Jewish History - Jüdische Geschichte
In Albanien sind die Juden seit 1175 nachweisbar. 1492 siedelten sich hier – nach ihrer Vertreibung aus Spanien – sephardische Familien an, später folgten ihnen Juden aus Süditalien. Die Juden bewohnten vorwiegend die Küstenebenen um Durazzo (Durres), Valona (Vlore), Elbasan und Berat. Der berüchtigte Pseudo-Messias Sabbatai Zwi verbrachte die letzten Jahre seines Lebens in Albanien, er starb 1676 in Berat.
Vor dem Zweiten Weltkrieg – bis 1914 – lebten rund 13.000 Juden in Albanien und es existierten einige jüdische Gemeinden, neben Valona und Tirana, auch in Skutari (Shkoder), eine kleine in Koritza (Korce). 1938 flohen deutsche Juden nach Albanien, das sich bis 1943 unter italienischer Kontrolle befand. Im April 1944 wurden 400 Juden nach Priština (Serbien) deportiert, von dort aus weiter nach Bergen-Belsen; die Hälfte der albanischen Juden kamen um.
Später zählte die jüdische Gemeinschaft in Albanien nur noch etwa 1.000 Juden (Jan. 1991). Da in Albanien bis 1990 jegliche Religion offiziell verboten war, existierte daher auch keine organisierte jüdische Gemeinde. Die wenigen albanischen Juden lebten in Tirana und Valona. In Januar 1991 begann erstmals eine größere Ausreisewelle.
Bisher bestand keine offizielle diplomatische Beziehungen zu Israel. Zum 50. Jahrestag des Kriegsendes (1995) hat Israel den albanischen Staat gewürdigt, da während der deutschen Besatzung kein einziger Jude in die Hände der Faschisten fiel. Mitglieder von vier Familien, die Juden versteckt und so vor Verfolgung und Tod gerettet hatten, erhielten von Israel die Auszeichnung: »Gerechte unter den Nationen«.
Chaim Frank
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Presse-Informationen (Auswahl):
»Erster Albaner in Israel geehrt
Der erste Gerechte aus Albanien wurde von Yad Vashem in Jerusalem geehrt. Refik Vesli, 64, der als junger Mann seinen verstorbenen Eltern Vesel und Fatima half, aus Jugoslawien geflüchtete Juden zu verstecken. ist der vierte Moslem, der diese Auszeichnung erhält.
Vesli und seine Frau Drita kamen als Gäste des Geschäftsmannes Gavra Mandil aus Ramat ha-Scharon nach Israel. Mandil war vier Jahre alt, als die Veslis seine Familie versteckten und hat mit seinen albanischen Rettern seit seiner Alia im Jahre 1948 den Kontakt gepflegt.
Vor zwei Jahren schrieb Mandil an den albanischen Staatspräsidenten und lud Vesli nach Israel ein.
Gavra Mandils Vater, der ein Photographie-Studio in Belgrad halte, flüchtete vor den Nazis 1941 in den – von Italienern besetzten – südlichen Teil Jugoslawiens. Nach einem Jahr Internierung drückten die Wächter ein Auge zu und Mandil konnte mit seiner Familie und noch 120 jugoslawischen Juden nach Albanien, das auch von Italienern besetzt war, flüchten. Dort zerstreuten sich die Juden unter der gastfreundlichen Bevölkerung und lebten in relativer Sicherheit bis zum September 1943, als die Nazis die Macht übernahmen.
Vesli senior hatte die Familien Mandil und Ben-Yosef in seinem Haus im Berg-Dorf Kruja bis zu Kriegsende versteckt. Nach dem Krieg kam der junge Refik Vesli nach Belgrad, wo er im Mandil-Studio photographieren lernte, bevor er nach Albanien zurückkehrte.
