge findet Freitag Nachmittag (15 Uhr) statt.

Besonders wichtig war dem Kulturinstitut Donnerstag Abend, dass sich auch Musiker und Sportler an der Gedenkveranstaltung beteiligten; sie seien schließlich "Integrationsfiguren und Vorbilder" für Jugendliche. Und so gehörte das Duo "Rosenfels" (Sven Brandes, Michael Röhl) ebenso dazu wie die Eintracht-Fußballer Jan Schanda und Bernd Eigner oder die Lions-Footballer Lars Trömel und Wulf von Borzyskowski. Außerdem unter anderen dabei: die Leiterin der BZ-Lokalredaktion, Luitgard Heissenberg, NDR-Studioleiter Udo Röhrig, Propst Armin Kraft und Rudolf Senftleben, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender bei VW in Braunschweig.

Schülerinnen und Schüler des elften Jahrgangs der Christophorusschule hatten es im Vorfeld mit ihrer Lehrerin Rita Weiler übernommen, die Lebensläufe zweier Opfer zu recherchieren; verlesen wurden die Lebensläufe von den Schauspielern Frank Halatsch und Andreas Jäger. So sollte die Aufmerksamkeit darauf gelenkt werden, dass hinter jedem der 950 Namen ein Einzelschicksal steht. Aber auch die Schüler selbst (Martina Mengel, Johannes Neudiek, Judith Greif, Anja Höpfner, Carola Müller) beteiligten sich an der Namenslesung an diesem nasskalten Novemberabend.

Während der Veranstaltung wurde ein Lichtbild der 1875 von Konstantin Uhde geschaffenen Synagoge an die Wand des Bunkers projiziert. In der Nacht zum 10. November 1938 war die Synagoge verwüstet worden, 1940 wurde sie abgerissen.

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Wolfenbütteler Zeitung Lokales 8.11.2001

newsclick Lokales 9.11.2001

Die Verunglimpfung der jüdischen Bevölkerung

 

Historiker dokumentiert anhand von Berichten früherer Wolfenbütteler und Braunschweiger Zeitungen die Kampagne gegen Juden

WOLFENBÜTTEL. Die Verunglimpfung der jüdischen Bevölkerung in Wolfenbüttel begann schon weit vor der Reichspogromnacht am 9. November 1938, in der auch die Wolfenbütteler Synagoge in Flammen aufging. Das weist der Wolfenbütteler Historiker Jürgen Kumlehn durch Auszüge aus damaligen Tageszeitungen, der Wolfenbütteler Zeitung (WZ) und der Braunschweigischen Tageszeitung (BTZ) , nach. Die im folgenden, von der Redaktion gekürzten Beitrag, genannten Zitate stammen aus jenen Zeitungen: Der NS-Terror gegen Andersdenkende wurde forciert, nachdem Hitler Reichskanzler geworden war. Besonderes Aufsehen im Ausland erregte nach dem Reichstagsbrand die Absicht der NS-Regierung, alle Juden aus dem öffentlichen Leben zu verbannen.

Propagandaminister Goebbels hatte bereits 1928 die Richtung vorgegeben: "Gewiß ist der Jude auch ein Mensch. Noch nie hat das jemand von uns bezweifelt. Aber der Floh ist auch ein Tier - nur kein angenehmes. Da der Floh kein ange-nehmes Tier ist, haben wir vor uns und unserem Gewissen nicht die Pflicht, ihn zu hüten und zu beschützen und ihn gedeihen zu lassen, sondern ihn unschädlich zu machen! Heraus mit dem Gesindel."

Nach und nach erhielten die Juden durch schikanöse Gesetze und Verordnungen einen unterprivilegierten Status am Rand der "Volksgemeinschaft". Wolfenbütteler Juden erlebten diese feindliche Atmosphäre durch eine Vielzahl judenfeindlicher Veranstaltungen und auch durch die antisemitische Berichterstattung in Lokalzeitungen.

"Die Maßnahmen gegen jüdische und marxistische Ärzte" titelte die WZ am 8. 4. 1933. Jüdische Ärzte an Universitäten, Instituten und Kliniken wurden entlassen. Jüdische Ärzte durften nicht mehr Vertrauensärzte oder Gutachter sein. Von der Schule verwiesen In den Schulen sollten jüdische Schüler nur noch im Verhältnis zwischen jüdischer und christlicher Bevölkerung zugelassen werden: "Jüdische Schüler, die sitzen bleiben, sind von der Schule zu verweisen." Die Volkshochschule bot für das Sommersemester einen neuen Kurs an: "Rassenkunde des deutschen Volkes, mit einer Einführung in die Vererbungslehre". Unter der Überschrift "Rassenhygiene und Judentum" berichtete die WZ über hohe Geburtenzahlen der Ostjuden.

Wolfenbütteler Schulen besuchten Ende 1935 fünf als "Vierteljuden" bezeichnete Kinder und sechs Schülerinnen und Schüler, die sich "Volljuden" nennen lassen mussten. Das waren neben Kurt Berger noch Eva Moses, Grete, Hannelore und Hans Kirchheimer und Edith Mannheimer.

Auch die Namensgebung wurde bereinigt: "Führen Personen arischer Abstammung jüdische Namen, so wird Anträgen auf Änderung dieser Namen stattgegeben. Anträgen von Personen nichtarischer Abstammung, ihre Namen zu ändern, wird grundsätzlich nicht stattgegeben, weil durch eine Änderung des Namens die nichtarische Abstammung des Namenträgers verschleiert wird. Auch der Übertritt zum Christentum ist nicht geeignet, eine Namensänderung zu begründen."

Ehen gerieten in Gefahr Ehen zwischen Juden und Christen, in der Sprache der Nazis als "arisch-jüdische Mischehen" bezeichnet, gerieten in Gefahr.

Zwischen 1932 und 1934 haben 350 Juden Selbstmord begangen, eine Rate, die 50 Prozent über der der Gesamtbevölkerung lag. Die Gemeinden appellierten an ihre Mitglieder: "Die erschütternden Entwicklungen der letzten Wochen haben viele Opfer gekostet. Darum appelieren wir an Sie, Männer und Frauen der jüdischen Gemein-schaft: Bewahren Sie Mut und Kraft zu leben, erhalten Sie Ihren Glauben an Gott und an sich selber. Das Unglück, das uns befallen hat, ist Teil des universellen jüdischen Leidens."

Im Kaffeehaus fand ein Schulungsabend des Reichsbunds Deutscher Beamter statt. Ortsgruppenamtsleiter Wilke sprach zum Thema "Das Schicksal der nordischen Rasse in zwei Jahrtausenden. Er schilderte, wie die auf hoher Kulturstufe stehenden Stämme der Teutonen, Goten und Vandalen siegreich im Kampf gegen die Römer gewesen, schließlich aber ein Opfer der fremden Kultur geworden und zugrunde gegangen seien. Wertvolles germanisches Erbgut sei hier verloren gegangen."

Die NS-Hago (Nationalsozialistische Handwerks-, Handels- und Gewerbeorganisation) gab im März 1935 bekannt, dass Einzelhandelsbetriebe mit Schildern "Gemeldet beim Gesamtverband des deutschen Einzelhandels" nicht ohne weiteres "arische Geschäfte" seien.

Im Lessingtheater fand eine Aufführung des Volksschauspiels "Der Erbstrom" von Konrad Dürre statt: Kommentar der BTZ: "Alles läßt sich in der Mahnung Dr. Friesens zusammenfassen, dafür zu sorgen, dass der Erbstrom unseres Volkes nicht verschlammt und versandet."

Die BTZ zitierte den "Stürmer", in dem über die "Rassenschande" einer Wolfenbüttelerin berichtet wurde. Ausgangspunkt war die Veröffentlichung eines Aufgebots zwischen dem "Reklamemaler Cohn und der Stütze Anna W." in Wolfenbüttel: "Wieder wirft sich ein artvergessenes deutsches Weib einem Juden an den Hals. Es schließt sich damit zwangsläufig aus der deutschen Volksgemeinschaft aus." Die Zeitung veröf-fentlichte ihre Adresse und rechtfertigte die Denunziation als Pflicht, "Rassenschändung bekanntzugeben".