Alle Juden, die während des Krieges in Albanien versteckt waren überlebten und diejenigen die noch heute in Israel leben, waren voll des Lobes über die Gastfreundschaft und Selbstaufopferung der Albaner. Nachdem Refik Vesli die Medaille erhielt. sagte er: "Ich bin stolz darauf, daß mein kleines, armes Land fähig war Juden zu retten". Er brach in Tränen aus, als eine Frau unter den Zuhörern begann, ein albanisches Lied zu singen. Die meisten der Überlebenden sprachen mit Vesli serbisch, weil sie das wenige Albanisch, das sie als junge Menschen gelernt, bereits vergessen hatten.«
(Die Gemeinde, Wien, 7.9.1990)
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»IOANNINA (ag.) Am Sonntag kam es zu einer Massenflucht albanischer Staatsbürger nach Griechenland. Die Massenflucht erfolgt nur wenige Tage nach Tirana’s Ankündigung von "freien Wahlen" und Reformen. Tirana hat indes albanischen Juden erstmals seit 25 Jahren die Erlaubnis zur Gruppenausreise erteilt. Die israelische "Jewish Agency" hat bereits eine sogenannte Operation "fliegender Teppich" organisiert.«
(Presse, Wien, 31.12.1990)
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»In Israel sind am Montag die ersten vier jüdischen Familien aus Albanien eingetroffen. Radio Israel meldete, Dutzende weitere Familien aus Albanien würden in den kommenden Wochen noch erwartet. Die Auswanderung werde durch italienische Vermittlung möglich. Die israelische Regierung selbst gab keine Stellungnahme ab.«
(SZ; FAZ 2.1.1991)
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»Am Vorabend des Holocaust-Gedenktages wurde in Israel erstmals bekannt gegeben, dass während der letzten drei Monate die gesamte jüdische Gemeinde Albaniens – etwa 350 Menschen – in einer Geheimaktion nach Israel gebracht worden sei. Laut nun bekannt gewordenen Einzelheiten sollen die albanischen Juden durch die "Jewish Agency" mit Hilfe der Regierungen Griechenlands und Italiens nach Israel ausgeflogen worden sein. Den albanischen Juden war es in ihrer alten Heimat wie allen anderen Bürgern verboten gewesen, ihre Religion auszuüben, doch seien sie nicht besonders schwerer Diskriminierung ausgesetzt gewesen.«
(NZZ 12.4.1991)
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»Die Heimkehr der albanischen Juden nach Israel
Die Einwanderer aus Osteuropa als Lebensversicherung für den Staat
von Jörg Bremer
JERUSALEM, 7. mai. Jetzt sind sie daheim, und die Zeitungen können unbeschwert über die neue "Alija" aus Albanien berichten. Gut dreihundert Juden brachten seit Dezember den "Aufstieg" nach Israel hinter sich und kehrten – so wie es das jüdische Sprach- und Geschichtsempfinden versteht – nach Jahrhunderten der erniedrigenden Diaspora in die Nähe des Tempelbergs und in Abrahams Schoß zurück. Das Schicksal als unterdrückte Minderheit ist überwunden, die jüdischen Albaner werden jetzt in der jüdischen Mehrheit in Staate Israel aufgehen. Als das Fernsehen erste Bilder von der Ankunft der Juden aus Tirana und Valona ausstrahlten, reagierte die Einwanderungs-Organisation Jewish Agency noch zurückhaltend. Man solle lieber schweigen, womöglich könnten die albanischen Behörden bei allzu viel Publizität das letzte Flugzeug aufhalten. Doch die früher kommunistischen Staaten suchen nach besseren Beziehungen zu Israel, sie wollen ihr einst vertretenes Dogma Zionismus und Rassismus seien dasselbe, vergessen machen. Zwischen Albanien und Israel gibt es gleichwohl noch keine diplomatischen Beziehungen, und der bis vor kurzem noch stalinistisch regierte Mittelmeerstaat hatte auch den Juden seit 1967 jede Religionsausübung untersagt. Doch sofort nach dem Regierungswechsel im letzten Herbst streckte die israelische Regierung über internationalen Organisationen als Geldgeber ihre Fühler aus und organisierte den Exodus mit Hilfe Italiens und Griechenlands. Über Rom und Athen gelangten die albanischen Juden nach, Israel und löschten damit das Leben der kleinen jüdischen Gemeinde Albaniens aus.