Mitte 1935 intensivierten die Nazis die Boykottaufrufe gegen jüdische Unternehmer. Die BTZ berichtete über Viehhändler und ihre christlichen Kunden: "Der Zahl nach verhältnismäßig schwach, hat es das Judentum seit langer Zeit verstanden, alle Flecken, Dörfer, Land- und Kreisstädte mit einem Netz von Viehjuden zu überziehen, die hier sozusagen als die Geldfunktionäre der jüdischen Rasse wirkten und es verstanden, in der Maske des Biedermannes den unheilvollen Einfluß in der deutschen Ernährungswirtschaft auszuüben. Es gibt kaum ein Dorf, kaum eine Kreisstadt, wo nicht ein Viehjude seine Gelddomäne errichtet hätte und hier gleich einem Blutegel am deutschen Boden sitzt. Diese Viehjuden gehören zu den geriebensten Vertretern ihrer Rasse, denn sie haben es verstanden, sich mit jüdischer Wendigkeit so ihrer Umgebung, dem Charakter ihrer Kundschaft anzupassen. Es ist eigentümlich, daß die Bauern und Landwirte, die doch aus ihren Reihen die vielen Vorkämpfer des Antisemitismus stellten, gerade dieses wichtige Problem noch nicht selbst gelöst haben. Dazu bedarf es keiner Gewaltanwendung, keines Gesetzes, dazu bedarf es lediglich des Grundsatzes: Ich kaufe nicht beim Juden und verkaufe ihm nicht!"

An den Pranger gestellt Ein Bauer aus Semmestedt hielt sich nicht daran. Er wurde denunziert und an den Pranger gestellt. Er habe "mit dem Juden Rosenbaum aus Schöppenstedt Viehkäufe getätigt. Jedem echten deutschen Bauern sollte es doch schon zum Bewußtsein gekommen sein, daß er doch besonders unserem Führer zu großem Danke verpflichtet ist und nicht noch Geschäfte mit fremdrassigen Händlern machen darf." Arische Deutsche beklebten sein Haus mit Zetteln: "Pfui! Dieser Volksgenosse handelt noch mit Juden." Die NS-Hago gab bekannt: "Bei denjenigen arischen Geschäftsinhabern, bei denen das Schild ,Deutscher Kaufmann" oder ,Deutscher Handwerker" an ihrem Schaufenster nicht an sichtbarer Stelle oder überhaupt nicht ausgehängt ist, liegt die Möglichkeit nahe, daß diese nicht frei von jüdischen Bindungen sind.

Geschäfte ohne diese Plakate sollten in Zukunft gemieden werden."

Gewarnt wurde vor Schildern mit falscher Aufschrift: Unzulässig sei die Verwendung der Bezeichnung "Christliches Spezialgeschäft" durch einen "getauften, nichtarischen Geschäftsinhaber, wie es gelegentlich geschehen ist".

In Gebhardshagen, einem damals noch zum Landkreis Wolfenbüttel gehörendem Dorf, fand eine "Kundgebung gegen die minderwertige Rasse der Juden statt, die immer noch nicht begreifen will, daß kein Platz mehr für sie bei uns ist." An den Ortseingängen mehrerer Dörfer und Städte, auch in Wolfenbüttel, wurden Schilder mit der Aufschrift "Juden sind ungebetene Gäste" aufgestellt.

In der Zeitung wurde die Forderung propagiert: "Der jüdische Arzt für die Juden!"

Diese Forderung bewahre Deutsche vor Schaden. Man könne seine Gesundheit nicht einem Arzt anvertrauen, "der nicht ihres Blutes und darum bar jeden völkischen Willens ist".

Für Apelnstedt forderte die BTZ die dringliche Aufstellung eines Stürmer-Kastens, weil der Bauer Hugo A. wieder einmal mit dem jüdischen Viehhändler Pohly aus Wolfenbüttel gehandelt habe. A. sei ein Mann "ohne nationales Ehrgefühl, der mit art- und rassefremden Volksschädlingen Geschäfte betreibe". Für einen anderen Bauern aus dem Dorf forderte die Zeitung die Errichtung eines Prangers: Der Bauer und Stahlhelmführer P. habe in der letzten Zeit häufig mit den "jüdischen Viehhändlern Gebr. Schloß gehandelt".

Die NSDAP kündigt nach den Sommerferien eine Reihe von Großkundgebungen an, "um allen Volks- und Rassefeinden die Maske vom Gesicht zu reißen." Die Lokalzeitungen berichteten über eine Veranstaltung auf dem Wolfenbütteler Schlossplatz, an der Tausende von Einwohnern teilgenommen haben.

Parteiredner Madel aus Hannover warnte noch vorhandene NS-Gegner davor, Wühlarbeit zu betreiben: "Wenn sich heute Juden hinstellen und tun, als wäre überhaupt nichts gewesen, so sage er ihnen: Benehmt euch in Deutschland als Gäste, denn Bürger des deutschen Volkes könnt ihr nicht sein! Und man werde auch diejenigen fassen, die mit den Juden Hand in Hand gehen. Wir haben die absolute Macht im Staate und werden sie auch ausüben." Kreisleiter Dröge kündigte an, "Nichtstuer und Drohnen würden ausgemerzt". Er gab drei "schwerwiegende Punkte" bekannt, die den Umgang mit Juden regeln sollen: "Jeder Nationalsozialist, der beim Juden kauft, ist für die Partei nicht mehr tragbar und wird rücksichtslos entfernt. Wer beim Juden kauft, wird im Falle einer eintretenden Bedürftigkeit von den Leistungen und Unterstützungen der NS-Volkswohlfahrt ausgeschlossen. Alle Kaufleute und Geschäftsinhaber Wolfenbüttels, die beim Juden kaufen, erhalten keinerlei öffentliche Arbeiten."

"Unerwünschte Juden" Die BTZ veröffentlichte die Namen von 76 Wolfenbütteler arischen Geschäften und 25 Gaststätten und Restaurants, die erklärten: "Bei uns sind Juden unerwünscht!"

Auch die noch bei Juden arbeitenden Menschen gerieten ins Visier der NSDAP.

Es erschien ein Artikel, in dem sich ein Bremer Autor über die deutschen Judennamen lustig machte. Nach Aufzählung vieler für Juden charakteristischer Namen nannte er die eher entehrenden Beispiele: "Temperaturwechsel, Kuhschwanz, Achselgeruch, Schwefelduft oder Gardinengeruch."

Einen großen Schwedenfilm - "Petterson und Bendel" - mit antisemitischem Inhalt kündigte die BTZ an. Die WZ kommentiert den Film neben einem Foto vom Besuch Hitlers in Braunschweig: "Der Jude wird gezeigt, wie er ist und wie ihn alle nordischen Völker kennen und empfinden. Die Weltliteratur kennt eine Menge ähnlicher Darstellungen des Juden: Shylock, Fagan, Veitel, Itzig usw. und man wird vom national-sozialistischen Staat kaum erwarten können, daß er nordische Kunst zugunsten jüdischer Belange boykottiert."

Gauleiter Jordan und Staatsminister Alpers sprachen auf einer Kundgebung in Antoinettenruh: "Wer ist eigentlich unser Gegner?" Die Antwort: "In erster Linie der Jude."

Die angeführten Zitate sind nur einige wenige Beispiele für die damalige öffentliche Verunglimpfung der jüdischen Bevölkerung. Weitere Auskunft zum Thema erteilt der Autor unter Telefon 0 53 31/97 74 87.

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Neue Ruhr Zeitung Lokales 9.11.2001

Synagogenplatz wird umgestaltet

Auf das Kunstwerk von Bildhauer Zins wird verzichtet - Arbeiten sollen im Dezember beginnen.

 

KLEVE. Die Anregung kam vor zwei Jahren von einer Klever Realschulklasse: Umgestaltung des Synagogenplatzes. Seitdem wurde an Plänen gearbeitet –

Mittel im Haushalt bereitgestellt. Im September legte Kämmerer Heinz Verfondern dann die Pläne auf Eis. Begründung: 220 000 Mark seien im Haushalt eingeplant, die Kosten würden vermutlich aber bei 400 000 Mark liegen. Außerdem sei nicht klar, wer das rund 120 000 Mark teure Kunstwerk des Klever Bildhauers Zins bezahlen solle. Und auf eben dieses soll jetzt verzichtet werden. Das entschied der Rat in seiner letzten Sitzung.

Mit der Gestaltung des Synagogenplatzes - den Klever Schüler, die sich dort heute erstmals zum Gedenken an die Pogromnacht versammeln, erneut angemahnt hatten - soll bereits Anfang Dezember begonnen werden, sagte Dirk Posdena, Leiter des Stadtplanungsamtes. Im ersten Schritt werde das Amt für Bodendenkmalpflege die Fundamente der Synagoge, die dort stand, freilegen und sie kartieren. Damit soll voraussichtlich am 3. Dezember begonnen werden. Nach der Kartierung sollen die Fundamente wieder zugeschüttet werden.

Geplant sei eine grau-schwarz gehaltene Gestaltung, in die auch der Vorplatz, auf dem zurzeit wild geparkt werde, einbezogen werden soll. Ein oder zwei Stelen sollen als Kunstwerke auf dem Platz aufgestellt werden. Die Plakette, die an die Synagoge erinnert und zurzeit am Treppenaufgang angebracht ist, soll integriert werden. Auf dem Boden des Platzes soll ein Davidstern als Mahnung verlegt werden.