"Wir konnten wenig mitbringen, wohl aber alle Hoffnungen auf ein neues Leben", sagt eine junge Frau in die Kamera und strahlt. Sie wisse nicht viel über Israel, fügt sie hinzu, aber sie sei nun zu Hause und geborgen. So sprechen die meisten Einwanderer am Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv‚ zumal wenn die Fernsehkameras laufen und ein offizielles Empfangskomitee mit einer Begrüßungsblume und vielen guten Worten aufwartet. In der ansonsten nüchternen Empfangshalle, wo auf der einen Wandseite eine Bank auf ihre einträglichen Geschäfte aufmerksam macht und auf der anderen das Amt für Tourismus mit dem Hinweis auf sonnig-heitere Tage Israel anpreist, trägt dann das Fließband die angekratzten und mit Riemen mühsam verschnürten Koffer aus. Die einzige Habe der Einwanderer. Dann verteilt ein verstaubter Bus die Neuzuwanderer in der Provinz. Die einen finden sich im "Absorptionszentrum" vom wüstennahen Beer Seheva wieder, die anderen in Aschdod am Meer. Schon am nächsten Morgen geht dort das Leben in den Amtsstuben weiter, nur dass nur nicht einmal mehr das vertraute Albanisch gesprochen wird, sondern fremdes Ivrit.
Sollten vor allem die Juden aus der Sowjetunion in gleich hoher Zahl wie vor dem Golf-Krieg nach Israel kommen, wäre in ein paar Jahren die Hälfte aller Juden in Abrahams Schoß zurückgekehrt. Ein Großteil der anderen Hälfte lebt in den Vereinigten Staaten. Doch danach sieht es zur Zeit nicht aus. Die kleine Gruppe der albanischen Juden läßt sich womöglich rasch absorbieren, doch die jährlich erwarteten 300.000 sowjetischen Juden würden nicht nur den Wohnungsmarkt überfordern, mittlerweile werden auch die Arbeitsplätze rar. Im vergangenen März stieg die Arbeitslosenrate um 35 Prozentpunkte. Bei Jahresschluss könnten zehn Prozent der Israelis arbeitslos sein. Daß vor allem die Neueinwanderer davon betroffen sind, belegen die Anträge auf Arbeitslosenunterstützung in Städten wie Nazareth oder Tiberias, wo besonders viele ehemalige Sowjetbürger angesiedelt wurden.
Nur etwa ein Prozent der Immigranten gelangt in die besetzten Gebiete, wo es noch weniger Arbeitsplätze gibt. Er werde eher auf amerikanische Hilfsgelder verzichten, als die Besiedlung der Territorien zu vernachlässigen, sagte der israelische Bauminister Scharon amerikanischen Juden, die ihn bedrängten, den Friedensprozess nicht durch neue Siedlungen, etwa in Hebron oder in Bethlehem, zu stören. Wenn er die 50.000 Dollar pro Wohneinheit nicht mehr aufbringen könne, sagte er im Blick auf die womöglich gekürzten amerikanischen Mittel, werde er auf Zelte für nur 2.000 Dollar zurückgreifen.
Die Nachricht vom Mangel an Arbeitsplätzen hat sich schon in der Sowjetunion verbreitet, und die Zahl der russischen Immigranten, die gerade erst der Golfkrieg niederdrückte, will nicht mehr auf die erwartete Höhe ansteigen. Israel sieht in seinen Einwanderern eine Art Lebensversicherung für den jüdischen Staat. Je mehr von ihnen kommen, desto geringer sei die Gefahr, daß die jüdische Minderheit in der arabischen Umwelt eines Tages dasselbe Schicksal erleiden werde wie die Kurden im muslimischen Irak, heißt es.«
(Frankf. AZ Mittwoch, 8. Mai 1991, Nr. 106; Seite 5)