Eine Neubepflanzung ist ebenso vorgesehen, wie Poller als Abgrenzung. Der Platz soll mit einer Mauer eingefaßt werden, die so angelegt wird, dass sei als Sitzgelegenheit genutzt werden. Die Gesamtkosten werden bei rund 250 000 Mark liegen, so Posdena. (ga)

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Berliner Morgenpost Lokales 9.11.2001

Vergessener Ort

Gedenktafel und Ausstellung erinnern an einstige jüdische Schule in Prenzlauer Berg

Von Jola Merten

 

Berlin - Prenzlauer Berg - Rykestraße 53. Ein roter Backsteinbau mit einer zweibogigen Einfahrt. Davor patrouilliert ein Polizist. Denn im Hinterhof befindet sich die Synagoge Rykestraße. Doch auch das Vorderhaus kündet von untergegangener, bislang vergessener jüdischer Geschichte. Denn hier hatten einst die jüdische Religionsschule und die III. jüdische Volksschule ihr Domizil. Daran erinnert nun eine Gedenktafel. Sie wurde gestern, am Vorabend des 63. Jahrestags der Pogromnacht von 1938, im Beisein ehemaliger Schüler von Bezirksbürgermeister Alex Lubawinski und dem Vorsitzenden der Berliner Jüdischen Gemeinde, Alexander Brenner, enthüllt.

Zugleich eröffnete das Museum Prenzlauer Berg in der nahe gelegenen Prenzlauer Allee 227 eine Dauerausstellung, die den Weg beider Schulen nachzeichnet, über Lehrinhalte informiert, Lehrerpersönlichkeiten porträtiert und die Veränderungen nach 1933 beschreibt, bis hin zur von den Nazis erzwungenen Schließung im Jahr 1941.

Am 4. September 1904 wurde die vom Gemeindebaumeister Johann Hoeniger entworfene Synagoge mit 2000 Plätzen feierlich eröffnet, und ins Vorderhaus zog die bereits 1902 gegründete VI. Religionsschule der Jüdischen Gemeinde ein. Sie wurde zu einer der meist besuchten Berliner Religionsschulen, denn hier, im Nordosten der Stadt, hatten sich viele Juden niedergelassen, die vor Pogromen aus Osteuropa geflohen waren. «Sie scheint 1937 aufgelöst worden zu sein», sagt Birgit Kirchhöfer, die die Ausstellung konzipierte. Im April 1922 eröffnete auch der zionistisch orientierte Jüdische Schulverein in diesem Haus seine private Grundschule, die ab 1929 von der Jüdischen Gemeinde als ihre III. Volksschule finanziert wurde.

«In ihr wurden Mädchen und Jungen gemeinsam unterrichtet, damals noch ungewöhnlich, ebenso der fächerübergreifende Unterricht», sagt Birgit Kirchhöfer, die viele ehemalige Schüler interviewte. Auch der Sport wurde großgeschrieben. Vor allem nach der Machtergreifung der Nazis und der zunehmenden Diskriminierung der Juden diente er der Stärkung des Selbstbewusstseins der Kinder. Die berühmteste Sportlehrerin, die hier bis zur Auflösung der Schule unterrichtete, war die einstige Leichtathletin und Weltrekordlerin Lilli Henoch, die in Auschwitz umkam. Nach 1933 setzte sich der Verein dafür ein, seine Schüler für die Auswanderung nach Palästina vorzubereiten. Einer von ihnen war Martin Sand. «Ich erlernte das Schreinerhandwerk. Im März 1939 fuhren wir mit einem Schiff illegal nach Palästina», erzählt der 83-Jährige, der 1957 zurück nach Deutschland kam und in Tempelhof lebt. Im August 1941 mussten die verbliebenen 300 Schüler und neun Lehrer das Schulhaus für die Wehrmacht räumen. Im Juni 1942 wurden alle jüdischen Schulen aufgelöst.

Viele der Schüler und Lehrer wurden in den Folgemonaten deportiert und umgebracht. Um ihr Schicksal der Vergessenheit zu entreißen, hatten Martin Sand und andere überlebende Schüler die Gedenktafel angeregt. Heute ist in dem Gebäude das jüdische Lehrhaus der Lauder-Fondation beheimatet.

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Saarbrücker Zeitung Lokales 8.11.2001

Abend des Wortes und der Stille

Bewegende Gedenkveranstaltung im Vereinshaus Fraulautern: Erinnerung an die Pogromnacht von 1938

 

Fraulautern (gal). In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurden in ganz Deutschland jüdische Geschäfte und Synagogen zerstört und geplündert. Mit diesen Pogromen begannen die direkten Aktionen zur Vernichtung der jüdischen Bevölkerung. Hans-Joachim Fontaine, Oberbürgermeister der Stadt Saarlouis, und die Synodalbeauftragte des Evangelischen Kirchenkreises Völklingen in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Saarlouis zu einem Abend der Erinnerung an diese Nacht in Vereinshaus Fraulautern ein. Es ging um Verinnerlichung, Innehalten und Haltung. Es war ein Abend des Wortes. Ohne Debatte. Ohne Applaus. 30 Besucher erlebten ihn.

Hildegard König sprach die Anschläge in Amerika an, erinnerte an die vielen Terroranschläge von denen Israel "seit vielen Jahren heimgesucht wird", an die zweite Intifada in Nahost, die sich zu einem Guerillakrieg entwickele. Sie erwähnte auch den Brandanschlag auf die Düsseldorfer Synagoge, der Bundeskanzler Gerhard Schröder zum Wort vom "Aufstand der Anständigen" veranlasst habe. "Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit nehmen zu", stellte König fest. Und sie erinnerte an Ignaz Bubis, der die Gesetze gegen Rechtsradikalismus auch angewendet sehen wollte. Und an die Schmähung gegenüber Michel Friedmann als "Zigeunerjuden". "Das ist nicht mehr das Land der Shoah, sondern das Land der Hoffnung", sagte König darauf verweisend, wie beispiellos die jüdischen Gemeinden bei uns mit den aus Russland ausreisenden Juden umgehe. Israel sei ein moderner Staat, ein Land in dem Menschen aus 102 Herkunftsländern lebten, die 87 Sprachen sprächen, eine Demokratie, in der auch Kritik erlaubt sei. König fügte jedoch an, dass oft hinter der Kritik "nichts anderes als purer Antisemitismus" stehe. "Die Not der Palästinenser ist offenbar", befand sie. Ein palästinensischer Staat sei zu befürworten, aber er dürfe nicht zu einer "Gefahr für das israelische Volk" werden.

Hildegard König warf Fragen auf: Ob den Worten auch Taten folgten, ob es zum "Aufstand der Anständigen" komme, ob "der Schrecken in den USA" die Solidarität mit Israel stärken werde oder ob es "Schuldzuweisungen nach alter Manier" gebe.

Es war ganz still und dunkel im Vereinshaus. Nur am Pult brannte Licht. Vera Hewener, Schriftstellerin aus Püttlingen, las Gedichte und Prosatexte. Religiöse Themen verband Hewener mit aktuellen politischen oder allgemein menschlichen Fragen. "Wo bleibt die Seele?", fragte sie, formulierte "himmlische Gesänge auf dem Weg nach Hause", sprach vom "verborgenen Du" und der "Hinwendung zum Du". Da tauchten Versatzstücke und Begriffe aus dem Alten Testament auf. Hewener stellte aktuelle Verbindungen her, oft im Versmaß, aber nie gereimt, in einer Sprache die der des Psalmisten nicht unähnlich ist. Und sie machte den Holocaust zum Thema, etwa in einer Erzählung um die Erfindung des todbringenden Gases "Zyklon B", in Gedichten über den alten jüdischen Friedhof in Saarbrücken, den Anschlag auf die Wehrmachtausstellung in Saarbrücken und auf die Synagoge in Erfurt. Im Gedicht "KZ Neue Bremm" hieß es: "Sie tragen die Knochen zu Grabe." Mit kühler Stimme wiederholte Hewener immer wieder: "Todesland Deutschland."

Dieter Rupp, aus dem Saarland stammender Schauspieler und Liedermacher aus München, sang und rezitierte. "Ich mochte nicht, dass die Kinder hinter mir herlaufen und Jude rufen", trug er aus "Eine Jugend in Deutschland vor", einem 1933 entstandenen autobiografischen Bericht von Ernst Toller, der sich 1939 umbrachte. Rupp erwies sich zudem als guter Gitarrist, Pianist und Sänger. Er sang laut, eindringlich, konzentriert Lieder in jiddischer Sprache - so deutlich, dass die Zuhörer vieles verstanden. Da hörte man auch Hoffnung heraus, auf eine Art, wie sie vielleicht nur jiddisch ausgedrückt werden kann: "Und alles wird lewe und bliehen und bleiwen..."

 

++++++++++++++++++++++ ENDE ++++++++++++++++++++++